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Die Bettelmoenche aus Atlantis

Titel: Die Bettelmoenche aus Atlantis
Autoren: Stefan Wolf
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versprochenes Seelenheil?«
    Bäumler nickte. »Du drückst es richtig aus. Der >göttliche Führer‹ verspricht zwar Seelenheil, aber das einzige Heil, das er im Auge hat, ist das seiner Geldkonten. Die Sekten- Mitglieder hingegen verkümmern zu einer Art moderner Sklaven. Viele merken sicherlich nach einiger Zeit in der Sekte, dass sie da auf dem falschen Dampfer sind. Vielleicht regt sich der Wunsch, diesem Unsinn Adieu zu sagen. Aber darauf ist der >göttliche Führer‹ natürlich vorbereitet. Dem beugt er vor, denn eine so billige Arbeitskraft ist ja Gold wert. Deshalb werden die armen Mitglieder Tag für Tag mit einer fragwürdigen Heilslehre berieselt. Eine Art Gehirnwäsche ist das. Was nicht zu der Heilslehre passt, wird aus dem Gehirn gespült. Tausendmal und mehr hämmert man dem neuen Mitglied ein, was es glauben soll. Immer wieder, bis eines Tages die erwünschte Wirkung eintritt. Dann hat der >göttliche Führer‹ seinen Arbeitssklaven fest in der Hand. Dann regt sich kein Wunsch mehr, wieder ins Elternhaus zurückzukehren. Und bis es so weit ist, sorgt eine – oft brutale – Gruppe von Unterhäuptlingen dafür, dass kein Mitglied ausschert.«
    »Das ist ja wie Kidnapping, wie Verschleppung von Menschen«, rief Gaby, mit der wieder mal ihr Temperament durchging.
    »Richtig, Gaby!« Bäumler zog die Hand aus der Tasche, sah aber nicht auf die Innenfläche – was in den vorderen Bänken leichte Unruhe auslöste. »Zusammenfassend können wir sagen: Jugendliche werden mit irgendwelchen Tricks veranlasst, ihr Elternhaus – heimlich – zu verlassen und der betreffenden Sekte beizutreten. Meistens werden sie dann sofort ins Ausland gebracht und die Polizei ist trotz eifriger Nachforschungen machtlos. Zumal sich die meisten Sekten weltweit etabliert (niedergelassen) haben. Was dann mit den Jugendlichen geschieht, habe ich ausgeführt. Fortan sind diesearmen Teufel nur noch dazu da, als bettelnde Arbeitssklaven den ›göttlichen Führer‹ reich zu machen.«
    Karl meldete sich zu Wort.
    »Aber das«, sagte er, »müsste sich doch rumsprechen. Wieso gibt es dann immer wieder Jugendliche, die sich zu einem so folgenschweren Schritt überreden lassen?«
    »Die Gründe dafür, Karl, liegen tief. Zum Teil sind sie in unser aller Lebensführung begründet. Sagen wir: in der modernen Gesellschaft. Das Streben nach materiellem ( nur auf geldlichen Gewinn und Genuss bedachten) Wohlstand hat überhand genommen. Aber das allein kann nicht der Sinn des Lebens sein. Vielmehr sollte jeder etwas finden, das ihn ausfüllt, seinem Dasein ein höheres Ziel gibt: eine Aufgabe, die den Mitmenschen nützt. Sei es als tätige Nächstenliebe, Tierschutz, Umweltschutz – oder sei es eine künstlerische Betätigung. Wobei es keine große Rolle spielt, ob das mit oder ohne Erfolg geschieht. Diese Hinwendung sollen Eltern – und wir Lehrer – allen Kindern und Jugendlichen vermitteln.Wo das unterbleibt, entsteht sozusagen eine geistige Leere. Denn dass er den richtigen Weg selbst findet, kann man nicht von jedem erwarten – vor allem nicht von so jungen Menschen, wie ihr es seid. Stellen wir uns vor, dass jemand charakterlich nicht der Stärkste ist, vielleicht auch mit seinen Eltern nicht zurechtkommt – dann kann er leicht anfällig werden für Irrwege. Für die Verführung durch Sekten.«
    Da stimmt jedes Wort, dachte Tarzan. Aber bis jetzt waren das ganz allgemeine Ausführungen. Jetzt müssen wir endlich auf Uwe Widmann zu sprechen kommen. Auf den besonderen Anlass, der uns alle angeht. Ich werd das mal anheizen.
    Er hob die Hand und Bäumler nickte ihm zu.
    »Seit einiger Zeit«, sagte Tarzan, »trifft man hier sehr häufig auf Bettelmönche. Ich las in der Zeitung, dass sie zur JAA-Sekte gehören. Das ist eine Abkürzung für ›Jünger ausAtlantis‹. In dem Bericht stand das Gleiche, das Sie eben ausführten, Herr Studienrat, und was auf diese Sekte zutrifft – mehr noch, dass die Mönche beim Betteln sehr grob, fast gewalttätig vorgehen. Manchmal wäre das wie Raub. Allerdings hätte die Polizei bisher nichts ausrichten können, weil Zeugen und Beweise fehlen.«
    »Auf diese Bettelmönche aus Atlantis will ich hinaus«, sagte Bäumler. »Gut, Tarzan, dass du über ihre Methoden sprichst. Das allein ist schlimm. Aber noch erschreckender ist, dass während des letzten Jahres fünf Jugendliche zwischen 13 und 16 aus dieser Gegend spurlos verschwunden sind. Alle fünf zeigten auffälliges Interesse für die
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