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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung
Autoren: Erik Kellen
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Netz um sie zu weben, damit sie nicht den Mut verlor, denn das war das Entscheidende, was sie jetzt brauchte.
    Ein einziger Atemzug hielt ihn auf. Der nächste Schritt verharrte in der Luft, weil Dahis Ohren lauschten, aus seinem Rücken, wobei sie sich an Nilah vorbeischlängeln musste. Auch er nahm ein Rascheln wahr. Dann fing die Wölfin in ihm an zu knurren, und auf einmal schoss ein Ring aus dunklen Säulen aus dem Waldboden und zeichnete sich vor den Stämmen der weißen Birken ab, wie eine Wand aus Schatten. Erdtrolle!
    Akkosh nahm sofort Nilah in Schutz und überzog sie mit seiner Rinde. Liran erhob das Schwert und blieb ruhig stehen, setzte den Fuß langsam wieder auf. Er zählte mit einem kurzen Kopfwenden neun Erdtrolle, die ihn umkreist hatten. Alle hatten Äxte oder Fürchterlicheres in den geschlossenen Fäusten, Helme auf den Häuptern, die ihre Gesichter bis auf die Augen verbargen, und sie hatten Schilde, längliche, römische Schilde, die sie wie eine Umzäunung benutzten und um ihn herum gestellt hatten. Bis auf einen! Dieser stand einfach nur da.
    «Eine Nachricht aus deiner Heimat!», sagte eine erstaunlich weibliche Stimme.
    Eine kurze Bewegung und etwas landete mit einem dumpfen Aufschlag vor dem Krieger auf dem von Laub bedeckten Boden.
    Er erkannte es sofort! Der Krieger schwieg, presste die Lippen aufeinander. Auf dem Boden vor ihm lag sein Dolch, den er vor dem Cottage verloren hatte. Beim Kampf mit den Erdtrollen. Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, doch nur einer war wirklich wichtig – Nilah.
    Der Erdtroll machte einen weiteren bedächtigen Schritt in den Kreis.
    «Es ist lange her. Sehr lang. Du bist über unsere Tunnel gewandert, Du und Deine Mutter. Wir haben den Klang Deiner Schritte nicht vergessen.»
    Liran erwiderte nichts.
    Der Erdtroll machte noch einen Schritt nach vorn. Liran roch die muffige, feuchte und torfige Erde wie eine wilde Brise um sich herum. Doch nichts war so stark wie Nilahs Körper auf seinem Rücken. Er hob das Gladius noch ein wenig drohender als er es ohnehin schon tat, um zu zeigen, was er tun konnte, wenn er es nur wollte.
    «Ein Fian mit einem römischen Schwert! Wie zweischneidig doch so eine Klinge sein kann, oder?»
    Er gab keine Antwort. Noch ein weiterer Schritt auf ihn zu und jetzt konnte er sogar den Atem riechen, die Stärke und Entschlossenheit.
    Der Troll war fast gänzlich schwarz. Die Erde sah feucht und lebendig aus. Die Augen blickten wie dunkle, nasse Kiesel. Aus feinen Wurzeln geflochten, lag ein langer Umhang um ihn herum, kunstvoll mit wilden Knotenmustern und eingewebten Fetischen, wie Knochen, vergilbten Münzen und bearbeiteten flachen Steinen, auf denen Zeichen geritzt waren. Stand er etwa vor einer der seltenen Trollschamanin?
    «Nun, Ihr habt auch einiges, das sicher einmal zu einer Legion gehört hat», sagte Liran endlich und senkte das Schwert, als Zeichen dafür, dass Reden vielleicht besser war, als sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.
    «Eine alte Schlacht im Teutoburger Wald lief nicht besonders vorteilhaft für die Römer. Es bescherte uns eine reichliche Beute.» Der Troll machte noch einen Schritt auf ihn zu. Liran glaubte, sogar Spott aus dieser Antwort gehört zu haben, was nun nicht wirklich ein Wesenszug der Trolle war. Jedenfalls der ihm bekannten Trolle. Was hatte dieser Auftritt zu bedeuten?
    «Du hast es vergessen, nicht wahr?»
    «Vergessen? Was?»
    «Wer du bist, Fian. Doch ich sehe, dafür ist jetzt keine Zeit. Sie wird noch kommen.»
    Sie deutete mit einem Wink auf Nilah. «Ihr Vater hat einst etwas gesehen, das er nicht hätte sehen sollen, und er hat es in einem schwarzen Auge mit sich genommen.» Die Trollschamanin senkte die Stimme, als wollte sie sichergehen, dass der Krieger ihr auch gut zuhörte.
    «Wir wissen, dass er zurück ist und auch, warum. Die Schöpfung atmet nicht länger im Gleichklang. Die Zeichen sind nicht gut, schon seit sehr vielen Gezeiten nicht mehr. Wir spüren das, denn wir leben in ihrer Haut. Wir wissen, wen Du da so inbrünstig verteidigst. Du hast nicht mehr viel Zeit. Kehre zurück, Fian, gehe zu dem Land, auf dem Du selbst jetzt in diesem Augenblick stehst.»
    Liran sah zu seinen Füßen hinunter. Nach Hause? Das war nicht mehr sein zu Hause. Es war nur noch eine Insel, die zufällig am gleichen Ort lag, wo er sie verlassen hatte. Und er hasste es, wenn die so genannten Weisen immerzu in Rätseln sprachen, sich in Andeutungen verloren, anstatt einfach mal zu
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