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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es tatsächlich geschafft, ihr Dreirad auf das braungekachelte Zementrechteck zu zerren, das das Becken einrahmte. Und nun war sie auch noch im Begriff, auf den Sattel zu klettern und loszustrampeln.
    »Bist du wahnsinnig geworden? Hör mal, was machst du denn da?«
    Elfi gab keine Antwort. Sie fuhr.
    »Elfi! Laß das! Laß das, hab' ich gesagt!«
    Aber wie immer dachte die Kleine nicht daran.
    Hanne rannte los. Sie hatten das Wasser in diesem Jahr noch nicht eingelassen. Im Bassin gab es nach einem Zweimetersturz nichts als harten Beton.
    »Hast du mich gehört, Elfi?«
    »Nein!«
    Elfi strampelte, als Hanne sie hochhob und an sich drückte. Sie spürte ihre Wärme, und unter all der zornigen Empörung, die sich da in ihren Armen schüttelte, spürte sie Hilflosigkeit.
    »Ist ja gut.« Sie strich über das blonde Haar ihrer dreijährigen Tochter und küßte es. »Ist doch gut, Kleines. Man kann halt nie richtig spielen, was? Nun laß uns ins Haus gehen. Was suchen wir überhaupt hier?«
    »Mein Dreirad!«
    »Holen wir nachher.«
    Das Kind zu tragen machte Hanne nichts aus. Sie war eine schlanke, hochgewachsene Frau mit einem schönen, klargeschnittenen Gesicht, von dem ihr Mann behauptete, es habe eine gewisse Ähnlichkeit mit Faye Dunaway. »… Tu mir den Gefallen und schmink dich so wie das letzte Mal. Ist doch richtig aufregend. Weißt du, dann habe ich das Gefühl, ich würde mit 'nem Filmstar ins Bett gehen.«
    Ins Bett gehen? – Auch das war lange her. Seit Jahren hatten sich ähnliche Wünsche und Spielchen eingestellt. Seit wieviel Jahren eigentlich? Seit dem Unfall und der Operation …
    Was anschließend kam, na, man nennt so was wohl Eheroutine. Küßchen am Morgen, wenn er losfährt, Küßchen am Abend, wenn er zurückkommt, ein bißchen Streicheln, viel, viel Verständnis – und viele Erklärungen, die zu nichts führen. Aber irgendwie hatte alles mit dem Unfall zu tun. Seitdem hatte er sich geändert, keine Frage. Gut, die Ärzte hatten den gesprungenen Beckenknochen wieder mit Draht zusammengeflickt, und auch die Gelenksache bekamen sie in die Reihe, so perfekt sogar, daß nur dem, der Dieter von früher kannte, auffiel, daß sich sein Gang seither leicht verändert hatte. Und selbst das versuchte er zu tarnen. Was zeigt ein Dieter Reissner schon nach außen? Das ist nicht sein Stil. War es nie …
    Aber kaum war er damals aus dem Krankenhaus entlassen worden, hatte er sich noch besessener als zuvor in seine Arbeit gestürzt. ›Workaholic‹ – schön, aber auch dieses Wort erklärte nichts. Nein, es war mehr als eine Droge, das war schon ein Fanatismus, dessen Quelle sie nicht kannte. »Wenn man den Tiger reitet, Hanne, muß man oben bleiben …« Doch was nützte ihr ein Mann, der einen Tiger reiten wollte? Und die anderen so furchtbar ›dynamischen‹ Konzern-Leuchten. Was wollte Dieter ihnen eigentlich beweisen?
    Aber von diesem Zeitpunkt an schien er noch rastloser, raste wie ein Verrückter kreuz und quer durch Europa – für die Firma, für wen sonst – und hatte für all ihre Bitten nichts als ein Schulterzucken oder ein: »Später, Hanne …«
    Sie hatte das Haus erreicht.
    Es war aus weißverfugten Backsteinen erbaut und hufeisenförmig angelegt. Dieter hatte es geschafft, den Besitzer dazu zu bringen, noch einen Tennisplatz an die Nordfront zu bauen. Er war zwei- oder dreimal bespielt worden. Seitdem lag darauf nur Laub.
    Trotzdem: Ein wunderschönes Haus! Und es lag dazu in einer der besten Gegenden der Stadt, in Harlaching.
    Am wichtigsten war Dieter gewesen, daß nur vier Straßen weiter, in einem ähnlich großen Grundstück versteckt, auch Jakob Linder seine Villa hatte. Allein für diese Tatsache war er bereit, Monat um Monat ein Vermögen hinzublättern.
    Jetzt aber, jetzt schien sich Dieter einen Dreck darum zu kümmern, was Linder von ihm hielt …
    Sie zog die breite, gläserne Tür auf, die zum Garten führte.
    Elfi strampelte nicht länger. Beide Ärmchen hatte sie um den Hals der Mutter geschlungen und drückte den Kopf an ihre Wange.
    »Frau Reissner, wie ist das, soll ich den Schmorbraten in den Ofen geben?«
    Schmorbraten mit Bohnen war Dieters Lieblingsspeise. Jedesmal, wenn er von einem schwierigen Auftrag zurückkam, fand er ihn zu Hause auf dem Tisch. Eine Art unausgesprochener Vertrag war es. Früher hatte sich für Hanne damit auch noch die romantische Vorstellung von dem Ritter verbunden, der ausreitet, um in den heißen Schlachten des Lebens seine Beute zu
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