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Die Bettelmoenche aus Atlantis

Titel: Die Bettelmoenche aus Atlantis
Autoren: Stefan Wolf
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Ihr Vater war ein Großfürst, also ein Maharadscha, die Mutter eine Maharani. Die beiden leben nicht mehr, haben aber Indira ein riesiges Vermögen hinterlassen. Indira hat nun – gesinnungsmäßig – von jetzt auf sofort ihre Herkunft abgestreift. Sie denkt modern. Hat keinen Titel, keinen Schnickschnack, keine Sonderrechte. Das meiste Vermögen hat sie für wichtige Einrichtungen ihres Landes gestiftet. Ihr Leben dient der Kunst. Sie will was tun für Indien. Ich vermute, sie peilt einen Job an als Kultusministerin. Oder wenigstens als Museumsdirektorin im Tadsch Mahal, dieser einzigartigen Grabmoschee. Und das wäre dann ein Glück für den indischen Subkontinent. Also, Leute, lasst die Augen blitzen, wenn Indira von indischen Dolchen erzählt.«
    Alle grinsten. Gaby beugte sich zu Oskar hinüber, der bäuchlings auf dem Teppich lag, und befühlte seine Nase.
    »Ziemlich warm. Ich glaube, er ist ein bisschen erkältet. Besser, er bleibt hier.«
    Regendicht verpackt stürzten sich TKKG in den Verkehr der Innenstadt, wo sie auf den Radwegen ziemlich viel freie Bahn hatten. Gaby hatte ihren blausilbrigen Schutzhelm aufgesetzt, unter dem der blonde Pferdeschwanz hervorhing. Freilich – den sah man jetzt nicht. Denn über den Helm war die Regenkapuze gestülpt.
    Karl kannte Indiras Adresse, radelte dennoch in zweiter Position. In der Valleverde-Straße kamen sie an der TRATTORIA PAOLO vorbei.
    Klößchen schmatzte mit den Lippen. »Wollen wir nicht mal schnell rein? Auf ’ne Portion Spagetti und ’ne Riesenportion Tiramisu.«
    »Sei nicht so verfressen«, rief Gaby. »Außerdem ist jetzt geschlossen.«
    »Also nachher. Das haben wir uns dann verdient. Immerhin ist Paolo unser Lieblingsitaliener. Und das kann nicht jeder von sich sagen. Ich schätze Paolo. Vor allem seine Küche.«
    »Tun wir alle«, sagte Karl. »Aber wenn Emilio vorbei- schnürt, vergeht mir der Appetit.«
    Tim nickte in den Gegenwind, was aber hinter ihm niemand sah. »Paolos Kompagnon ist ein Kotzbrocken. Wenn er den Grußaugust macht, kannst du auf seinem Grinsen glatt ausrutschen.«
    »Schleimig wie eine Auster aus Neapel«, meinte Klößchen. »Liegt am verseuchten Meer. Darunter leidet die Bissfestigkeit.«
    »Deine bestimmt nicht«, rief Gaby über die Schulter. »Sogar jetzt hast du den Mund voller Schoko. Ich höre es.«
    Was so knacke, seien die Nüsse, erklärte Klößchen – und verschluckte sich heftig. Fast dass er vom Rad fiel.
    Indira wohnte im Stadtteil Blitterstetten, wo viele Reihenhäuser stehen. Die Studentin hatte das Eckhaus einesDreispänners gemietet. Mangels Garage parkte ihr BMW- Coupé am Straßenrand. Karl wies darauf hin und ließ gleich den Schlauberger raushängen.
    »Weißer Lack, grünes Verdeck, orangefarbene Ledersitze. Sagen euch die Farben was?«
    »Ich vermute«, rief Klößchen, »Indira hat grüne Augen, Lippen wie Apfelsinen und einen hellen, fast weißen Teint.«
    Karl stöhnte.
    Tim sagte: »Klößchen, orange-weiß-grün – das sind die Farben der indischen Flagge. Außerdem ist im weißen Feld ein blauer Kringel mit Goldsprossen. Ich nehme mal an, in dieser Tönung sind die Fußmatten. Zufrieden, Karl?«
    »Wusste gar nicht, dass du so fit bist in Vexillogie, Häuptling.«
    »Was ’n das?«, fragte Klößchen.
    Auch Tim hörte das Wort zum ersten Mal, kombinierte aber sofort. »Die Wissenschaft von Fahnen und Flaggen, Willi.«
    Karl bestätigte das. Dann drapierten sie ihre Bikes um einen Laternenpfahl und ketteten mit zwei Kabelschlössern alle zusammen.
    Karl klingelte. Als das Klingeln in der Eingangsdiele verhallte, war irgendwo im Haus ein Geräusch – und Tim vermeinte, den Duft von starkem, indischem Tee durch die Türritzen schnuppern zu können.
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