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Die blonde Geisha

Die blonde Geisha

Titel: Die blonde Geisha
Autoren: Jina Bacarr
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meine Tochter. Ich konnte es dir vorher nicht sagen, aber ich habe einen mächtigen Feind in Japan, der mir großen Schaden zufügen will.”
    “Warum sollte dir irgendjemand Schaden zufügen wollen?”
    Ich spielte mit dem löchrigen Finger meines Handschuhs und zerriss ihn vollends, konnte nicht anders. Ich machte mir Sorgen um meinen Vater, furchtbare Sorgen. Der nagende Schmerz machte mir deutlich, dass es Schlimmeres gab, als ins Kloster geschickt zu werden.
    “Wenn du es unbedingt wissen willst, Kathlene, eine schreckliche Tragödie hat sich ereignet”, sagte mein Vater, seine Stimme war vom Regen gedämpft. Die Worte trafen direkt in mein Herz, ich konnte die Pein aus seiner Stimme heraushören.
    “Was meinst du damit?” wagte ich zu fragen.
    “Ein Mann hat das verloren, was ihm am liebsten ist und glaubt, ich hätte daran Schuld.” Mein Vater sah sich im Bahnhof um, sein Blick erfasste jeden Winkel. “Das ist alles, was ich dir sagen kann.”
    “Was könntest
du
denn getan haben …”
    “Sprich nicht über Dinge, die dich nichts angehen, Kathlene. Für die du zu jung bist.” Mein Vater blickte mich nicht an, sondern suchte nach dem verborgenen Feind. Er hielt meine Hand so fest, dass ich fürchtete, meine Knochen würden brechen.
    “Du tust mir weh, Vater. Bitte …” Meine Augen füllten sich mit Tränen. Nicht aus Schmerz, sondern aus Angst um die Sicherheit meines Vaters.
    “Tut mir leid, Kathlene.” Er lockerte seinen Griff. “Das war nicht meine Absicht.”
    “Ich weiß”, sagte ich verzagt, doch der Schmerz in meinem Herzen ließ nicht nach.
    Vater fuhr fort, sich umzublicken, und als er sicher war, dass außer dem alten Stationsvorsteher niemand auf dem Bahnsteig war, ging er schnell weiter.
    Ich machte einen großen Satz, um mit den Schritten meines Vaters mithalten zu können. Er glich einem trauernden Samurai. Während er hastig über den Bahnsteig lief, hielt er den Kopf gesenkt, damit niemand sein Gesicht erblicken konnte.
    Das sah meinem Vater gar nicht ähnlich. Edward Mallory war ein Riese, der alle anderen überragte. Er hatte eine dröhnende, tragende Stimme – und dies in einem Land, in dem die Stimmen so sanft wie in Seidenstrümpfe gehüllte Füße waren.
    Außerdem war mein Vater starrsinnig und streng, und er verstand mich nicht. Wie sollte er auch? Ich sah ihn nicht so oft, wie ich es mir gewünscht hätte. Er arbeitete für eine amerikanische Bank, was er stolz jedem erzählte, der danach fragte. Die Engländer hatten die erste Eisenbahnstrecke gebaut, und mein Vater musste hart schuften, um mit der Konkurrenz Schritt zu halten. Jeden Tag eröffneten ausländische Banken neue Filialen, um in die Eisenbahnstrecken zu investieren, die sich über die Insel ausbreiteten. Tagelang war er unterwegs, um Beamte der japanischen Regierung zu treffen und eine Tasse Tee nach der anderen mit ihnen zu trinken. Manchmal trank er mit mir diesen schäumenden grünen Tee, der in meinem Mund kitzelte und mich kichern ließ. Doch mein Vater blieb ernst. Ich bezweifelte, dass er jemals lachte.
    “Bleib dicht hinter mir, Kathlene”, befahl Vater mit strenger Stimme. “Der Prinz hat seine teuflischen Helfer überall.”
    “Der
Prinz?”
Meine Neugier war nun geweckt. Ich wusste zwar, dass mein Vater viele Gespräche mit ausländischen Ministern und anderen Würdenträgern führte, aber mit einem Prinzen? Mein Herz schlug schneller, meine Augen glühten auf, trübten sich aber wieder, als ich spürte, wie der Köper meines Vaters sich versteifte, seine Hand den Regenschirm fester packte.
    “Vergiss, was ich über den Prinz gesagt habe, Kathlene. Je weniger du weißt, desto besser.”
    Ich hatte keine Zeit, mich zu fragen, wovon er sprach. Mein Magen hüpfte, als ich sah, wie ein junger Mann, der eine Rikscha zog, aus der schimmernden Dunkelheit einer engen Straße gerannt kam.
    Mein Vater schien erfreut, sehr erfreut, ihn zu sehen.
    Ich war es auch.
    Im Gegensatz zu den anderen Rikschafahrern, die bei Regen einen Umhang aus geöltem Papier trugen, war dieser hier fast nackt. Er entblößte sein muskulöses Fleisch auf erfreuliche Weise, als ob es ihm gefiele, seinen kräftigen Körper den Regengöttinnen zu zeigen. Ich stellte mir vor, ein Regentropfen zu sein, der auf seinen Lippen landete und die Süße seines Kusses spürte. Ich kicherte. Küssen war für Japaner
sehr
ungezogen, eine Vertraulichkeit, die selten ausgetauscht wurde und deren Freuden ich nicht nur deshalb unbedingt
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