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Die Blutmafia

Die Blutmafia

Titel: Die Blutmafia
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Schlüssel im Empfang, nickte nur dankend auf das freundliche: »Gute Nacht, Herr Wohlmann. Ich wünsche wohl zu ruhen.«
    »Ich geh wahrscheinlich noch mal aus.«
    »Ja dann …«, sagte der Krauskopf und versenkte sich wieder in sein Buch.
    Rio schloß sein Zimmer auf und lief an das Bett, steckte hastig die Hand unter die Matratze. Seine Fingerspitzen berührten Metall. Da lag sie, und soweit er sich erinnern konnte, lag sie genau an demselben Fleck, an dem er sie hinterlassen hatte. Er zog die Pistole hervor und ließ das Magazin herausgleiten. Es war schon eine Art Manie geworden, die Patronen zu zählen und ihre schimmernden Geschoßspitzen zu betrachten.
    Er legte die ›H&K‹ auf den Sekretär, öffnete seinen Koffer und holte aus dem Waschbeutel die beiden Ersatzmagazine. Er legte sie neben die Waffe, ging ins Bad, zog sich aus, stellte die Dusche an und fühlte, wie die peitschenden Wasserstrahlen Müdigkeit und Erschöpfung fortschlugen. Dann putzte er sich mit Hingabe die Zähne, ehe er sich neue Wäsche, die gebügelte Hose und ein neues Hemd anzog.
    Er schob die ›H&K‹ in den Gürtel, und der Druck am Hüftknochen schien ihm nun schon beinahe vertraut.
    Phase grün. So grün wie die grüne Wiese …
    Es war zwanzig vor zehn.
    Am Ende der langen stillen Straße bewegten sich die Lichter der Fahrzeuge, die den Park umrundeten. Alles wie gehabt. Nur daß es heute wärmer, nein, schwüler war als das letzte Mal. Der Fußweg durch den Park … Nicht mehr so viele Spaziergänger und Liebespaare – na Gott sei Dank. Auch der große Mietsblock lag ruhig. Und im Erdgeschoß, wo damals die Party stattgefunden hatte, waren die Jalousien heruntergelassen.
    Es war nun völlig dunkel. Die beiden Laternen rechts und links des Max-Kramer-Platzes leuchteten und verteilten ihren stumpfen Milchglasschein auf die Autodächer.
    Und dort, Hampels Haus … die Nummer zehn …
    Rio lehnte sich gegen den Stamm einer alten Buche. Er kannte den Baum, selbst sein Geruch schien ihm vertraut. Etwa zehn Schritte vom Weg und von der Straße entfernt schob er sich in die Höhe. Ein großer Busch, der weiter unten am Wegrand wuchs, schützte ihn einigermaßen vor den Blicken neugieriger Spaziergänger. Und dazu gab es noch die Wolkendecke, die in dieser Nacht den Mond verhüllte.
    Er sah auf seine Uhr: Punkt zehn! In den drei vergangenen Nächten war er so gestanden. Immer hatte er dasselbe beobachtet. Beamte, vor allem Regierungsdirektoren und auch ihre verfetteten Cocker sind pünktlich. Jedesmal um diese Zeit hatte sich drüben die Tür geöffnet.
    Fünf Minuten nach zehn war es nun.
    Über der Nummer zehn flammte das Eingangslicht auf.
    Rios Herz begann zu hämmern. Seine Hand tastete nach der ›H&K‹. Ruhe jetzt, verdammt nochmal. Nur ruhig. Ihn kommen lassen. Er würde gleich oben an der Straße den kleinen Weg nehmen, der weiter vorne hangabwärts zum See führt. Und den Hund würde er wieder hinter sich herziehen. Der Cocker war ohnehin zu alt, als daß er noch irgend etwas mitbekam. An der Uferpromenade kam er dann von der Leine, während Herrchen es sich auf einer Bank mit seiner Zigarre bequem machte.
    »Jetzt komm schon. Geh doch, Lola.«
    Der Schatten tauchte oben auf der Straße auf. Dann verschwanden Hampel und Hund im Wald. Rio war jetzt so nahe, daß er Hampels Schritte und das Hecheln des Cockers hören konnte.
    Laß ihn! Laß ihn seinen Weg gehen. Seinen letzten.
    Rio stieß sich von dem Buchenstamm ab. Weiter unten, als er den Sandbelag des Spazierweges unter den Sohlen fühlte, blieb er stehen: Nirgends Stimmen, Schatten auf den Bänken, keine Zigaretten, die glühten, niemand – ideal.
    Er lief nun. Lief bis zur Abzweigung. Hier gab es eine kleine Treppe. Er ging die Treppe hinab, auf Zehenspitzen. Den Atem angespannt, versuchte er mit den leichten Gummisohlen seiner Tennisschuhe jedes Knirschen zu vermeiden, die Schwärze der Schatten zerfloß im Grau des Sees.
    Er blieb wieder stehen, zog die ›H&K‹ aus dem Gürtel, spannte den Verschluß und öffnete die Sicherheitssperre.
    Es ist soweit, Ludwig … Du wirst es schon bald hinter dir haben, na schön. Aber jetzt hol ich auf, jetzt zieh ich gleich, denn diesmal, Ludwig – diesmal klappt es! Du wirst sehen …
    Am Seeufer hellte die Wasserfläche das Dunkel ringsum ein wenig auf, soviel zumindest, daß die Umrisse von Büschen und die Stämme der Bäume sich deutlich abzeichneten.
    Er war nur noch wenige Meter vom Ufer entfernt, doch er befand sich
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