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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch immer auf dem schmalen Abwärtspfad. Er rannte nicht mehr. Er war stehengeblieben.
    Es war das Hundebellen, das ihn alarmierte. Kein normales Kläffen, eher kreischende, spitze Laute, wie in höchster Angst. Nun ein Jaulen. Es brach ab.
    Hampels Köter. Hatte Lola einen Tritt von ihm bekommen? Eigentlich unvorstellbar …
    Rio hatte das Seeufer erreicht und lauschte wieder. Nun war es nicht mehr Hundegebell und Gejaule – nein, dies war ein Mensch! Nur ein Mensch in höchster Angst konnte dieses kranke, erstickte Stöhnen ausstoßen … Laut und so qualvoll klang es, als müsse der Mann dort ersticken, als ringe er mit dem Tod. Hampel?! … Hampel, der aus irgendwelchen Gründen krepierte, einen Infarkt oder weiß der Teufel was bekommen hatte?
    Rio lief los. Und sah … Hampel rang vielleicht mit dem Tod, aber den brachten ihm zwei Männer. Ja, zwei mußten das sein, die dort auf ihn, der am Boden lag, einschlugen, ihn fertigmachen wollten, in der Stille ein Durcheinander von ersticktem Fluchen, Stöhnen, Schreien.
    Einer der beiden, das sah Rio nun deutlich, hatte das Knie auf Hampels Kehle, doch Hampel schlug noch immer mit den Beinen, verschmolz mit ihren Schatten …
    Der andere aber sprang jetzt auf, kam ihm entgegen, nahm, die Arme halb erhoben, so etwas wie eine Karatestellung ein.
    Rio nahm die ›H&K‹ hoch.
    »Hilfe!« schrie es. »Hilfe!«
    Der Schrei erstickte.
    Der Mann vor ihm war schlank und groß gebaut. Er zögerte. Dann drehte er den Kopf: »Pit! – Da iss eener, Pit! Hau bloß ab! Der hat 'ne Kanone!« – und rannte.
    In Rio waren Hilflosigkeit und eine Art leeres Staunen. Er wartete, bis das Getrappel der Flüchtenden auf dem Weg verklungen war. Dann kniete er sich neben Hampel.
    Der schwere Mann regte sich nicht. Er stöhnte auch nicht länger. Nur sein heftiger Atem war zu hören.
    Widerstrebend drückte Rio die Fingerspitzen gegen die Schläfen. Hier war der Puls – schnell und unregelmäßig, die Haut war schweißig und kühl.
    Rasch zog er seine Hand zurück. »Hampel …«
    Er regte sich nicht, bewegte nicht einmal den Kopf. Doch jetzt, ja, er öffnete die Lippen: »Ja?«
    Rio sicherte die Pistole und steckte sie in den Gürtel zurück.
    »Haben Sie Schmerzen? Haben Sie sich irgendwas gebrochen?«
    »Glaube … glaube nicht … Mir ist nur schlecht.«
    »Kann ich mir denken.«
    Sein Atem wurde ruhiger. »O Gott … Die kamen einfach aus dem Gebüsch. Einer schnappte sich gleich meine Brieftasche. Aber das reichte … reichte denen nicht …«
    Etwas rührte sich an Rios Knie. Seine Hand fühlte über Fell. Nun kam ein leises, jämmerliches, schluchzendes Fiepen.
    »Lola?« flüsterte Hampel.
    Der Gedanke an seinen Hund schien ihm Kraft einzuflößen. Er stützte sich auf, stöhnte. In dem wenigen Licht war nun das Gesicht zu erkennen. Ohne die Brille wirkte es wie heller, auslaufender Teig.
    »Meine Brille …«
    »Sie haben sicher noch 'ne zweite. Sehen wir zu, daß Sie nach Hause kommen.«
    »Ja. Vielleicht kommen die Kerle zurück …«
    »Glaube ich kaum. Aber besser ist es.«
    »Ja. Auch wegen Lola.«
    »Was sonst«, knurrte Rio und wußte nicht, ob er jetzt laut lachen sollte. Aber ihn so abzuknallen? Ging doch nicht. Am besten, er lief auch davon …
    Er war schwer. Und ob er schwer war! Es kam Rio so vor, als schleppe er einen Sack nassen Zement den Hang hoch, einen stöhnenden, keuchenden Sack. Den Arm hatte Hampel um Rios Schultern gelegt, mit seinem ganzen Gewicht hing er an ihm, und Rio – er zog ihn den Weg hoch, auch ihm begann die Luft auszugehen, bei Gott: Sie waren das Paar des Jahrhunderts.
    Dann aber war es doch geschafft. Stumm und nach Luft ringend standen sie auf dem Platz. »Diese Dreckslumpen«, flüsterte Hampel schließlich, »diese verdammten Gangster.«
    Dann aber ging eine sonderbare Verwandlung mit ihm vor. Das Atmen fiel ihm noch immer schwer, er drehte sich, und das Licht der Laterne lag auf dem fleischigen brillenlosen Gesicht. »Vielen Dank … Wirklich. Vielen Dank …« Dabei griff er nach seiner Krawatte. Rio hatte sie ihm unten am Weg noch gelockert, nun schob er den Knoten hoch. Angesichts der Nachbarn schien er Wert auf einen ordentlichen Sitz zu legen, auch die Schultern strafften sich – er wuchs buchstäblich um Zentimeter.
    »Komm, Lola.«
    Lola jedoch war bereits vorausgewatschelt. Sie schleppte ihre Leine hinter sich her, strebte glücklich dem Haus Nummer zehn entgegen.
    Hampel war stehengeblieben. Die Straßenlampen erfaßten sein
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