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Die bezaubernde Arabella

Die bezaubernde Arabella

Titel: Die bezaubernde Arabella
Autoren: Georgette Heyer
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und da er vielleicht den Pferden Ruhe gönnen wollte, erlaubte sie ihm, ihr aus dem Wagen zu helfen. Allem Anschein nach standen sie vor einem ziemlich großen Gebäude, doch waren nirgends die willkommbietenden Lichter zu sehen, die man an einem Postgasthof gewöhnt war, auch war der Wagen in keinen Hof eingefahren. Am Ende einer breiten Steintreppe ging ein großes Tor auf, und eine Lichtflut aus dem Innern zeigte Arabella, daß sich zu beiden Seiten des Eingangs geschmackvolle Blumenbeete befanden. Bevor sie sich von der Überraschung erholt hatte, in ein Privathaus geführt zu werden, hatte Mr. Beaumaris sie in die Halle geleitet, in deren Wandleuchtern zahlreiche Kerzen brannten. Ein bejahrter Kammerdiener kam mit einer Verneigung heran und begrüßte sie. Ein livrierter, gepuderter Lakai half Mr. Beaumaris aus dem Mantel, ein anderer nahm Hut und Handschuhe entgegen.
    Arabella war wie zu Stein erstarrt. Mr. Beaumaris’ beschwichtigendes Wort, daß sie gar nicht durchzubrennen brauchten, erhielt nun eine höchst unheimliche Nebenbedeutung, und sie wandte ihm ein kummervoll blasses, verängstigtes Gesicht zu. Er lächelte ihr zu; doch bevor er den Mund auftun konnte, meldete der Kammerdiener, der Gelbe Salon wäre bereit; und eine höchst respektabel aussehende Haushälterin, die das weiße Haar in einem gestärkten Häubchen trug, erschien auf der Bildfläche und knickste vor Arabella.
    »Guten Abend, Miss! Guten Abend, Mr. Robert! Bitte, die Miss in den Salon zu führen, während ich dafür sorge, daß ihr Koffer ausgepackt wird! Im Kamin ist Feuer angemacht, die Miss muß ja ganz erfroren sein, nach einer Fahrt zu so später Stunde. Geben Sie mir Ihren Mantel, Miss! Ich bringe Ihnen gleich ein Glas heiße Milch: sicher mögen Sie das gern.«
    Die Aussicht auf ein Glas heiße Milch, das sich der Schreckensvision von Entführung und Gewalt nicht recht einfügen wollte, beruhigte Arabella ein wenig. Einer der Lakaien hatte im Hintergrund der Halle eine Tür geöffnet. Mr. Beaumaris ergriff ihre zitternde, eisige kleine Hand und sagte: »Ich möchte Sie mit Mrs. Watchet, die eine meiner ältesten Freundinnen ist, bekannt machen, Liebste. In der Tat war sie eine meiner frühesten Verbündeten.«
    »Nun, nun, Master Robert! Gewiß freue ich mich, Sie hier zu sehen, Miss – und erlauben Sie nur keinesfalls, daß Master Robert Sie noch lange aufhält: es ist Zeit, schlafen zu gehen.«
    Die Besorgnis, Master Robert könnte andere Absichten hegen, entwich in weitere Ferne. Arabella lächelte schwach, äußerte mit scheuer Stimme ein paar Worte und ließ zu, daß sie in einen eleganten, behaglich erwärmten Salon geführt wurde.
    Die Tür war kaum hinter ihnen geschlossen, als Mister Beaumaris einladend einen Stuhl heranrückte und sagte: »Setzen Sie sich, Miss Tallant. Ich bin von Herzen froh, daß Sie von dem Gedanken abgekommen sind, mit mir durchzubrennen. Um Ihnen die volle Wahrheit zu sagen, es gibt zumindest einen Umstand, der mir den Gedanken verleidet, mit Ihnen bis nach Schottland zu fahren – eine Reise, die vermutlich sechs oder sieben Tage dauern würde, bevor wir nach London zurückkämen.«
    »Oh«, sagte Arabella und ließ sich scheu auf der Kante des Stuhls nieder.
    »Ja«, sagte Beaumaris. »Ulysses.«
    Sie sah ihn aus großen Augen an. »Ulysses?« wiederholte sie verständnislos.
    »Der Hund, den Sie so gütig waren, mir anzuvertrauen«, erklärte er. »Unglücklicherweise hat er eine so betonte Vorliebe für meine Gesellschaft, daß er zu Haut und Knochen abmagert, wenn ich ihn mehr als eine Nacht allein lasse. Anderseits war es doch schwer, ihn zur Entführung mitzunehmen, denn ich konnte bei bestem Willen keinen Präzedenzfall finden, daß jemand einen Hund zu einer solchen Gelegenheit mitgebracht hätte, und gerade in solchen Momenten möchte man doch nicht gegen die Sitten verstoßen.«
    Jetzt ging die Tür auf, und Mrs. Watchet tauchte mit einem dampfenden Glas Milch auf einem silbernen Tablett auf. Sie stellte die Milch und eine Schüssel Makronen auf ein Tischchen in Arabellas Reichweite und sagte, wenn Arabella die Milch getrunken und Master Robert gute Nacht gesagt hätte, würde sie in ihr Zimmer hinaufgeleitet werden. Mit einem etwas strengen Unterton richtete sie an Mr. Beaumaris die Bitte, die Miss nicht allzulang aufzuhalten, und zog sich wieder zurück.
    Als sie wieder allein waren, fragte Arabella ratlos: »Was ist das für ein Haus, in das Sie mich hier bringen?«
    »Ich habe Sie
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