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Rolf Torring 126 - Der See-Teufel

Rolf Torring 126 - Der See-Teufel

Titel: Rolf Torring 126 - Der See-Teufel
Autoren: Hans Warren
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      1. Kapitel  
    Das Geheimnis der Bilderschrift
     
      „Wo willst du überhaupt hin, Rolf? Du hast es plötzlich so eilig gehabt, von Kirin fortzukommen. Hängt das mit dem Zettel und der rätselhaften Inschrift darauf zusammen?"  
      In der Nähe von Kirin hatten wir in einer kleinen goldenen Götterfigur einen Zettel gefunden, dessen Beschriftung in einer kindhaft anmutenden Bilderschrift abgefasst war. Rolf hatte ihn an sich genommen und möglicherweise bereits entziffert, denn wir brachen etwas überstürzt von Kirin auf, und Rolf hatte uns bisher nur das Ziel der Reise, den Bolen Odshal-See genannt, an dem der Amurstrom vorbeifließt.  
      Um schneller und bequemer vorwärtszukommen, hatten wir uns in Kirin Pferde gekauft. Wir waren nordwärts geritten. Nach zwei Tagereisen erreichten wir den Sungari-Fluß. In Charbin hielt es Rolf für besser, die Pferde wieder zu verkaufen. Jetzt kauften wir ein größeres Kanu, mit dem wir den Sungari und den Amur befahren wollten. Am Bolen Odshal-See hofften wir Kapitän Hoffmann zu treffen, den wir mit unserer Jacht dorthin beordert hatten.  
      Augenblicklich saßen wir in Charbin im Garten eines Gasthauses. Vor uns am Landungssteg lag unser Kanu, in dem Pongo, unser schwarzer Freund, gerade das Gepäck verstaute. Wir hatten uns reichlich mit Proviant versorgt und genügend Decken mitgenommen, denn die Nächte in dieser Gegend wurden schon verhältnismäßig kühl.  
      „Du möchtest wissen, Hans," begann Rolf, „aus welchem Grunde ich es so eilig hatte, von Kirin fortzukommen. Ich wollte auf jeden Fall vermeiden, daß uns die Polizei über die kleine Götterfigur weiter ausfragte. Außerdem befürchtete ich, daß wir belauscht werden könnten, wenn ich dort von dem Zettel berichtet hätte. Sobald wir im Kanu sitzen, werde ich euch alles erzählen."  
      Professor Kennt, ein sehniger Amerikaner in den dreißiger Jahren, Zoologe und Botaniker aus Leidenschaft, den ein ererbtes Vermögen in die Lage versetzte, privat auf Forschungsreise zu gehen, übrigens ein Meisterschütze, wie man ihn selten findet, lächelte, als er feststellte:  
      „Haben Sie bemerkt, Herr Warren, daß wir dauernd unter Beobachtung stehen?"  
      Erschrocken blickte ich Rolf an, aber mein Freund lächelte auch:  
      „Professor Kennt hat recht, Hans. Gerade deshalb werden wir jetzt im Kanu weiterfahren, da machen wir den Herrschaften, die so großes Interesse für uns an den Tag legen, einen Strich durch die Rechnung."  
      Ich blickte heimlich in die Runde, konnte aber beim besten Willen niemand entdecken, der uns beobachtete. Rolf bemerkte es und sagte leise zu mir:  
      „Schau dir mal den großen Europäer oder Amerikaner an, der dort am Eingang des Gartens sitzt! Er beobachtet uns."  
      „Der Weiße dort? Ich dachte eher an einen Chinesen!"  
      „In Kiriin erfuhr ich, daß der Mann der Besitzer der kleinen goldenen Götterfigur ist. Er verfolgt uns sicher deshalb, weil er den Zettel von uns zurückhaben möchte, der im Hohlraum der Figur steckte. Die Bilderschrift darauf war übrigens ganz leicht zu entziffern. Die Figur ist dem Manne vor ein paar Wochen gestohlen worden. Und zwar in Kirin. Deshalb hielt er sich lange dort auf, weil er hoffte, die Figur irgendwie zu Gesicht zu bekommen."  
      „Wenn du so genau weißt, Rolf, daß der Mann der Eigentümer der Figur ist, müßtest du ihm ja eigentlich den Zettel zurückgeben!"  
      „Das hätte ich auch getan, Hans, wenn er mich nach dem Zettel gefragt hätte, als er mir als Eigentümer der Figur vorgestellt wurde und man ihm sagte, daß wir die Statuette (kleine Figur) gefunden hätten. Kaum hatten wir Kirin verlassen, tauchte er hinter uns auf und hat uns bis hierher verfolgt. Er hat es nicht einmal sehr geschickt angestellt, so daß ein Blinder es merken konnte."  
      „Du vermutest also, Rolf, daß der Mann den Zettel vermisst und in uns die augenblicklichen Besitzer des Zettels ahnt?"  
      „So wird es sein, Hans, sonst wüßte ich keinen plausiblen Grund, der ihn veranlassen könnte, uns zu folgen."  
      Ich hatte die ganze Zeit über den Weißen nicht aus den Augen gelassen, wenn ich ihn auch möglichst unauffällig beobachtete. Er hatte ein Gesicht, dessen Farbe der alten Leders glich, das die Zeit und die Sonne nach gebräunt haben. Außerdem aber glaubte ich einen Zug zu bemerken, der mir in dem sicher von langem Aufenthalt in den Tropen geprägten Ausdruck gar nicht
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