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Die bezaubernde Arabella

Die bezaubernde Arabella

Titel: Die bezaubernde Arabella
Autoren: Georgette Heyer
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die Jalousien hochzog. Und auch dieser Tag war mit gesellschaftlichen Verpflichtungen vollgestopft zum Bersten: so ergab es sich, daß Arabella sich bereits für Mr. Beaumaris’ Gesellschaft in den Vauxhall Gardens ankleidete, als ihr erst richtig zum Bewußtsein kam, was mit ihr geschah.
    Unter dem Druck der Einladungen, die es auf das Haus in der Park Street herabgeregnet hatte, war Arabella bisher noch nie dazu gekommen, die berühmten Gärten zu besuchen. Sie überquerten den Fluß in kleinen Booten, betraten das Gartengelände von der Wasserseite her, und bei jeder anderen Gelegenheit hätte der Anblick, der sich ihren Augen darbot, sie entzückt. Die Gärten, deren Kolonnaden sich durch die Haine hinzogen, waren (wie Lord Bridlington sie belehrte) von nicht weniger als siebenunddreißigtausend Lämpchen erleuchtet, deren viele in anmutigen Girlanden zwischen den Säulen der Kolonnaden hingen. Das Orchester, im größten der Haine placiert, war in einem gewaltigen Kiosk untergebracht, der von tausendfältigen bunten Lichtem widerstrahlte; ein geräumiger, mit Spiegeln verkleideter Pavillon bildete den Speisesaal für jene, die sich nicht die Extraausgabe leisteten, eine der Logen zu mieten, die auf die verschiedenen Kolonnaden hinausführten; in der Rotunde wurden während der Season berühmte Konzerte veranstaltet; es gab prächtig erleuchtete Springbrunnen und unzählige verschlungene Gartenpfade, auf denen sich Verliebte nach Lust und Laune verlieren konnten.
    Mr. Beaumaris erwartete seine Gäste beim Eingang am Ufer und geleitete sie zu der Rotunde, wo schon seit acht Uhr das Konzert im Gange war. Arabella wich seinen Augen aus, warf aber einmal einen flüchtigen Blick auf sein Gesicht. Er lächelte ihr zu, doch kam es zu keinem Gespräch zwischen ihnen.
    Nachdem der erste Teil des Konzerts absolviert war, gegen zehn Uhr, läutete eine Glocke, und wer nun nicht mehr nach Musik verlangte, strömte in die Rotunde, um die Wunder der Großen Kaskade zu bestaunen. Obwohl Arabella sich des aufquellenden Schuldgefühls kaum erwehrte, konnte sie sich doch eines Ausrufs des Entzückens nicht enthalten, als sich ein dunkler Vorhang über einer Miniatur-Gartenszene erhob, die erstaunlich lebensecht einen Wasserfall, eine Mühle, eine Brücke und eine Folge von Kutschen, Lastwagen und anderen Fahrzeugen zeigte, die überwältigend naturgetreu über die Bühne gezogen wurden. Sogar das Rollen der Räder und das Rauschen des Wassers war erfindungsreich nachgeahmt, und es war wirklich nicht erstaunlich, daß manche Leute drei- und viermal nach Vauxhall pilgerten, um dieses Wunder zu bestaunen.
    Als der Vorhang wieder fiel, schlug Mr. Beaumaris seinen Gästen vor, nun lieber zu soupieren, statt auch dem zweiten Teil des Konzerts das Ohr zu leihen. Damit war man allgemein einverstanden, bahnte sich den Weg aus der Reihe, in der man Platz gefunden, und schlenderte die Kolonnaden zu der Loge hinab, die Mr. Beaumaris bestellt hatte. Diese Loge lag besonders günstig, dem Orchester im Kiosk nicht so nahe, daß es das Gespräch störte, und doch einen wundervollen Ausblick bietend. Natürlich konnte niemand Vauxhall besuchen, ohne die oblatendünnen Schinkenscheiben zu kosten, die so berühmt waren, und Arrakpunsch dazu zu trinken; zu diesen Spezialitäten des Hauses hatte Mr. Beaumaris eine Speisenfolge angeordnet, die selbst den flüchtigsten Appetit erregen mußte. Sogar Arabella, die seit Tagen an Appetitlosigkeit litt, hatte an dem spießgebratenen Huhn, das bei Tisch über einem Becken bereitet wurde, ihr Vergnügen, und ließ sich überreden, ein wenig von dem Auflauf zu nehmen. Mister Beaumaris schälte ihr eigenhändig einen Pfirsich, und da eine unmittelbar bevorstehende Entführung keine Entschuldigung bot, gegen die guten Manieren zu verstoßen, verzehrte sie auch den Pfirsich und blickte ihn scheu und sogar dankbar an. Während des Soupers äußerte sie nur Belanglosigkeiten, aber ihr Schweigen blieb im Redestrom Lord Bridlingtons unbeachtet. Er erklärte den Damen gütig den Mechanismus, der die Wunder der Großen Kaskade bewerkstelligte, gab einen Abriß der Geschichte der Vauxhall Gardens, prüfte die Berechtigung ihres Anspruchs, als Nachfolge der alten Spring Gardens bewertet zu werden, und erörterte die Traditionen, die diesen Platz mit dem Namen Guy Fawkes verknüpften. In diesen Darlegungen ließ er sich höchstens unterbrechen, wenn es unvermeidlich wurde, einen Gruß mit Bekannten zu tauschen, die gerade
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