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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Aufstand gegen dich. Und du? Kannst du was dafür? Geht dich das alles was an? Ja, wenn du wenigstens in Form wärst …
    … WIRD LEBEN ! …
    Der Kameramann kam näher. Das Gerät hatte er wie eine Waffe an die Schulter gepreßt. Nun machte er einen Schwenk in die Halle, dann aber drehte sich das Glasrund des Objektivs Reissner zu, starrte ihn schwarzfunkelnd an.
    Gottes Auge! dachte er plötzlich und hatte alle Mühe, Ruhe zu bewahren, dasselbe starre Gesicht wie zuvor zu zeigen, nicht einfach die Hände hochzureißen.
    Der ratlose, ohnmächtige Zorn in ihm steigerte sich nun derart, daß er kaum mehr wahrnehmen konnte, was um ihn vorging.
    Gottes Auge … Wieso denn Gottes Auge? … Warum nahm der Drecksack nicht endlich die Kamera weg?
    »Herr Doktor!«
    Er drehte den Kopf.
    »Sollten wir vielleicht nicht besser abbrechen?«
    Er gab keine Antwort.
    Rainer Soltau, der Assistent, hatte braune Augen, und seit Reissner ihn kannte, wohnte darin lässige Coolneß. Aber jetzt? Angst, braune, flackernde Kinderangst stand darin. Noch eine Flasche!
    Wegner preßte die Hände zusammen, als würde er beten. Und dieser Idiot von Ossi-Geschäftsführer – was macht Bornbacher? Er zieht den Kopf zwischen die Schultern. Kein Mucks, kein Wort, das er absondert. Doch, jetzt, jetzt steht er auf!
    Aber da waren sie auf der rechten Seite bereits auf der Bühne, rempelten sich an den Sicherheitsleuten vorbei, blieben jetzt zwar stehen, aber bildeten eine Terrorriege, zehn, fünfzehn Typen vielleicht, alle im ›blauen Anton‹, alle die Arme über der Brust verschränkt, alle denselben starren, haßerfüllten Blick.
    Dieter Reissner zog das Mikrophon an sich.
    »Moment mal, Herrschaften! Also, wie ich die Situation hier sehe, stehen wir vor der Frage, ob wir in einer Diskussion Tatsachen klären wollen oder …«
    Gejohle. Getrampel.
    »Also, Freunde, nun seid doch mal für ein paar Minuten vernünftig …«
    »Freunde?! Freunde sagt der Arsch!«
    »Beleidigungen ändern doch nichts. Und Geschrei hat noch nie ein Resultat gebracht.«
    Er hatte jetzt das Mikrophon ganz nah vor sich, versuchte seiner Stimme einen suggestiven, warmen, fast väterlichen Klang zu verleihen: »Ich versteh' doch, daß Sie Ihrem Ärger Luft machen müssen. Und ich weiß auch, daß das, was hier geschieht, für viele unter Ihnen traurige, tragische Konsequenzen hat. Meinen Sie vielleicht, es macht uns Spaß, ein Werk wie ›Sachsen-Stahl‹ zu schließen? Aber gegen die Bedingungen, die in letzter Konsequenz eine Jahrhundertrezession geschaffen hat, helfen weder Zorn noch Trauer, da hilft nur …«
    Den nächsten Satz brachte er nicht mehr hervor.
    Der Schmerz meldete sich im Rücken, etwa in der Höhe der Lendenwirbel, ein Schmerz, so scharf wie ein Schwerthieb – keilförmig steigt er auf, nimmt die Luft, treibt den Schweiß am ganzen Körper aus den Poren, ergreift die Eingeweide. Es ist, als würden sie von Stahlfäusten zusammengepreßt. Und über den Schmerz hinweg noch spürt er eine Woge von Wärme, die ihm den letzten Rest von Kontrolle zu rauben droht.
    Die Tabletten! dachte er. Herrgott, die Tabletten … Ich hab' sie doch genommen! Mehr davon, als ich sollte. Warum helfen sie nicht?
    Er stöhnte und schloß die Augen.
    Und selbst durch die aufeinandergepreßten Lider drang in winzigen roten Wirbeln das Licht der Scheinwerfer. Raus! Mehr konnte er nicht denken. Raus – sofort!
    »Herr Doktor … Mein Gott, Herr Doktor, ist etwas?«
    Soltau. Er schluckte, wollte etwas sagen, konnte nicht.
    Mit einem Schlag war es ganz still in der Halle. Ein paar lachten. Aber auch das hörte bald auf.
    »Brauchen Sie vielleicht einen Arzt, Herr Doktor?«
    Er schüttelte den Kopf. Er stand auf, versuchte es wenigstens. Doch die Beine waren so schwach, und er spürte wieder die Lähmung, und nun kam die Angst, eine grauenhafte Angst … Gottes Auge … Gottes Strafgericht … Wieso du, wieso ausgerechnet jetzt?
    Soltau war neben ihm und stützte ihn. »Ist es vielleicht das Herz, Herr Doktor?«
    Nun war auch Bornbacher da. Sie nahmen ihn in die Mitte, führten ihn über die Plattform, über diese endlos lange, graue, nietenbestückte Fläche. Nach Öl roch es, nach Ruß, Kohle und vergammeltem Schmierfett. Und er – er roch seinen Schweiß …
    Dann die Treppe. Er wußte nicht, wie er das schaffen sollte. Schweratmend blieb er stehen, die Hand auf den Bauch gepreßt. Verdammt, wo ist hier eine Toilette? So was muß es doch irgendwo geben?
    Und weiter. Endlich
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