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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition)
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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spurlos verschwunden war, hatte sie doch ganz sicher niemals einen Menschen getötet. Er konnte nicht zulassen, dass seine Tochter verurteilt wurde, obwohl sie unschuldig war, und überlegte verzweifelt, welche Möglichkeiten ihm noch zur Verfügung standen, um das Schlimmste zu verhindern. Vielleicht würde es möglich sein, nachträglich noch eine Begnadigung für Marie zu erwirken? Schließlich besaß er genügend Silber, und der Bischof hatte sich schon einmal empfänglich für sein Geld gezeigt.
    Rechts von Robert entstand Bewegung, und erleichtert erkannte dieser seinen Freund Bernard, der sich, gefolgt von drei Männern, entschlossen nach vorne drängte. Es war nicht leicht gewesen, den Hurenwirt zu überreden, sein bestes Gewand anzulegen und mit ihm zu kommen, um vor dem Tribunal als Zeuge auszusagen. Seit Constances Tod war sein Geschäft mehr schlecht als recht gelaufen, und er hatte längst jede Hoffnung auf eine Änderung zum Guten aufgegeben. Trübsinnig und voller Mitleid mit sich selbst hatte er tagtäglich Unmengen seines eigenen Weines in sich hineingeschüttet, und Bernard hatte große Mühe gehabt, ihn halbwegs nüchtern zu bekommen. Dann aber hatten ihn die Silberstücke, die Bernard vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet hatte, zusammen mit der Aussicht, Constances Mörder endlich seiner gerechten Strafe zuzuführen, davon überzeugt, aussagen zu müssen.
    Als der Blick des Hurenwirtes auf Radulfus fiel, zog er Bernard aufgeregt am Ärmel.
    „Das ist der Mönch, der meine arme Constance umgebracht hat.“ Aus glasigen Augen starrte er Radulfus an. Warum trug dieser Mönch zwei Kreuze auf seiner Brust und dann auch noch so kostbare? Die beiden Kreuze begannen vor seinen Augen zu verschwimmen und verschmolzen schließlich zu einem einzigen.
    Er schüttelte einige Male seinen Kopf, um klarer zu werden, und langsam dämmerte ihm, dass es sich bei dem Mönch vor ihm um keinen einfachen Bruder handelte. Es war der Moment, in dem die Alarmglocken in seinem Kopf Sturm zu läuten begannen.
    „Das ist doch der Bischof“, entfuhr es dem Kleineren seiner beiden Begleiter entsetzt.
    „Der Bischof hat unsere Constance ermordet.“ Ratlos kratzte er sich am Kopf. „Wir können unmöglich gegen den Bischof aussagen“, wandte er sich, von plötzlicher Panik erfüllt, an Bernard. „So etwas kann nicht gut ausgehen. Wir werden alle im Kerker landen oder sogar am Galgen.
    Du hättest uns sagen müssen, dass es sich um den Bischof handelt. Gegen einen einfachen Mönch hätten wir ausgesagt, aber nicht gegen den Bischof.“ Und bevor Bernard noch etwas erwidern konnte, waren die drei auch schon wieder in der Menge untergetaucht und verließen so schnell wie möglich die Kathedrale. Bernard überlegte, was er jetzt noch tun konnte, um Robert zu helfen, wusste sich aber keinen Rat mehr, und die Sache schien ihm nunmehr ziemlich aussichtslos.
    Wenn nur Otto, diese Ratte, noch unter den Lebenden weilen würde. Dieser hätte, allein schon um seine eigene Haut zu retten, sofort gegen den Bischof ausgesagt, wenn ihn das Tribunal mit seinen Fragen in die Enge getrieben hätte, dessen war sich Bernard ganz sicher. Eine Idee nahm in seinem Kopf Gestalt an, und plötzlich wusste er, was zu tun war. Warum war er nicht schon vorher darauf gekommen? Jetzt blieb ihm nur noch wenig Zeit, um seinen Plan in die Tat umzusetzen, und er konnte nur hoffen, dass es ihm noch rechtzeitig gelingen würde.
    Die Geschworenen steckten ihre Köpfe zusammen, um sich zu beraten, während die Menschen in der Kathedrale ungeduldig darauf warteten, dass es endlich weitergehen würde. Einige der Leute vertrieben sich die Zeit, indem sie begannen, ihr mitgebrachtes Essen zu verzehren, was ihnen die neidischen Blicke derjenigen einbrachte, die nicht daran gedacht hatten, etwas mitzunehmen. Es dauerte eine ganze Weile, bis das Tribunal zu einem Ergebnis gekommen war.
    Albertus trat vor, und in der Kathedrale wurde es auf einmal so still, dass Robert seinen eigenen Atem hören konnte.
    „Wir haben das Beweismaterial sorgfältig geprüft und dabei festgestellt, dass die Angeklagten nichts zu ihrer Verteidigung vorbringen konnten, was sie von den schweren Vorwürfen, die gegen sie erhoben wurden, entlastet hätte. Unser Urteil steht fest. Robert de Forez und Marie Machaut sind nicht nur Ketzer, sondern auch Mörder und werden daher bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Das Urteil wird innerhalb von drei Tagen vollstreckt.“
    Lauter
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