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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst
Autoren: Andreas Acker
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wie eine Puppe, deren Batterien den
Geist aufgegeben hatten. Einen Moment schien es, als würde sie versuchen, wieder
aufzustehen, doch ihre freie Hand glitt kraftlos zur Seite. Ihr Kopf kippte auf
die Schulter, Blut lief ihr aus beiden Nasenlöchern. Die Taschenlampe rollte
ihr aus der Hand, warf einen rotierenden Lichtschein an die schimmlige Wand.
Dann bewegte Yvonne sich nicht mehr.
    Der Schwung seiner Bewegung
brachte Daniel aus dem Gleichgewicht. Um nicht kopfüber in Xerxes zu
straucheln, fing er sich mit einem Ausfallschritt ab. Diesen kurzen Moment
nutzte der Gangster, indem er auf Karla zustürmte, sie packte, und das
Handgelenk, mit dem sie die Machete hielt, mit einer eckigen, brutalen Drehung
umknickte. Karla schrie auf, öffnete ihre Hand und ließ die Waffe fallen. Die
Klinge klimperte auf dem Boden wie achtlos weggeworfene Münzen. Xerxes ließ sie
los und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. Karlas Kopf wurde
herumgerissen. Ein Blutfaden flog aus ihrem Mund und zeichnete ein Muster an
die Flurwand. Wieder schlug der Gangster zu, diesmal mit der Faust. Er
erwischte sie am Kinn.
    Selbst für die meisten Boxer
ohne Glaskinn hätte der Hieb unweigerlich ein Besuch auf den Ringbrettern nach
sich gezogen, für eine zierliche Frau war er geradezu fatal. Benommen taumelte
Karla rückwärts, stolperte über Yvonnes ausgestreckte Beine und landete auf
ihrem Hintern. Der Zufall wollte es, dass sie im Lichtkreis von Yvonnes aus der
Hand gefallener Taschenlampe sitzen blieb. Ihre Augen waren wie zerbrochenes
Glas, starrten in eine andere Dimension. Alle geistigen Systeme auf null
gestellt.
    Daniel hatte sich
mittlerweile gefangen und holte abermals aus, den Waffenlauf mit beiden Händen
gepackt, Mordlust in den Augen. Er wollte Xerxes den Kopf einschlagen, ihn
abreißen und ihn wie einen Fußball in den Wald kicken. Er schwang die Waffe mit
aller verbliebener Energie, den sein strapazierter Körper zustande brachte, in
einer perfekten Bahn. Er freute sich auf das Krachen des Kolbens, das Knacken
von Schädelknochen, auf die Schmerzensschreie des Mannes, der so skrupellos die
Morde so vieler Menschen zu verantworten hatte.
    Doch Xerxes hatte andere
Pläne.
    Er tauchte unter der Waffe
hindurch und rammte Daniel seine Schulter in den Magen. Für einen Mann seines
Alters und seiner Statur war er erstaunlich wendig, auch wenn sein Atem
keuchend kam. Daniel taumelte rückwärts, konnte sich jedoch auf den Beinen
halten. Der Waffenlauf rutschte ihm aus den Händen, und die Waffe beendete ihre
kurze Flugeinlage an der Flurwand, schlug auf dem Boden auf und klapperte wie
eine Ansammlung von Plastikspielzeug, das aus einer Kiste ausgeleert wird.
    Xerxes setzte nach. Von
hinten beschienen umgab ihn das Licht der Taschenlampe wie eine Aura, als er
jetzt Daniels Körper mit einer Reihe von Faustschlägen traktierte. Entweder war
Xerxes in jüngeren Jahren Boxer gewesen oder hatte seinen Kampfstil in
unzähligen Auseinandersetzungen auf der Straße auf seinem Weg nach oben erlernt
und verfeinert. Daniel konnte ihm nichts entgegensetzen. Er konnte gar nicht
daran denken, auch nur selbst einen Schlag anzubringen. Ohne Unterlass
prasselten die Haken auf ihn ein, ein Hagelschauer aus Fleisch und Knochen.
    Das Einzige, was er tun
konnte, war, den Flur zurückzuweichen, wurde jedoch immer wieder von Hieben
getroffen, die Boxkommentatoren wohl Wirkungstreffer genannt hätten. Denn
Wirkung hinterließen sie in jedem Fall. Er hörte seinen Atem, ein schweres
Keuchen, und Speichel flog ihm in hohem Bogen aus dem Mund. Die von Yvonne
vorbearbeitete Körperhälfte stand in Flammen, und er jaulte regelrecht auf, als
Xerxes einen Treffer auf seine verletzte Rippe setzte. Dem Schmerz nach war sie
spätestens jetzt gebrochen.
    Daniel taumelte weiter
rückwärts, bis seine Schuhe auf einen Vorsprung trafen. Er kippte nach hinten
und schlug schmerzhaft seinen Rücken auf einer Erhöhung auf.
    Die Treppe zum Turmzimmer!
    Sofort war Xerxes über ihm und
schlug ihm ins Gesicht, doch Daniel konnte ein Bein anziehen und es zwischen
sich und dem wie von Sinnen um sich Schlagenden bringen.
    Er schaffte es, den
schwereren Xerxes von sich wegzudrücken und sich aufzurichten. Rückwärts lief
er Stufe für Stufe die gewundene Treppe ins oberste Zimmer der Ruine hinauf,
gefolgt von Rotauge, der ihm kaum Luft zum Atmen ließ.
    Der Aufgang mündete in einer
Öffnung mitten im Turmzimmer. Daniel nutzte seine höhere Position, um Xerxes zu
treten,
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