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Monty Vampir

Monty Vampir

Titel: Monty Vampir
Autoren: Grit Poppe
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Monty Vampir fliegt allein los
    Als Monty in seinem Sarg erwachte und den Deckel ein Stück beiseiteschob, starrte ein großes, gelbes Auge auf ihn hinab.
    Erschrocken blinzelte er. War das etwa die Sonne? Sein Herz klopfte plötzlich in einem flatternden Fledermausflügelschlagtakt.
    »Der Mond«, flüsterte der Vampirjunge, als wollte er sich selbst beruhigen. »Es ist doch nur der Mond!«
    Wie hell und rund er heute schien! Trotz der dicken Spinnweben vor den Fensterscheiben strahlte das Licht beinahe grell auf Monty hinunter.
    Dann fiel es ihm wieder ein: Heute sollte es passieren! In dieserNacht würde er zum ersten Mal einen Menschen beißen! Er schüttelte sich. Allein die Vorstellung gruselte ihn schrecklich. Vielleicht war er ja nicht normal? Für jeden Vampir war dieser erste Biss eine besondere Ehre. Aber Monty mochte Blut nun mal nicht besonders.

    Am liebsten trank er roten Saft – Traubensaft, Kirschsaft oder auch Tomatensaft. Ganz egal, Hauptsache Saft und Hauptsache rot. Sogar die klein gehackte Blutwurst, die seine Mutter ihm ab und zu in seinen Mitternachtshimbeersirup kippte, verabscheute er. Meist fischte er die Stückchen heimlich heraus und ließ sie einfach unter den Tisch fallen oder er verfütterte sie an die Ratte seines Bruders.
    Seufzend schob sich Monty aus seinem Sarg und starrte zu den Särgen seiner Eltern es passieren! In dieserhinüber. Nichts rührte sich dort. Seine Eltern schliefen noch. Wie merkwürdig! Eigentlich waren sie immer hellwach, sobald die Sonne unterging.
    Die Einzige, die ihn begrüßte, war Taranta, seine Vogelspinne. Sie krabbelte an ihm hinauf, setzte sich vertrauensvoll auf seine Schulter und kitzelte ihn mit ihren haarigen Beinen am Hals.
    Monty kicherte. Er kicherte immer, wenn seine Spinne ihn kitzelte. Sogar wenn er so nervös war wie jetzt.
    Gedankenverloren streichelte er ihre Borsten, die sich samtweich und warm anfühlten, fast wie Fell. Dass sich Taranta so verhielt, als wäre dies eine ganz normale Nacht, beruhigte ihn ein bisschen. Trotzdem setzte er sie in ihr Gespinst zurück.

    »Heute hab ich leider keine Zeit für dich«, murmelte er.Zögernd näherte er sich der Ruhestätte seiner Mutter und lauschte. Er hörte ein Seufzen oder auch ein Stöhnen. Also war sie doch schon wach. Warum kam sie dann nicht heraus? Sollte er klopfen? Oder nachsehen? Besser nicht. Vielleicht hatte er ja Glück und seine Eltern verschliefen die Nacht der Nächte.

    Heute war Vollmond, aber das war eigentlich nichts Besonderes. Doch genau um Mitternacht sollte es eine totale Mondfinsternis geben. Und in einer alten Vampirlegende hieß es, dass dieser Augenblick der einzig richtige war für den ersten Biss.
    Monty breitete seinen Umhang aus und flatterte ein Stück in die Höhe.
    Aus dem Sarg seines Vaters kam ein ärgerliches Brummen. Der Deckel hob sich ein Stück und fiel gleich wieder zu. Was war hier bloß los?

    Ratlos flog Monty in den Nachbarraum.
    Die Seemannskiste seines Bruders Moreno stand sperrangelweit offen. Also war er wohl schon losgezogen. Oder er hatte den Tag nicht zu Hause verbracht. Sie lebten hier in einer alten stillgelegten Sargfabrik, und es gab jede Menge Särge, die sie nutzen konnten. Aber sein Bruder hatte seinen eigenen Kopf. Seit einiger Zeit schlief er in einer riesigen Seemannskiste, die doppelt so groß war wie ein normaler Sarg und angeblich einer üblen Piratenmannschaft gehört hatte. In ihr war jede Menge Platz für Morenos Musikanlage, seinen Laptop und vor allem für seine vielen Markenklamotten.
    Moreno war seit hundertfünfzig Jahren sechzehn und er versuchte immer, mit der Mode zu gehen, wie ihre Mutter das nannte. Er trug nur edle Vampirmarken, Bloody natürlich und Drako , und in seiner Freizeit chattete er im Internet mit Vampiren aus der ganzen Welt über die neuesten Trends. Die Seemannskiste war wahrscheinlich auch so eine Internet-Idee.

    Neuerdings hatte Moreno sogar eine Freundin. Monty kannte sie nicht. Er wusste nur, dass sie eine Werwölfin war, also ein Menschenmädchen, das sich in Vollmondnächten in einen Wolf verwandelte. Eine solche Freundin war selbst füreinen Vampir nicht ganz ungefährlich, aber es hatte gar keinen Sinn, seinen Bruder zu warnen. Seine Mutter hatte es schon oft genug versucht. Moreno ließ sich nichts sagen, von niemandem. Außerdem liebte er das Werwolfmädchen ganz schrecklich.

    Als Nächstes sauste Monty hinab in das finstere Kellergewölbe seines Großvaters. Sein Sarg war ebenfalls
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