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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman
Autoren: Franka Rubus
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Gegenüber der Treppe befand sich die Eingangstür, durch deren Buntglasfenster das Mondlicht verzerrte Muster auf den Boden malte. Ein Kronleuchter mit mindestens fünfzig erloschenen Kerzen hing in den Schatten über ihnen. Und über allem lag eine schwere, trockene Stille, in die Red sich so sehr das Lied zurück wünschte.
    Sie stiegen die Treppe hinauf und liefen die Galerie entlang, von der mehrere Gänge abzweigten und sich in den Schatten verloren. Schließlich blieb Hannah vor einer weiteren Tür stehen. Reds Herz begann, wild zu klopfen. Er hätte nicht sagen können, woher er diese Sicherheit nahm. Aber er spürte mit jeder Faser seines Körpers, dass sich hinter dieser Tür die Quelle der Musik befand. Ein Zittern lief durch seine Glieder.
    Hannah ließ ihn los und warf ihm einen letzten Blick zu. Dann drückte sie die Türklinke herunter.
     
    Eine weiße Gestalt hob sich leuchtend gegen das schwarze Rechteck der Nacht hinter dem Fenster ab. Silberblondes Haar floss über entblößte Porzellanschultern und ein Kleid aus heller Seide. Sie hatte ihnen den Rücken zugewandt.
    Und erst als sie sich voneinander lösten und ein Schatten lautlos zu Boden glitt, erkannte Red, dass es in Wahrheit zwei Gestalten waren.
    Langsam drehte die Frau sich um. Obwohl Red ihre Augen nicht sehen konnte, spürte er ihren Blick mit einer solchen Kraft, dass ihm ein Schauer über den Rücken lief.
    »Ah. Der Mensch aus der OASIS.«
    Der Klang ihrer Stimme ließ die Melodie von Neuem erklingen. Die Sehnsucht glühte in Reds Innerem auf und jagte warme Schauer über seine Haut.
    »Ich danke dir, Hannah. Chase, Liebes. Geh mit Hannah. Ich will unseren Gast begrüßen.«
    Der Schatten am Boden bewegte sich. Richtete sich auf und kam auf schwankenden Beinen zum Stehen. Red hörte schweren Atem und roch herben Schweiß.
Ein Mensch!
, dachte er und spürte, wie ein langer Blick ihn traf. Doch unter den Augen der Vampirin fiel es ihm schwer, sich darauf zu konzentrieren.
    Dann fiel die Tür hinter Hannah und dem Menschen ins Schloss.
    Red war mit Céleste allein.
    Mit langsamen Schritten kam die Vampirin auf ihn zu, bis sie direkt vor ihm stand. Reds Atem wurde flach. Aus der Nähe konnte er ihre Augen sehen – zwei tiefe, schwarze Seenin der Dunkelheit. Ihre Finger legten sich wie Federn unter sein Kinn und strichen über die nackte Haut auf seinem Kopf.
    »Wie heißt du?«
    Red schluckte. Seine Stimme klang rau in seinen Ohren.
    »Red September 38.07.«
    »Red.« Céleste lächelte. »Willkommen bei uns, Red. Du bist endlich frei.«
    Reds Knie zitterten. Er konnte nicht mehr lange stehen. Nicht unter diesem Blick.
    Céleste musterte ihn nachdenklich. »Eins wundert mich nur«, murmelte sie. »Kris sagte, er hätte eine Frau erwartet.« Sie schüttelte den Kopf und lächelte erneut. »Wie dem auch sei. Ich freue mich, dass du hier bist.«
    Red hörte ihre Worte kaum. Was machte es schon aus, was sie sagte, solange sie nur sprach? Solange er nur die Musik hören durfte, die in jeder Silbe klang und ihm das Gefühl gab, zu schweben …
    Doch dann setzte in seinem Kopf etwas aus, als wäre in einen seiner Gedanken ein kleines Loch gebrannt worden. Was hatte sie gerade gesagt?
    Eine Frau … erwartet?
    Eisig rann ein Tropfen Angst über seinen Nacken. Eine Frau … eine Frau … Blue …? Red kniff die Augen zusammen, um sich von diesem Blick, dieser Stimme loszureißen.
    »Ich …« Seine Zunge wollte ihm kaum gehorchen. »Blue … ich suche Blue March.«
    Céleste hob verwundert die schmalen Brauen. »Wen?«
    Alles Gefühl kehrte mit einem Schlag in Reds Glieder zurück. Er taumelte unter der plötzlichen Last.
    »Blue«, wiederholte er und spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. »Blue March 35.11. Sie wartet hier auf mich.«
    Célestes Stirn kräuselte sich. Ihre Finger verschwanden aus Reds Gesicht. »Ach, so ist das.« Sie sah ihn mitleidig an. »Tut mir leid, Kleiner. Eine Blue haben wir hier nicht gesehen.«
    Red spürte seine Beine unter sich nachgeben. Blue war nicht hier? Aber wie konnte das sein? Sie hatte doch versprochen …
    Kräftige Arme fingen ihn auf und stützten ihn. Sanft legte sich Célestes Hand in seinen Nacken. Red ließ sich kraftlos gegen ihre Schulter sinken. Das war doch nicht möglich! Was war nur geschehen? Wo war Blue? Was war ihr zugestoßen?
    »Armer Red«, wisperte Céleste an seinem Ohr. »Nach allem, was du auf dich genommen hast.«
    Ein trockenes Schluchzen stieg Red die Kehle hinauf. Die
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