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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin
Autoren: Susanne Kliem
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stellte ihr Glas ab und stand betreten da.
    Â»Es ist ziemlich viel schiefgelaufen in den letzten Wochen«, sagte ich zu allen. »Zu viel, um es mit einem Schlückchen Sekt herunterzuspülen. Zu viel, um zu sagen: Schwamm drüber, machen wir einfach weiter wie vorher, Vanessa Ott ist ja an allem schuld. Sosehr ich auch auf Harmonie stehe, leider kann ich das nicht sagen. Sicher, sie hat uns manipuliert, uns belogen. Wir hatten Angst um unsere Jobs. Aber wir sind deshalb nicht schuldlos. Keiner von uns. Und darüber sollten wir erst mal nachdenken, bevor wir zur Tagesordnung übergehen.«
    Betretene, bestürzte Gesichter. Nur Sven deutete ein Nicken an. Ich musste raus hier, allein sein und nachdenken. Ich entschuldigte mich mit Kopfschmerzen und holte mein Auto aus der Tiefgarage. Ich fuhr ein Stück, ohne zu wissen, wohin, und hielt dann in einer Parklücke. Ich rief Mark Winter an.
    Â»Haben Sie etwas von Vanessa Ott gehört?«
    Â»Nur, dass sie weiterhin krankgemeldet ist.«
    Ich erzählte ihm, was ich von Lehner über ihre Kündigung erfahren hatte.
    Â»Das war abzusehen«, sagte Mark Winter mit müder Stimme. »Ich sollte mich freuen, damit ist meine Beförderung gesichert.«
    Â»Was glauben Sie, was sie jetzt macht?«, fragte ich.
    Â»Ich weiß nicht mal, wo sie ist. Gestern Abend hab ich bei ihr zu Hause geklingelt, aber sie hat nicht geöffnet und es brannte kein Licht. Ans Handy geht sie auch nicht.« Er zögerte. »Das Merkwürdige ist, Helmut Eichstätt ist auch nirgendwo erreichbar.«
    Ich probierte Eichstätts Nummern selbst noch einmal, ohne Ergebnis. Seine Vorzimmerdame wimmelte mich mit der Auskunft ab, er werde den Rest des Tages nicht im Büro erwartet.
    Ich fuhr nach Zehlendorf. Während ich mich seinem Haus näherte, wurde mir bewusst, dass ich nach Vanessa Otts weißem Alfa Romeo Ausschau hielt. Er war nirgendwo zu sehen. Aber Eichstätts Porsche stand vor der Garage. Ich parkte und stieg aus.
    Monoton röhrte ein Rasenmäher in der Nähe. Ich ging zur Tür und klingelte. Es rührte sich nichts. Ich klingelte ein zweites Mal und wartete. Der Mäher verstummte. Vor dem Nachbarhaus tauchte ein Mann in grünem Overall auf und stellte Grassäcke vor die Garage. Misstrauisch sah er zu mir herüber. Das war keine Gegend, in der man zu lange vor einer Villa herumstehen sollte. Vermutlich holte gleich irgendein Nachbar die Polizei. Unschlüssig wandte ich mich um. Da hörte ich ein Geräusch aus Eichstätts Garten. Die Katze. Sie musste hinter dem Haus sein. Ihr Miauen klang anders als gestern, wie lautes, verzweifeltes Wehklagen. Der Ton alarmierte mich.
    Ich ging über den Weg aus Natursteinplatten am Haus entlang und blickte in den Garten.
    Eichstätt saß im Businessanzug mit Krawatte und blank polierten Schuhen auf einer Bank am Rand der Wiese. Er hatte das Gesicht in den Händen verborgen. Die Katze umkreiste den Pool und stieß dabei ihre verzweifelten Schreie aus.
    Â»Herr Eichstätt?«
    Er reagierte nicht. Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu, näherte mich auch der Katze. Sie fauchte mir entgegen. Im Pool sah ich etwas Dunkles schimmern. Ich beugte mich über den Rand. Die Katzenjungen lagen dort auf dem Grund, nasse, schwarze, tote Fellhäufchen. Ein Windhauch kräuselte die Wasseroberfläche und verwischte ihre Konturen.
    Â»Herr Eichstätt!«
    Er hob den Kopf. Als er mich sah, straffte er die Schultern.
    Â»Sie war schneller als ich«, sagte er langsam. »Ich bin ins Büro gefahren, aber ich hatte ein schlechtes Gefühl. Die Kellertür war nur angelehnt, damit die Kätzchen nach draußen können. Normalerweise schlafen sie um die Zeit. Sie muss sie rausgelockt haben.«
    Ich schwieg betroffen, versuchte die Bilder zu verdrängen, die mich überfielen. Die Kätzchen im Wasser, wie sie mit ihren Pfoten ruderten, bis die Kraft sie verließ.
    Â»Haben Sie Vanessa Ott gestern noch mal gesehen?«
    Â»Ja, sie kam zu unserem Treffpunkt. Ein Hotel in Charlottenburg. Ich habe ihr gesagt, dass ich sie kündigen muss. Habe ihr ein erstklassiges Zeugnis versprochen, mit dem sie bei anderen Unternehmensberatungen mit Handkuss genommen wird. Ich habe sie angefleht, es dabei zu belassen. Ruhe zu geben. Sie hat gesagt, ich würde bald mehr Ruhe haben, als mir lieb ist.« Er schüttelte den Kopf. »Inga wird heute aus der Klinik
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