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90 Tage auf Bewaehrung

Titel: 90 Tage auf Bewaehrung
Autoren: Kim Fisher
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Vorwort

Warum, wieso, weshalb
    Ich war nackt. Er noch nicht ganz. Und wenn mein Hund (Ella, damals zwölf Wochen alt, ein Mopsmädchen) ihn vier Wochen zuvor nicht angepinkelt hätte, hätten wir beide mehr an. Ich definitiv! Zumindest Pyjama, Bademantel, Socken und eine Maske im Gesicht. Ich läge wahrscheinlich mit Würstchen aus dem Glas auf der Couch, und mit einer Freundin am Handy würde ich stumpf eine so genannte Romantikkomödie auf Sat1 verfolgen. Immer das Gleiche: Blonde Hauptdarstellerin, leicht verhuscht, ungerechterweise vor riesigen Problemen stehend. Gegelter Held, verantwortlich für den ganzen Mist, löst all diese Probleme, gewinnt dadurch ihre Liebe. Nach anderthalb Stunden wäre mein Ausflug in die große Gefühlswelt der Liebe hart und unbarmherzig beendet worden. Der erlösende Kuss, Happyend und - Werbung: Zahnpasta oder Nudelgerichte für die ganze Familie.
    Warum eigentlich hören diese Filme immer dann auf, wenn es erst wirklich interessant wird? Es gibt Ratgeber über den Frust der Single-Frauen, und es gibt traumhafte Liebesgeschichten. Aber es gibt kein Buch über die Zeit, in der die Liebe laufen lernt...
    Genau jetzt hätte ich so eine Anleitung aber wirklich gut gebrauchen können. So als eine Art »how to do« - wie stelle
ich mich in den ersten Tagen als plötzlich neues Mitglied einer Beziehung an? Wie gebe ich mich möglichst natürlich? Ohne Verklemmung, Verkrampfung, Verspannung? Die ersten drei Monate einer neuen Beziehung sind für viele Frauen die schönsten Momente. Aber für eine nervöse Frau wie mich sind diese Monate die stressigste Zeit ihres Lebens!
    Es war schon immer so. Schon in der Schule. Meine Mutter fragte sich stets besorgt, was für ein Mann-Frau-Bild mir meine Eltern vorgelebt haben müssen, dass ich kurz vor einem Date lieber auf’m Klo geblieben wäre, als mich mit Michael Z. an der Bushaltestelle gegenüber von C&A zu treffen. Ich konnte tagelang nichts essen, weil ich einfach keine Zeit dafür hatte. Schließlich musste ich überlegen, was ich anziehen sollte. Und machen wir uns nichts vor, in den Achtzigern sah man einfach scheiße aus. Als Pubertierende schon mal sowieso. Stulpen über Röhrenjeans, Pullover Größe XXL und gebatikte Tücher eng um den Hals gewürgt. Wo blieb da eigentlich die zarte, aufkeimende Sinnlichkeit auf dem Weg vom Mädchen zur Frau? Bei mir blieb sie in der Dauerwelle oder in meinen Blechohrringen stecken, die als Stoppschild in meinen entzündeten Ohrläppchen hingen. Kein H&M, kein Mango, keine Zara. Stattdessen Jean Pascal, Witboy und C&A. Genau.
    Auf gar keinen Fall durfte ich jetzt an Michael Z. denken. Hier ging es nicht um den ersten Kuss mit Zahnspange, in der noch Teile vom Negerkussbrötchen hingen, hier ging es um die erste Nacht. Um meine Zukunft. Und um die von Ella. Wird er es sein, der ihr morgens das trockene, langweilige Futter mit den Worten »Danke, du Pissflitsche, für damals« in den Blechnapf wirft?
    Werde ich ihm jemals anvertrauen, wie wenig authentisch ich war? Wie raffiniert ich an den Dingen und Situationen
geschraubt habe, die ihm dann so wahnsinnig natürlich erscheinen sollten? Wenn ich allein an die Vorbereitungen in meiner Wohnung vor seiner ersten Nacht bei mir denke …
    Wie bereiten Sie sich vor? Gehören Sie zu den lässigen Frauen, die jetzt über mich lachen, weil sie jederzeit überraschend Besuch bekommen können? Deren Wohnung immer die jeweils richtige Atmosphäre ausstrahlt? Lichtstimmung, Wahl der Musik, Fülle des Kühlschranks, alles unter Kontrolle? Klopapier, frische Handtücher, richtige Temperatur für die richtigen Getränke? Alles im Griff?
    Ehrlich gesagt, gehöre ich da wohl eher zu den verhuschten blonden Protagonistinnen einer Romantikkomödie. Verwirrt und bereit für jede peinliche Situation.

1. Monat

Die erste Nacht

    Ich war perfekt getarnt. Die Jacke saß, die Hose hatte ein Vermögen gekostet, na ja, und die Unterwäsche... Aber so weit waren wir nicht. Noch nicht. Ich hoffte, er würde mich nicht gleich ausziehen. Das Bild war einfach zu perfekt. Ich trug sogar sündhaft teure, halterlose Strümpfe.
    Wir küssten uns. Mir brach der Schweiß aus: Allerdings nur vordergründig aus Leidenschaft. Vielmehr beschäftigte mich die Frage, wie kann verdammt noch mal eine einzige blöde kleine Kerze sooo viel Licht machen? Ein bisschen weiter noch, und die Tarnung würde fallen. Ich dachte an meine Oberweite - 80 C. Ich dachte an die Erdanziehungskraft, und er fummelte
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