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Die Bienenkönigin

Titel: Die Bienenkönigin
Autoren: Aufbau
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Deutsch: Bienenkönigin – ist eine Reverenz an die Vorstellung, dass weibliche Sinnenlust den
     Männern den Tod bringe: Wenn sich im Tierreich eine Bienenkönigin auf »Hochzeitsflug« begibt, müssen sich bis zu zwanzig Drohnen,
     d. h. männliche Bienen, mit ihr paaren – und bei der Kopulation einen elenden Tod sterben.
    Gloria Vanderbilt versteht es jedoch, das derart zitierte, so alte wie negative Frauenbild zu brechen: Eindrücklich demonstriert
     sie, dass nichts falsch daran ist, wenn eine Frau ihre Sexualität zu genießen weiß. Das beste Beispiel hierfür ist Priscilla:
     Zu Beginn ist sie das genaue Gegenteil Bees – frigide und so unexotischwohlerzogen, wie es nur geht. Auf Bees Briefe reagiert
     sie zunächst entsetzt; eine Frau wie Bee, befindet Priscilla, muss eine Chimäre, ein Mischwesen sein. Ihre Worte offenbaren,
     dass Priscilla, obwohl sie sich für modern und aufgeklärt hält, das eingangs beschriebene Frauenbild verinnerlicht hat. Doch
     ihre Abwehrhaltung bricht rasch in sich zusammen; schon bald ist Priscilla vom Gedanken an Bee regelrecht besessen. Sie wird
     ihrer Rivalin innerlich wie äußerlich immer ähnlicher, bis sie schließlich im Janus Club in einer innigen Umarmung mit Bee
     zu verschmelzen scheint. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Priscillas Verwandlung für sie, die am Anfang des Romans
     vor |128| Trauer »wie tot« war, überaus positiv ist: Bedeutsamerweise klingt der Name »Bee« wie das englische Verb »to be« – lebendig
     sein.
     
    Sadismus /Masochismus
    »Ich bin von der Natur geschaffen und ausgestattet worden mit sehr starken Sinnen und sehr starken Trieben … Die Wollust war
     mir immer die liebste von allen Freuden, ich habe sie mein ganzes Leben lang heiliggehalten.« Man könnte glauben, dass diese
     Worte Talbot Binghams Tagebuch entnommen wurden; tatsächlich stammen sie jedoch aus der Feder des berühmt-berüchtigten Marquis
     Donatien Alphonse François de Sade (1740 –1814).
    Ihm verdankt Talbots bevorzugte sexuelle Spielart ihren Namen: Die Neigung mancher Menschen, ihren Geschlechtspartner oder
     ihre Geschlechtspartnerin zum Zwecke sexueller Erregung zu beherrschen, zu erniedrigen, zu demütigen und ihm oder ihr (gewaltsam)
     Leid zuzufügen, wird als »sexueller Sadismus« bezeichnet. Zu unterscheiden ist dabei zwischen »inklinierendem« Sadismus, der
     in Einverständnis und Absprache mit einem gleichberechtigten, mündigen Partner erfolgt, und »nicht inklinierendem« Sadismus,
     der gegen den Willen und die Selbstbestimmung des Sexualpartners verstößt und als Straftat geahndet wird. In
Die Bienenkönigin
wird ausschließlich inklinierender Sadismus geschildert: Wenn Bee Talbot auspeitscht |129| und sein schmerzendes Gesäß anschließend mit ätzendem Essig einreibt, so tut sie es auf Talbots expliziten Wunsch hin.
    Das Gegenstück zum Sadismus ist der Masochismus, benannt nach de Sades österreichischem Schriftstellerkollegen Leopold von
     Sacher-Masoch (1836 –1895). Man spricht von »sexuellem Masochismus«, wenn es einen Menschen erregt, beim Geschlechtsakt vom
     Partner beherrscht, überwältigt oder erniedrigt zu werden. Masochisten wollen Schmerzen hinnehmen müssen, sie wollen Qualen
     erleiden als Ausdruck von Selbstaufgabe und Ohnmacht. Als Bee Talbot ungefragt einen Regelbruch gesteht und ihn anfleht, sie
     zur Strafe mit einer Haarbürste zu schlagen, offenbart sie masochistische Sehnsüchte.
    Wenn ein Mensch sowohl in der submissiven als auch in der dominanten Rolle sexuelle Befriedigung erlangen kann – in
Die Bienenkönigin
spielt Bee genussvoll mal Priscillas Herrin, mal Talbots Sklavin –, spricht man von »Sadomasochismus«. Heute wird davon ausgegangen,
     dass fünf bis zehn Prozent aller Menschen in ihrem Leben freiwillig sadomasochistische Erfahrungen machen.
    In
Die Bienenkönigin
beschreibt Gloria Vanderbilt zahlreiche Möglichkeiten, Sadomasochismus auszuleben: Unter anderem erfährt der Leser von Einschränkungen
     des Körpers (Bee träumt davon, Priscilla zu fesseln) und Einschränkungen der Wahrnehmung (Talbot verbindet Bee die Augen),
     von Demütigungen (Talbot |130| schläft vor Bees Augen mit anderen Frauen), Rollenspielen (mal ist Talbot das unartige Kind, das gezüchtigt werden muss, mal
     ist es Bee) und Fetischismus, d. h. dem Gebrauch toter Objekte als Stimuli (in einer ihrer Phantasien rammt Bee scharfkantige
     Klammern in Priscillas zarte Brustwarzen).
    Um diese und ähnliche Praktiken
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