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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst
Autoren: Andreas Acker
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doch das dumpfe, durch Hüpfen unterbrochene
Rollen reichte ihm völlig.
    Er sprang zurück ins Zimmer,
in dem Karla auf ihn wartete, riss sie von den Füßen, verschanzte sich mit ihr
neben der Türöffnung, deckte ihren Körper mit dem seinen ab.
    Keine Sekunde später brach
ein Inferno aus, wie Daniel es noch nicht erlebt hatte. Die Explosion war so
gewaltig, dass sie sämtliche Sinne überforderte und betäubte. Der Lichtblitz,
der die Detonation begleitete, war so durchdringend, dass er sogar durch
geschlossene Lider die Netzhaut zu versengen schien. Die Eruption war ein Donnerschlag
aus der Hölle, ignorierte die vor Ohren geschlagenen Hände, suchte sich ihren
Weg durch gereizte Gehörgänge zum heillos überforderten Trommelfell, wo sie ein
schrilles Pfeifen verursachte, das die Welt verschlang. Selbst hinter ihrer
Nische spürten sie die Druckwelle wie die Faust eines Kampfroboters, der ihnen
in den Magen schlug und die Luft aus den Lungen trieb. Die Taschenlampe in
Karlas Hand löste sich auf in einem Schwall aus Glas- und Plastiksplittern.
    Daniel blickte sich im Raum
um. Das Zimmer war ja schon vorhin ein einrichtungstechnisches Desaster
gewesen, und so hatte die Handgranate nicht mehr viel Schaden anrichten können.
Sicher sah es jetzt noch schlimmer aus als vorher, Eisenstangen hatten sich aus
dem Geröll gelöst und lagen nun verstreut und verbogen auf dem Boden herum.
Doch ins Gewicht fiel das nicht. Auch die Staubwolke, die sich gebildet hatte,
und Daniel und Karla zum Husten reizte, konnte das Bild nicht großartig
verschandeln.
    Einzig Marco hatte es böse
erwischt. Daniel riskierte nur einen kurzen Blick auf den Gangster, doch das
reichte, um seinen Magen dazu zu animieren, eine Rolle rückwärts zu vollführen.
Die Stange, die sich in Marcos Kopf gegraben hatte, war durch die Druckwelle
verbogen worden. Sie hatte dabei den Kopf des Mannes so verformt, dass er jetzt
wie eine mit den Füßen gefertigte Blumenvase aussah. Sein gesamter zur Tür hin
ungeschützter Körper war eine einzige offene Wunde. Er sah aus, als hätte ihn
ein Rudel ebenso tollwütiger wie halb verhungerter Pitbulls bearbeitet. Daniel
wandte den Blick wieder ab.
    Er merkte, wie Karla unter
ihm ebenfalls den Kopf drehte, hinderte sie jedoch mit einer Hand daran. Als
sie ihn ansah, schüttelte er nur den Kopf. Sie hatte weiß Gott genug gesehen.
    Er stand auf, und obwohl
seine Knie mit Götterspeise gefüllt waren, schaffte er es, sich auf den Beinen
zu halten. Er half Karla, und auch sie stand schließlich sicher auf den Füßen.
Er war stolz auf sie. Er hätte es ihr gerne gesagt, tat es aber nicht. Erstens
hätte sie ihn sowieso nicht gehört, außer er hätte ihr ins Gesicht geschrien.
In ihren Ohren musste ebenso ein verrückt gewordener Schmied ein glühendes
Schwert bearbeiten wie in seinen. Zweitens wollte er nicht, dass Xerxes und
Yvonne wussten, dass sie überlebt hatten. Also legte er ihr nur einen
Zeigefinger auf die Lippen und versuchte, ihr den Blick auf Marco zu
versperren. Karla nickte. Sie hielt noch die Machete in der Hand. Zum Glück
hatte sie sich nicht an der Klinge verletzt, als er sie in Deckung gezogen
hatte.
    Was sollten sie als Nächstes
tun? Daniel grübelte einen Moment, sah dann jedoch den Strahl zweier
Taschenlampen, die sich näherten.

Kapitel 34
     
    Er hatte damit gerechnet,
dass Xerxes und Yvonne kamen, um sicherzugehen, dass er und Karla keine Gefahr
mehr für sie darstellten. Außerdem hatte der Rotäugige das Band ja noch nicht.
Auch wenn davon auszugehen war, dass es eine solche Explosion nicht überlebt
hätte, würde er wohl kaum ein Risiko eingehen wollen.
    Bist schon ein kluger Kerl,
Xerxes. Dumm nur, dass ich dein beschissenes Video nicht habe.
    Das Licht der Taschenlampen
fraß sich den Weg durch den Nebel von Staub und Zerstörung. Es unterschied sich
in seinen langsamen, suchenden Bewegungen von den hektisch zitternden
Lichtpunkten auf Daniels Netzhaut.
    Er hängte sich die
Maschinenpistole am Tragegurt über die Schulter und dankte im Stillen Gott,
dass sie nicht losgegangen war, als er sich mit Karla verschanzt hatte. Er
überlegte, was zu tun war. Nicht, dass er viel Zeit gehabt hätte, zu einer
Entscheidung zu kommen. Doch was er wusste, war, dass er keine Lust mehr hatte,
sich zu verstecken. Das hatte er lange genug getan. Wenn Xerxes und Yvonne nahe
dem Raum waren, in dem er und Karla sich versteckten, würde er aus der Tür
springen, das Feuer eröffnen und das Ganze hier ein
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