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Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Die Braut des Silberfinders - historischer Roman

Titel: Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Papier und Tinte,
Vater?«, fragte er den für die Taufzeremonie anwesenden Geistlichen.
    »Freilich, für die Beurkundung der Taufe«,
antwortete dieser und wies auf den Altar.
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren,
tauchte der Vogt die Feder in die Tinte und wollte gerade die Taufurkunde
seiner Enkelin beschreiben, als ihn seine Frau zurückriss.
    »Untersteh dich, das Taufpapier Luisas zu
beschmieren!«
    »Ja, schon gut«, murmelte er, schlug die
daneben liegende Bibel auf und riss das erste, nahezu leere Blatt heraus.
Einige empörte Schreie und ein ohnmächtig zu Boden sinkender Geistlicher waren
die Folge. Ungerührt kritzelte der Vogt einige Worte aufs Papier, dann sah er
sich nach einem Boten um, doch keiner seiner Männer war in der Nähe. Robert,
der die ganze Unterredung bereits eine geraume Weile stumm mitverfolgt hatte, stand
plötzlich neben ihm.
    »Herr, ich bin ein guter Freund Leonhardts.
Vertraut mir Eure Nachricht an!«
    Ohne zu antworten, schaute der Vogt nach
oben. Alfred nickte zustimmend. »Kannst du reiten, Freund von Leonhardt?«
    »Ja!«
    »Dann nimm mein Pferd, es steht draußen.
Beeil dich, zum Teufel!« Und an Alfred gewandt. »Leutnant, sieh zu, dass du
runterkommst und lauf ihm hinterher, dich kennen sie wenigstens!«
    Während sich draußen das Hufgetrappel
rasend schnell entfernte, blickte Adara entsetzt zum Horizont. Die Rotfärbung
des Himmels war dahin und die Sonne endgültig hinter den Bergen verschwunden,
ebenso wie die Schatten.
    Der Abenddämmerung folgte die Nacht auf dem
Fuß.
     
    *
     
    Der Henker und seine Gehilfen machten sich an den Ketten zu
schaffen. Nun war es also so weit. Während der eine Leonhardts Fesseln löste,
passte der andere auf, dass er nicht davonlief.
    Leonhardt lachte bitter. Selbst wenn er es
gewollt hätte, wäre er nicht in der Lage gewesen, auch nur einen Schritt zu
machen. Sämtliche Kraft war ihm bereits während des Kerkeraufenthaltes aus den
Gliedern gewichen, die nahezu zwei Tage am Pranger hatten ihm endgültig den
Rest gegeben.
    Von sämtlichen Ketten befreit sank er matt
zu Boden. Sollten sie ihm gleich hier die Lanze ins Herz jagen, die hundert
Schritte bis zum Galgen jedenfalls würde er weder gehen wollen noch können.
    Aber das war auch gar nicht nötig. Mühelos
wie einen Sack Daunenfedern packten sie den Delinquenten unter und schleiften
ihn zum Galgen. Der Marktplatz wimmelte derweil vor Menschen, niemals zuvor
hatte ihn Leonhardt dermaßen belebt gesehen, und das, obwohl er immerhin hier
in Goslar geboren und aufgewachsen war. Offenbar wollte jeder zusehen, wenn dem
Prospektor der Garaus gemacht wurde. Nun, jammern würde er nicht. Er hatte sich
fest vorgenommen, dem blutgeilen Mob zumindest diese Freude zu verderben.
    Inzwischen hatten sie das Schafott
erreicht. Einige knarrende Holzstufen noch, dann stand er auf dem Podest, den
Galgen im Rücken, und schaute auf seine Mitbürger. Einige waren ihm bekannt, doch
nur wenige von ihnen schienen bestürzt, die meisten zeigten pure Schadenfreude.
    Wie durch einen dichten Nebel drangen die
Worte des Herolds zu ihm, auch das Johlen der Menge nahm er kaum noch wahr. Ein
Soldat bedeutete ihm, auf einen Holzklotz zu steigen, dann wurden Leonhardt die
Hände auf den Rücken gebunden und eine Kapuze aufgesetzt.
    Ein Vorgeschmack auf die endgültige
Finsternis.
    Der Henker legte ihm ein kräftiges Seil um
den Hals und zog die Schlinge fest. Leonhardt nahm nur noch seinen hektischen
Atem und das Pulsieren in den Ohren wahr. Doch plötzlich hörte er das Klappern
von Pferdehufen und eine Stimme, die ihm bekannt vorkam, wütendes Geschrei …
    Er konnte es nicht glauben, aber sollte
tatsächlich noch ein Wunder geschehen?
    Dann wurde der Holzklotz unter seinen Füßen
weggeschlagen und er fiel ins Leere.
    Es war aus.
     
    *
     
    Die Meute war weit aus der Ferne zu hören. Dann die Fanfaren des
Herolds, schließlich monotones Getrommel.
    War er schon zu spät?
    Robert schlug erneut dem Schimmel seine
Fersen in die Flanken. Die Stute gehorchte, ohne zu murren. Offenbar war sie
bereits einiges vom Vogt gewöhnt.
    Er raste den Hohen Weg
entlang über die Königsbrücke auf die Marktkirche zu. Robert zog hart am
rechten Zügel und ritt in die nächste Gasse zum Rathaus. Beinahe wäre sein
Schimmel auf dem glatten Pflaster gestürzt, nur mit Mühe konnte es den Sturz
vermeiden. Es war ein gutes Pferd, wahrscheinlich das beste, das er je geritten
hatte.
    Die Menschenmassen vor ihm hinderten ihn
nicht
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