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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
Autoren: Frank McCourt
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Die Läden beklagen sich bei Mr. McCaffrey, daß die Irish Times mit Eis und Hundescheiße dekoriert angeliefert wird, und er brummelt, genauso sollte diese Zeitung auch angeliefert werden, protestantisches Drecksblatt, das es ist.
    Jeden Tag nach der Auslieferung nehme ich die Irish Times mit nach Hause und lese sie, um zu sehen, wo die Gefahr lauert. Mam sagt, gut, daß Dad nicht da ist. Der würde sagen, sind die Männer von Irland dafür in den Kampf gezogen und umgekommen, daß mein eigener Sohn da am Küchentisch sitzt und das Freimaurerblatt liest?
    Es gibt Leserbriefe von Leuten aus ganz Irland, die behaupten, sie hätten den ersten Kuckuck des Jahres gehört, und zwischen den Zeilen kann man lesen, daß sich die Leute gegenseitig der
Lüge bezichtigen. Es gibt Berichte über protestantische Hochzeiten mit Bildern, und die Frauen sehen immer hübscher aus als die, die wir in den Gassen kennen. Man kann sehen, daß die protestantischen Frauen vollkommene Zähne haben, obwohl Halveys Rose auch hübsche Zähne hatte.
    Ich lese weiterhin die Irish Times und frage mich, ob da ein Fall von Sünde vorliegt, obwohl es mir egal ist. Solange Theresa Carmody im Himmel ist und nicht hustet, gehe ich nicht mehr zur Beichte. Ich lese die Irish Times und auch noch die Times aus London, denn die berichtet mir, was der König jeden Tag so vorhat und was Elizabeth und Margaret gerade treiben.
    Ich lese englische Frauenzeitschriften, weil da lauter Artikel über Essen und die Antworten auf Frauenfragen drinstehen. Peter und Eamonn machen einen englischen Akzent nach und tun, als läsen sie aus englischen Frauenzeitschriften vor. Peter sagt, liebe Miss Hope, ich gehe mit einem Burschen aus Irland namens McCaffrey aus, und ständig hat er seine Hände überall an mir dran, und sein Ding drückt mir gegen den Bauchnabel, und ich bin ganz außer mir, weil ich nicht weiß, was ich tun soll. Ich verbleibe mit besorgter Hochachtung, Miss Lulu Smith, Yorkshire.
    Eamonn sagt, liebe Lulu, wenn dieser McCaffrey so groß ist, daß er seinen Schnibbeldilderich gegen Ihren Bauchnabel drückt, schlage ich vor,
Sie suchen sich einen kleineren Mann, der ihn Ihnen zwischen die Keulen steckt. In Yorkshire findet sich doch bestimmt ein anständiger kleiner Mann für Sie.
    Liebe Miss Hope, ich bin dreizehn Jahre alt und habe schwarze Haare, und etwas Schreckliches passiert, und ich kann es niemandem sagen, nicht mal meiner Mutter. Ich blute alle paar Wochen, Sie wissen schon, wo, und ich habe Angst, daß jemand was merkt. Miss Agnes Tripple, Little Biddle-on-the-Twiddle, Devon.
    Liebe Agnes, man muß Ihnen gratulieren. Sie sind jetzt eine Frau, und Sie können sich jetzt eine Dauerwelle machen lassen, weil Sie Ihre Tage haben. Haben Sie keine Angst vor Ihren Tagen, denn alle Engländerinnen kriegen sie. Sie sind eine Gottesgabe, um uns zu reinigen, damit wir stärkere Kinder für das Empire kriegen, Soldaten, die es den Iren zeigen. In einigen Weltgegenden ist eine Frau unrein, wenn sie ihre Tage hat, aber wir Briten schätzen unsere Frauen ganz besonders, wenn sie ihre Tage haben, ganz besonders.
    Im Frühling kommt ein neuer Botenjunge, und ich bin wieder im Büro. Peter und Eamonn zieht es nach England. Peter hat Limerick satt, keine Mädchen, ständig muß man auf sich selbst zurückgreifen, wichs wichs wichs, was andres machen wir doch nicht in Limerick. Es gibt neue
Jungens. Ich bin Seniorjunge, und der Job ist leichter, weil ich schnell bin, und wenn Mr. McCaffrey mit dem Lieferwagen unterwegs ist und ich mit meiner Arbeit fertig bin, lese ich die englischen, irischen, amerikanischen Zeitschriften und Zeitungen. Tag und Nacht träume ich von Amerika.
    Malachy geht nach England, um in einem reichen katholischen Jungeninternat zu arbeiten, und er wird gefeuert, weil er fröhlich und lächelnd herumläuft, als wäre er jedem Jungen in der Schule ebenbürtig, und jeder Mensch weiß doch, daß man, wenn man in einem englischen Internat arbeitet, wie ein ordentlicher irischer Dienstbote den Kopf hängen lassen und schlurfen muß. Sie feuern ihn, und Malachy sagt ihnen, sie können ihn an seinem königlich-irischen Arsch lecken, und sie sagen, das sind haargenau die widerlichen Ausdrücke und Manieren, die man von seinesgleichen erwartet. Er kriegt einen Job im Gaswerk in Coventry, wo er Kohle in die Öfen schippt wie Onkel Pa Keating, Kohlen schippt und auf den Tag wartet, an dem er mir nach Amerika folgen kann.

18
    Ich bin siebzehn, achtzehn,
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