Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Attentaeter von Luna City

Die Attentaeter von Luna City

Titel: Die Attentaeter von Luna City
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
gerötet vor Anstrengung. Und seine Augen ... hatte er eben geheult?
    »Was willst du in South Hadley?«, fragte Mendez.
    »Meinen Onkel Karl besuchen.«
    »Deinen Onkel Karl ...«
    »Ja!«
    »Weiß dein Onkel, dass du kommst?«
    »Er hat eine Farm. Mit ganz vielen Autos und Kühen! Ich besuche ihn oft.«
    Eine Farm mit ganz vielen Autos und Kühen? ... Der Busfahrer überlegte. Es ging ihn nichts an, wohin der Junge wollte, solange er den Fahrpreis bezahlte. Einerseits. Andererseits ... Mendez musste an seine Kindheit zurückdenken. Seine Eltern hatten ihn über alles geliebt. Aber ihre Liebe war die von Einwanderern gewesen, die ihre gesamten Hoffnungen dem einzigen Sohn aufgebürdet hatten.
    Eines Tages war Maximo die Last unerträglich geworden. Er hatte alle Habseligkeiten, die ihm etwas bedeuteten, eine Flasche Cola und zwei Packungen Oreo-Kekse in eine Tasche gepackt und war abgehauen ...
    »Wissen deine Eltern, dass du deinen Onkel ...«
    »Karl!«, sagte der Junge laut. »Mein Onkel heißt Karl!«
    »... dass du deinen Onkel Karl besuchen fährst?«
    »Natürlich.«
    Sein Ausbüxen war Mendez nicht gut bekommen. Die Polizei hatte ihn drei Tage später ausgehungert und erschöpft aufgegriffen. Und seine Eltern hatten den Schluss gezogen, dass dem Jungen die rechte Strenge gefehlt hatte ...
    »Wie heißt du?«, fragte er den Jungen.
    »Perry.«
    »Und mit Nachnamen?«
    »Rhodan.«
    »Perry Rhodan?« Mendez musste kichern.
    »Wie... wieso lachen Sie, Sir?«, fragte der Junge.
    »Weil ... na ja, dein Name gefällt mir. Perry Rhodan. Klingt wie ein Held.«
    »Wirklich?« Der Junge strahlte plötzlich.
    »Wirklich«, bestätigte der Busfahrer und behielt für sich, weshalb er gekichert hatte. Ja, »Perry Rhodan« klang wie ein Held. Aber wie einer aus einer Fernsehserie aus den Fünfziger- oder Sechzigerjahren. Hatte es nicht einen »Perry Mason« gegeben? Oder einen Weltraumhelden, der so ähnlich hieß? Aber dafür konnte der Junge nichts, ebenso wenig wie Mendez für den seinen. Seine Eltern hatten ihm »Maximo« als unerreichbare Vorgabe mit ins Leben gegeben.
    Mendez fischte das Handy aus der Tasche. »Weißt du eure Nummer, Perry?«
    »Ja. Wieso?«
    »Sag sie mir bitte.«
    Der Junge sagte ihm eine Nummer in Manchester auf. Mendez wählte sie, während der Junge aufgeregt das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte.
    Eine Frauenstimme meldete sich. »Hallo?«
    »Hallo, spreche ich mit Mistress Rhodan?«
    »Ja ... was ist?«
    »Es geht um Ihren Sohn Perry. Ich bin Busfahrer auf der Linie 91, und Ihr Sohn ist eben zugestiegen. Allein. Er will nach South Hadley, sagt er. Zu seinem Onkel.«
    »Und?«
    »Hat das seine Richtigkeit?«
    »Natürlich. Perry verbringt die Wochenenden oft bei Karl auf der Farm.«
    »Dann ist es gut. Ich danke Ihnen, Mistress Rhodan. Entschuldigen Sie die Störung.« Mendez legte auf. »Alles in Ordnung. Entschuldige, Junge. Ich wollte nur sichergehen ...«
    Der Busfahrer beugte sich vor, tippte »South Hadley« in den Kassencomputer des Busses. »Manchester nach South Hadley einfach. Das macht elf Dollar, dreißig Cent.«
    Der Junge langte tief in die Hosentasche und holte das Geld heraus. Passend, als hätte seine Mutter es für ihn abgezählt. Mendez tippte den Touchscreen an, riss das Ticket ab, das aus dem Gerät glitt, und gab es dem Jungen.
    »Danke, Sir!« Der Junge nahm das Ticket, drückte sich an dem Busfahrer vorbei und wollte ganz nach hinten zur Rückbank gehen.
    Mendez sagte aus einer Eingebung heraus: »Wieso bleibst du nicht vorne bei mir, Junge?«
    Der Junge zögerte. Es war ihm anzusehen, dass er sich viel lieber in den letzten Winkel des Busses verkrochen hätte. Aber einem Erwachsenen zu widersprechen ...
    »Du kannst hinter mir sitzen«, sagte Mendez. »Ist der beste Platz im ganzen Bus.«
    »Wirklich?«
    »Ja, mit der besten Sicht. Und du kannst zusehen, wie ich steuere.«
    Der Junge legte den Rucksack auf den Sitzen der zweiten Reihe ab und setzte sich hinter den Busfahrer. Mendez fuhr los. Er hatte fünf Minuten verloren, aber das machte nichts. Samstagvormittag fuhr er oft den ganzen Weg von Manchester nach Greenfield ohne einen einzigen Passagier. Mendez hielt dann öfters für ein paar Minuten an und rauchte eine Zigarette, um nicht den Fahrplan zu überholen.
    Die Ausläufer von Manchester, die an eine einzige große Baustelle erinnerten, blieben nach und nach zurück. Mendez lenkte den Bus auf die Interstate 291 und nach einigen Kilometern auf die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher