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Die Beschützerin

Die Beschützerin

Titel: Die Beschützerin
Autoren: Susanne Kliem
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und Stuhlgruppen, aber auch Truhen, Kommoden und Sofas aller Stilrichtungen warteten hier darauf, restauriert zu werden. Durch Spinnweben und Staub an den Fensterscheiben fiel diffuses Licht auf eine Welt ganz in Braun. Der Holzboden, die Werkbänke und Maschinen, die hölzernen Möbel, alles war bedeckt von einer Schicht aus Sägemehl, und der Anblick erinnerte mich an ein vergilbtes Bild auf einer alten Postkarte.
    Ich hörte ein Rascheln in meinem Rücken und drehte mich um. Gregor stand in der Tür, das Haar verstrubbelt, er hatte sich eine Boxershorts angezogen.
    Â»Hab ich dich geweckt?«, fragte ich.
    Â»Ich konnte sowieso nicht mehr schlafen. Es ist einfach zu warm.« Er kam zu mir und küsste mich in die Halsbeuge. »Was hast du mit deinen Haaren gemacht?«
    Ich kontrollierte mit der Hand die Hochsteckfrisur, die ich zum ersten Mal ausprobiert hatte. Sonst trug ich mein rotblondes Haar meist offen, oder ich band ein buntes Tuch hinein. »Gefällt es dir?«
    Er betrachtete mich. »Sieht ja sehr seriös aus. Aber man kommt besser an deine Pfirsichhaut heran. Lass mich nochmal probieren.« Seine Lippen wanderten über meinen Nacken und meinen Hals. »Klasse, die Frisur.« Er blickte auf. »Ist es gestern spät geworden?«
    Â»Nicht sehr. Vielleicht halb zwei? Ich hab mir ein Taxi genommen.«
    Â»Und? Wie lief die Preisverleihung?«
    Er fragte das ohne besonderes Interesse. Als Event-Managerin beim Fernsehsender Alfa.Sat musste ich häufig zu Abendveranstaltungen, die meine Abteilung organisiert hatte. Gregor hatte fast nie Lust mitzukommen. Er mochte die Atmosphäre im Sender nicht. »Die sind doch alle überspannt in deiner Glamour-Glitzer-Fernsehwelt«, war seine Meinung. Das letzte Mal begleitet hatte er mich zur internen Weihnachtsparty. Dort war er allen aufgefallen, besonders die Kolleginnen waren von ihm fasziniert. Er besaß nichts von der aufgeregten Geschäftigkeit und manchmal künstlichen Fröhlichkeit, die wir bei Alfa.Sat an den Tag legten, sondern strahlte coole Gelassenheit aus.
    Â»Es lief gut. Jörg hat wunderbar moderiert. Wir haben hinterher noch einen Sekt zusammen getrunken.«
    Gregor runzelte die Stirn. »Jörg Ermgassen? Du hast mir nicht erzählt, dass er dort ist.«
    Jörg war Moderator bei Alfa.Sat, ein bekanntes Fernsehgesicht, und er hatte eine Zeit lang vergeblich versucht, mit mir eine Affäre anzufangen. Abgesehen von meiner Beziehung zu Gregor hatte ich wenig Lust gehabt, eine seiner unzähligen Eroberungen zu sein und mein Foto in der Gala zu entdecken. Gregor schien ein bisschen eifersüchtig zu sein, und das gefiel mir. Ich stand auf und schmiegte mich an ihn. »Wärst du sonst mitgekommen, um auf mich aufzupassen?«
    Er grinste. »Nö. Gestern war Champions League.«
    Ich kniff ihn in die Hüfte, wo eine leichte Wölbung verriet, dass Gregor selbst nicht mehr so regelmäßig Sport trieb.
    Â»Du Biest.« Er biss mir spielerisch ins Ohrläppchen. »Mach mir Kaffee, ich muss noch packen.«
    Ich löste mich von ihm und ging zurück in die Küche. Meine Reisetasche stand schon an der Tür. In der letzten Zeit hatte ich viele Überstunden gemacht, und dieser Tag zu zweit erschien mir wie ein Geschenk. Wir würden segeln, dann den Anker werfen, in der Sonne liegen, baden, am Abend in einem Fischrestaurant essen und so spät wie möglich nach Berlin zurückfahren.
    Das Segelboot hatte früher meinem Vater gehört. Meine ganze Kindheit hindurch war ich mit ihm darauf gefahren, während meine Mutter sich meist geweigert hatte, mit an Bord kommen. Ihr war es zu eng und unkomfortabel, und bei stärkerem Wind bekam sie Angst. Als mein Vater vor drei Jahren an Krebs gestorben war, hatte ich das Boot zum Verkauf angeboten. Doch als sich die ersten Interessenten meldeten, merkte ich, dass ich zu sehr daran hing. Als würde ich die letzte Verbindung zu meinem Vater kappen, wenn ich sein Boot weggab.
    Gregor war im Schlafzimmer verschwunden. »Was meinst du, brauche ich einen Pullover?«, rief er durch die geöffnete Tür.
    Â»Pack lieber einen ein. Auf dem Wasser kann es frisch sein.«
    Mein Handy klingelte. Erstaunt sah ich, dass es Lucy Reeves’ Nummer war. Sie war die persönliche Referentin von Helmut Lehner, unserem Vorstand im Sender.
    Â»Hallo Janne. Tut mir leid, dich am Sonntag zu stören, aber es gibt ein
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