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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
Autoren: Frank McCourt
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findet eben jetzt eine Mondfinsternis statt.
    Wir stehen auf der Gasse und beobachten den Mond, wie er hinter einem runden schwarzen Schatten verschwindet. Onkel Pa sagt, das ist ein sehr gutes Vorzeichen, wenn du nach Amerika gehst, Frankie.
    Nein, sagt Tante Aggie, es ist ein schlechtes Vorzeichen. In der Zeitung steht, daß der Mond das Ende der Welt einübt.
    Ach, Ende der Welt am Arsch, sagt Onkel Pa. Es ist der Anfang für Frankie McCourt. In ein paar Jahren kommt er mit einem neuen Anzug und Fett auf den Knochen zurück wie nur je ein Yank, und ein schönes Mädchen mit weißen Zähnen klammert sich an seinen Arm.
    Mam sagt, ach nein, Pa, ach nein, und sie bringen sie ins Haus und trösten sie mit einem Tröpfchen Sherry aus Spanien.

     
     
    Es ist schon spät am Tage, als die Irish Oak von Cork aus in See sticht, an Kinsale und Cape Clear vorbeifährt, und dunkel ist es, als die Lichter auf Mizen Head funkeln, dem letzten Stück Irland, das ich für wer weiß wie lange Zeit sehen werde.
    Klar hätte ich bleiben sollen, die Postprüfung bestehen, in der Welt nach oben streben. Ich hätte genug Geld nach Hause gebracht, daß Michael und Alphie mit anständigen Schuhen und wohlgefülltem Bauch in die Schule hätten gehen können. Wir hätten aus der Gasse in eine Straße oder sogar eine Avenue umziehen können, wo die Häuser Gärten haben. Ich hätte diese Prüfung bestehen können, und Mam hätte nie wieder das Nachtgeschirr von Mr. Sliney oder sonstwem ausleeren müssen.
    Jetzt ist es zu spät. Ich bin auf dem Schiff und dort verschwindet Irland in der Nacht und es ist dumm auf diesem Deck zu stehen und zurückzublicken und an meine Familie und Limerick und Malachy und meinen Vater in England zu denken und noch dümmer daß mir Lieder durch den Kopf gehen als sich Roddy McCorley zum Sterben begibt und Mam keucht Oh die Nächte des Tanzes in Kerry und im Bett hustet sich der arme Mr. Clohessy einen ab und jetzt will ich Irland wiederhaben immerhin hatte ich Mam und meine Brüder und Tante Aggie so mies sie war und Onkel Pa der mir meine erste Pint spendiert hat
und meine Blase sitzt direkt hinter meinen Augen und hier steht ein Priester neben mir an Deck und man merkt daß er neugierig ist.
    Er ist aus Limerick, aber von seiner Zeit in Los Angeles her hat er einen amerikanischen Akzent. Er weiß, wie es ist, Irland zu verlassen, hat es selbst getan und ist nie drüber weggekommen. Man lebt in Los Angeles und hat Tag für Tag Sonne und Palmen, und man fragt Gott, ob wohl die Möglichkeit besteht, daß Er einem nur einen einzigen Tag mit sanftem Limerick-Regen beschert.
    Der Priester sitzt neben mir am Tisch des Ersten Offiziers, der uns sagt, das Schiff hat neue Anweisungen bekommen, und statt nach New York fahren wir jetzt nach Montreal.
    Nach drei Tagen auf See werden die Anweisungen wieder geändert. Jetzt fahren wir doch nach New York. Drei amerikanische Passagiere beklagen sich, gottverdammte Iren. Können sie nicht mal irgendwas richtig machen?
    Am Tag vor unserer Landung in New York werden die Anweisungen wieder geändert. Wir sollen den Hudson hinauf an einen Ort namens Albany fahren.
    Die Amerikaner sagen, Albany? Ins gottverdammte Albany? Warum zum Teufel mußten wir auch ausgerechnet einen gottverdammten irischen Kahn nehmen. Gottverdammt.

    Der Priester sagt mir, ich soll gar nicht hinhören. Nicht alle Amerikaner sind so.
    Als wir im Morgengrauen in New York einlaufen, stehe ich auf Deck. Ich bin ganz bestimmt im Kino, der Film hört auf, und im Lyric Cinema wird es wieder hell. Der Priester will mir Sehenswertes zeigen, aber das ist gar nicht nötig. Die Freiheitsstatue, Ellis Island, das Empire State Building, das Chrysler Building, die Brooklyn Bridge kenne ich auch so. Tausende von Autos rasen über die Straßen, und die Sonne verwandelt alles zu Gold. Reiche Amerikaner mit Zylinder und weißem Frack gehen jetzt bestimmt mit den hinreißenden Frauen mit den weißen Zähnen nach Hause ins Bett. Alle anderen gehen in warme, behagliche Büros arbeiten, und keinen drückt auch nur die geringste Sorge.
    Die Amerikaner streiten sich mit dem Kapitän und einem Mann, der aus einem Schlepper an Bord geklettert ist. Warum können wir nicht hier aussteigen? Warum müssen wir jetzt noch den ganzen gottverdammten Weg bis in dies gottverdammte Albany mitfahren?
    Der Mann sagt, weil Sie Passagiere dieses Schiffes sind, weil der Kapitän der Kapitän ist, und weil es verfahrenstechnisch keine Vorschriften
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