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Die Blutgabe - Roman

Die Blutgabe - Roman

Titel: Die Blutgabe - Roman
Autoren: Franka Rubus
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der Schulter und schob sich zwischen ihn und die junge Vampirin. »Raus hier!«, befahl er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    »Nein!«
, kreischte Blue.
    Die Tür donnerte ins Schloss, und Cedric schob den Riegel vor – gerade noch rechtzeitig, bevor Blue sich von innen mit voller Wucht gegen den dicken Stahl warf und ihn erbeben ließ. Kurz darauf tauchte ihr verzerrtes Gesicht hinter der Scheibe des kleinen Fensters auf. Sie schrie und kreischte wie von Sinnen und hämmerte mit den Fäusten gegen das Panzerglas, bis ihre Haut aufsprang und blutige Flecken hinterließ. Hinter den anderen Türen antwortete ihr ein Chor von anderen Blutern, bis der ganze Korridor von wildem Heulen und Jaulen erfüllt war.
    Red stand da wie versteinert und starrte benommen auf das tobende Wesen hinter der Scheibe.
    »Blue …« Er legte zitternde Hände an das dicke Glas.
    Es war nicht möglich. Mehr konnte er nicht denken.
    Es durfte einfach nicht wahr sein.
    Nicht Blue.
    Nicht seine Blue.
    Für einen winzigen Moment hielt das Wesen inne und stierte ihn aus blutunterlaufenen Augen an. Geifer tropfte von den gefletschten Zähnen.
    Das weiße Gesicht war voller Tränen.
    Eine Hand legte sich auf Reds Schulter.
    »Sie kann dich nicht mehr sehen.« Eine Stimme. Sanft, dunkel und vertraut. »Tut mir leid, Red.«
    Red fuhr herum. Taumelte auf weichen Knien.
    Aber Kris fing ihn auf.
    »Du kannst sie nicht mitnehmen«, hörte er Cedric wie aus weiter Ferne sagen. »Sie bleibt hier, bis mir eine vernünftige Lösung einfällt. Du solltest den anderen Menschen holen und von hier verschwinden.«
    Red konnte seinen Worten kaum folgen. Ein trockenes Schluchzen schüttelte seine Schultern.
    Auf dem Flur war es still geworden.
    Als Red zu dem Fenster in der Tür sah, war es leer und schwarz.
    »Ruhig«, murmelte Kris und strich sanft über Reds Rücken. »Ganz ruhig. Wir gehen nach Hause. Alles wird gut.«
    Die Dunkelheit fiel über ihn.
    »Alles wird gut«, wiederholte Kris.
    Und Red wollte ihm glauben. So gern glauben. Aber er konnte es nicht.

Kapitel Sechs
    Forschungsstation White Chapel, Kenneth, Missouri
     
    Als Kris zurückkehrte, war Red bei ihm. Chase konnte ihn hastig und unregelmäßig atmen hören. Irgendetwas musste passiert sein. Aber er konnte nicht fragen, was es war. Oder wo die anderen Menschen geblieben waren.
    Kräftige Hände packten ihn und hoben ihn vorsichtig hoch.
    »Wir gehen nach Hause, Chase«, sagte Kris. Auch seine Stimme klang angespannter als zuvor.
    Lautlos öffnete sich die Tür. Für einen kurzen Moment konnte Chase Reds blasses, angespanntes Gesicht sehen. Tränen glänzten darauf.
    Dann traten sie in das grelle Weiß hinaus.

Apokalypse: Ende und Anfang
    Ganz gleich wie lang die Nacht ist. An ihrem Ende steht immer der Morgen.
    Das Licht des Vollmondes tauchte die Nacht in silbriges Weiß.
    Kris saß auf dem Dach von Insomniac Mansion und sah mit leeren Augen in die Ferne.
    Ein neugeborener Vampir und ein Mensch schliefen Seite an Seite in den verlassenen Räumen unter ihm. Wenn sie erwachten, würde Kris mit ihnen fortgehen. Vielleicht nach Asien. Vielleicht nach Nordeuropa. Irgendwohin, wo man sein Gesicht nicht kannte.
    Céleste war nicht mehr hier, ebenso wenig wie Tony und Hannah. Insomniac Mansion schlief. Vielleicht für immer.
    Und Kris blieb nun nur noch eins zu tun.
    Er stieg vom Dach und wanderte durch die dunklen Gänge des Hauses. Célestes Geist atmete noch immer in der stillen Luft. Im Garten unter den mächtigen Bäumen jedoch war es ruhig.
    Kris blieb unter der uralten Eiche an der Mauer stehen und sank auf die Knie. Er fand die richtige Stelle zwischen den Wurzeln mit schlafwandlerischer Sicherheit. Seine bloßen Hände schoben die feuchte Erde mühelos zur Seite.
    Die Kiste war noch da.
    Bedächtig hob Kris sie aus dem Loch und öffnete die schweren Verschlüsse. Dann griff er in seine Tasche und zog behutsam das stetig pulsierende Herz seiner Schwester hervor.
    Eine Weile noch betrachtete er es andächtig. Dann hob er den Deckel der Kiste an und legte es sanft auf das schwarze Tuch, mit dem der Stahl ausgekleidet war.
    Zwei Herzen lagen nun dort nebeneinander. Sie würden in der Dunkelheit für alle Ewigkeit schlagen.
    Kris verschloss die Kiste sorgfältig und senkte sie wieder in das Loch, bevor er die Erde darüber schob.
    Dann stand er auf.
    »Lebt wohl«, sagte er leise und lächelte, als ihm der Zynismus in seinen Worten bewusst wurde.
    Ohne einen weiteren Blick zu
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