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Die Bluterbin (German Edition)

Die Bluterbin (German Edition)

Titel: Die Bluterbin (German Edition)
Autoren: Hildegard Burri-Bayer
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ermorden lassen, weil dieser zu viel über ihn und seine schändigen Machenschaften wusste.“
    Radulfus stockte der Atem. Er zweifelte keinen Moment daran, dass es sich bei dem Mann im dunklen Umhang um Otto handelte. Diese schleimige Ratte war gekommen, um ihn zu verraten.
    Das bedeutete das Ende. Das Spiel war aus, und Radulfus verlor endgültig die Nerven. Blitzschnell sprang er auf und rannte mit wehender Kutte am Richtertisch vorbei und auf die Sakristei zu. Rücksichtslos stieß er dabei jeden zur Seite, der ihm im Weg stand.
    Erst als er die Tür zum Nordturm erreicht hatte, hielt er einen Moment lang inne. Jetzt konnte ihn niemand mehr aufhalten. Er sah den Scheiterhaufen vor sich und hörte das grässliche Knistern der gefräßigen Flammen, die nach ihm griffen. Schneller und schneller stürmte er die Treppen hinauf und auf die Plattform hinaus. Doch dann hörte er die Wachen hinter sich. Sie durften ihn nicht lebend bekommen. Und so schwang er sich mit einem Satz über die Mauer und stieß sich von ihr ab.

47
    Sein schriller, markerschütternder Schrei lenkte die Blicke der Menschen auf dem Vorplatz der Kathedrale nach oben. Wie ein riesiger schwarzer Rabe stürzte der Bischof auf die Menschen zu, die erschrocken schnell zur Seite sprangen, um sich vor seinem fallenden Körper in Sicherheit zu bringen.
    Als die königlichen Wachen die Plattform erreichten, fanden sie sie leer, und so eilten sie, so schnell sie konnten, wieder die schmalen Stufen hinunter, um dem König Bericht zu erstatten.
    „Der Bischof hat sich vom Turm gestürzt.“ Die ungeheuerliche Nachricht verbreitete sich in rasender Eile, und Bernard warf Robert einen triumphierenden Blick zu. Sein Plan hatte funktioniert.
    Albertus verstand gar nichts mehr. Wer war dieser junge Mann, und was hatte der fluchtartige Aufbruch Radulfus zu bedeuten?
    „Es war Otto, der Bruder Gregor im Auftrag des Bischofs ermordet hat“, erklärte Bernard. „Radulfus muss irgendwie von Maries Heilkräften erfahren haben und wollte sie für seine eigenen Zwecke nutzen. Dazu musste er sie jedoch zunächst einmal in seiner Gewalt haben und sie seinen Wünschen gefügig machen. Deshalb ließ er sie entführen und in ein Verlies im Bischofspalast bringen. Doch Bruder Gregor war ihm, ebenso wie mein Freund Robert de Forez, auf die Schliche gekommen. Darum ließ der Bischof Bruder Gregor töten und meinen Freund, der ihm entkommen war, verfolgen.“
    Er trat zum Mann im dunklen Umhang und streifte ihm die Kapuze vom Kopf. Robert sah einen Mann, den er noch nie zuvor gesehen hatte.
    „Otto ist tot, was Radulfus nur ahnen, jedoch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit wissen konnte. Ich habe zu einer List gegriffen, um ihn zu überführen“, fügte er stolz hinzu und drückte dem Mann ein Silberstück in die Hand. „Ich danke dir für deine Hilfe, du kannst jetzt gehen“, sagte er.
    Albertus gab sich zähneknirschend geschlagen. Auf seinen Wink hin wurden Roberts Fesseln gelöst. Glücklich trat er neben Marie und drückte zärtlich ihre Hand. Auf ein Zeichen des Königs setzten sich die königlichen Wachen in Bewegung und machten Ludwig, gefolgt von Robert und Marie, energisch den Weg zu einem der Ausgänge frei. Vor der Kathedrale angelangt, wurden sie sofort wieder von Neugierigen umringt.
    König Ludwig sah lächelnd auf Marie hinunter. Er wirkte gelöst, beinahe fröhlich, was sein Begleiter Joinville verwundert zur Kenntnis nahm. Seit dem Kreuzzug hatte er ihn kein einziges Mal mehr so voller Schwung und Heiterkeit gesehen.
    „Gott hat unsere Wege ein zweites Mal zusammengeführt.“ Er nahm ihre Hand und steckte ihr den kostbaren Rubinring, den ihm Roberts Bote überbracht hatte, vorsichtig an den Finger.
    „Er gehört Euch, und wenn Ihr jemals meine Hilfe braucht, zögert nicht, ihn mir ein weiteres Mal zukommen zu lassen.“
    „Ich danke Euch, Sire.“ Marie verneigte sich tief und sah ihm nach, als er sich nach diesen Worten umwandte und mit weit ausholenden Schritten auf die wartenden Pferde zuging.
    Am Goldenen Tor angelangt, wandte sich König Ludwig noch einmal um und winkte ihr ein letztes Mal zu.
    Robert legte seinen Arm um Marie und zog sie näher zu sich heran. „Wir haben es geschafft. Mit des Königs und unserer Freunde Hilfe hat sich doch noch alles zum Guten gewendet“, sagte er glücklich. „Nun lasst uns nach Hause reiten und mit Gottes Hilfe unser gemeinsames Leben beginnen.“ Und so brachen sie nur wenig später auf und ritten
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