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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war es bereits kurz vor sechs. Es meldete sich auch nicht die Sprechstundenhilfe; Jan selbst war am Apparat.
    »Herzog.«
    »Ich bin's, Alter. Dieter. Wie ist das, es ist zwar schon ziemlich spät, aber kann ich trotzdem noch bei dir vorbeikommen?«
    »Natürlich kannst du das.«
    »Hast du die Ergebnisse schon?«
    »Ja. Sie sind heute morgen gekommen.«
    »Und?«
    »Darüber können wir nachher reden. Es ist …« Eine gerade auf dem Flugplatz gestartete Maschine donnerte über die Autobahn hinweg. Sie machte Geräusche wie ein Güterzug. Der widerwärtige Pfeifton riß Herzogs Stimme ab. Dann aber war sie wieder da: »Jedenfalls wäre es ganz gut, wenn du noch bei mir hereinschautest. Wo bist du denn?«
    »Auf der Autobahn.«
    »Okay, dann komm.«
    Reissner nickte und legte auf. Die Angst wollte sich wieder melden, aber wie man sie verdrängt, hatte er gelernt. Hatte es lernen müssen.
    Er blickte in den Rückspiegel, zog das Steuer nach links und gab Gas.
    Und dann dachte er: Immer weiter fahren, immer der Straße nach, einfach so nach Süden, den Alpen entgegen, über die Alpen hinweg … Rom, irgendwann dann Palermo, aber auch in Sizilien nicht hängenbleiben. Dort warten Fähren … Afrika …
    Tränen stiegen in seine Augen.
    Er schüttelte den Kopf, als könne er sie herausschleudern. Wieder dachte er an Hanne. Aber das half ja nichts. An Hanne und an Elfi zu denken machte alles noch schlimmer.
    Am blödesten aber war das, was er jetzt tat: Die Hand in die Hosentasche zu schieben und durch den dünnen Stoff die Leiste abzufühlen, um dort den schmerzhaften, harten Punkt zu suchen, der ihn erwartete, obwohl er sich so danach sehnte, daß er einfach wie durch ein Wunder verschwunden wäre.
    Nein. Er war da!
    Nach Süden …
    Und weiter als Italien – Afrika …
    Hanne hatte vor ein paar Wochen einen ganzen Stapel glänzender, farbiger Prospekt aus dem Reisebüro mit nach Hause gebracht. Inseln sah man darauf. Karibik-Inseln … Strohgedeckte Bungalows, Sandstrände, Palmen und ein Wasser, so leuchtend, so klar, daß man nur träumen konnte.
    Er und Hanne am Strand. Mit der kleinen Elfi Sandburgen bauen … Ja, und ein Bungalow unter Palmen. Wieso denn nicht? Personal war ja billig. Eine Köchin vielleicht … Oder es gab ein Hotel in der Nähe, und irgendein netter kaffeebrauner Kellner würde ihnen das Essen bringen. Und Vollmondnächte mit Hanne … Draußen auf der Terrasse im Mondlicht baden. Oder in diesem unglaublichen Meer in einem weißen Motorboot herumkurven. Und angeln. Und, und, und – weiß der Teufel was.
    Er hatte es vor sich gesehen, in allen Details. Schon oft hatte er das, viel zu oft.
    Und was war dann geschehen? Der Plan wurde als ›unrealistisch‹ abgehakt.
    »Später vielleicht, Hanne.«
    Er hatte sie einfach auf das nächste Frühjahr, den nächsten Sommer vertröstet.
    L ÜG - NER , B E - TRÜ - GER …
    Richtig. Aber auch an dir selbst.
    Was, verdammt noch mal, hast du bloß aus deinem Leben gemacht? Und – was wird jetzt kommen?
    Vor drei Jahren, als sie die Villa bezogen, hatte Hanne Reissner es hübsch gefunden, auf dem Rasen neben dem Pool zwei Rotbuchen zu haben, und sie hatte Dieter so lange in den Ohren gelegen, bis er nachgab. Eines Tages war dann ein riesiger Lastwagen mit den Bäumen angerollt und mit Gärtnern, die Löcher gruben. Dieter wiederum fluchte herum und behauptete, die Rotbuchen würden nie anwachsen. Aber sie taten es. Und wie! Und nun warfen sie ihr Laub über den Rasen, und Litzka , der den Garten besorgte, hatte jedes Jahr seine liebe Not damit.
    Hanne Reissner zog ihre Lederjacke an. Sie wollte das verdammte Laub weghaben. Aber wollte sie das wirklich? Wußte sie überhaupt, was sie wollte?
    Was sie mit Sicherheit wußte, war, daß sie es drinnen im Haus nicht mehr aushielt, daß sie verrückt werden würde, wenn jetzt wieder das Telefon läuten und irgendein Firmenidiot nach Dieter fragen würde.
    So ein elender Mist! Was war nur in ihn gefahren? Wieso konnte er sie auf diese Weise sitzenlassen? Die Maschine war längst gelandet. Warum kam er dann nicht nach Hause? Warum lud er ihr statt dessen all diesen Ärger auf den Hals?
    Hanne Reissner zog so erbittert den Rechen durch den Rasen, daß ihr richtig heiß wurde. Mit den naßglänzenden Blättern wurde sie trotzdem nicht fertig. Sie überlegte sich, ob sie den Besen holen sollte, das Zeug klebte schließlich auch an der Schwimmbadumrandung …
    »Mami! – Mami!«
    Sie warf den Rechen weg. Elfi hatte
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