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Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Titel: Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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verärgert.
    Osman schaute nach oben. »Alfred, was ist
dort über dem Tor?«
    »Aber natürlich, das sollte gehen«,
strahlte der Leutnant. »Das ist ein Verbindungsgang von den königlichen
Gemächern zur Kapelle. So können die hochwohlgeborenen Herrschaften St. Ulrichs
erstes Geschoss betreten, ohne nach draußen zu gehen.«
    »Und was sollen wir im ersten Geschoss,
wenn der Vogt unten ist?«
    »In der Decke ist ein großes Loch. Der
König und sein engstes Gefolge haben von dort oben die Messen verfolgt mit dem
gebührenden Abstand zum gemeinen Volk darunter.«
    »Ausgezeichnet! Dann müssen wir nur noch
sehen, wie wir nach oben zum Fenster kommen.«
    Osmans Blick folgte Roberts ausgestreckter
Hand. Das Fenster, auf das er wies, lag gute zehn Fuß in der Höhe.
    »Ganz einfach, du hebt uns nach oben!«
    »Und wie soll ich hochkommen? Hast du etwa
ein Seil dabei?«
    »Du bleibst unten. Wenn dich der Vogt zu
sehen bekommt, verschreckst du ihn nur!«
    »Und wenn ihr handfeste Unterstützung
braucht?«
    »Wenn du einen Tumult hörst, kannst du
immer noch von unten dazustoßen. Nun gib endlich Ruhe, anders wird nichts
draus!«, beendete Osman die leidige Diskussion und hob einen Stein auf, um den
er ein Tuch wickelte. »Fang mit mir an, ich werde zusehen, dass ich das Fenster
kleinkriege!«
    Das Knacken des brechenden Bleiglases ging
Osman durch Mark und Bein, in diesem Moment klang es ihm so laut in den Ohren
wie die Glocken des Doms. Ängstlich schaute er nach unten zum Torbogen, als
erwarte er jeden Augenblick Heerscharen von Stadtwächtern daraus hervorstürmen,
doch nichts geschah.
    Gelobt sei Allah!
    »Schlaf nicht ein, da oben!«, zischte
Robert von unten. Allmählich brannte ihm selbst das Gewicht des spindeldürren
Osman in den Armen, immerhin hob er ihn kopfüber mit seinen ausgestreckten
Armen nach oben.
    »Ja, schon recht!«, flüsterte Osman mehr zu
sich selbst und zog eine Scherbe nach der anderen aus dem Rahmen, bis das Loch
groß genug war, um hindurchzuschlüpfen. Lautlos wie eine Katze landete er im
Verbindungsgang. Er war leer, niemand weit und breit. Zuerst räumte Osman die
Scherben beiseite, dann winkte er Alfred zu, ihm zu folgen. Robert schüttelte
kurz seine Arme aus, dann half er, dem Leutnant auf seine Schulter zu klettern.
Dort schließlich ließ er Alfred auf seine Hände steigen und drückte ihn die
weiteren zwei Fuß nach oben, die nötig waren, um das Fenstersims zu erreichen.
Da das Fenster bereits offen war und Osman zudem von oben beim Einstieg half,
war Robert diesmal bedeutend schneller erlöst.
    Wieder schüttelte er seine Arme aus,
allmählich ging ihm die Hilfestellung gehörig in die Knochen. Und nun wartete
auch noch der schwerste Brocken auf ihn. Denn obwohl Adara unübersehbar eine
Frau war, rank und schlank im Übrigen, wog sie eindeutig am meisten, da sie
Osman und Alfred mindestens um eine Haupteslänge überragte.
    »Na, wird’s bald?« Ungeduldig stand sie ihm
gegenüber und wartete darauf, dass er ihr half.
    »Und untersteh dich, nach oben zu gucken!«,
grinste sie ihn keck an.
    Robert grinste zurück. Wer sollte ihn schon
daran hindern.
    Adara kletterte vornübergebeugt durch das
Fenster und offenbarte Osman, warum sein armer Freund schon seit Wochen keine
rechte Ruhe mehr fand. Und auch Alfred konnte seine Augen nicht von ihr
losreißen.
    »So, ihr habt euren Spaß gehabt, die
Vorstellung ist beendet!«, richtete sie sich auf und strich lächelnd ihren Rock
glatt.
    Alfred ging voraus und schaute dabei zurück
zu seinen beiden Begleitern. »Vor uns liegt der obere Eingang zur Kapelle,
hinter uns sind die königlichen Gemächer. Alle paar Wochen wird hier nach dem
Rechten gesehen, ansonsten steht das Gebäude leer. Wir sollten also keine
Probleme mit …« Adaras Blick richtete ihm jedes Körperhärchen auf. Mit
ängstlich geweiteten Augen starrte sie an ihm vorbei. Fast gleichzeitig sprang
Osman auf ihn zu und riss ihn zu Boden. Alfred wandte seinen Blick und starrte
nach vorn in Erwartung einer Rotte waffenstarrender Soldaten. Doch der Gang war
leer.
    »Ja, sticht euch beide denn der Hafer? Was
zum Teufel sollte das?«
    Osman wies nur nach oben. Direkt über
Alfred durchbrach ein großes Fenster die Wand des Ganges. Es wies zur belebten
Ostseite der Pfalz und das Glas war nahezu so klar wie Wasser.
    Der junge Leutnant spürte, wie er rot
anlief.
    Und während die drei den restlichen Weg bis
zur gottlob unverschlossenen Pforte in die St.-Ulrichs-Kapelle auf
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