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Die Antwort ist Ja

Die Antwort ist Ja

Titel: Die Antwort ist Ja
Autoren: Marie Ferrarella
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her”, versuchte Ursula sie zu überreden.
    „Ich mir nicht.”
    “April.”
    Die Stimme ihrer Großmutter klang plötzlich schwach. April drehte sich zu ihr um und sah, dass die alte Dame sich eine Hand auf das Herz drückte. Dabei atmete sie schwer.
    “Ich bin eine alte Frau und kann solche Streitereien nicht mehr ertragen.”
    April merkte sofort, wenn ihr etwas vorgespielt wurde, und war froh, dass der Anfall nicht echt war. “Du bist nur halb so alt, und du liebst es, andere zu manipulieren.”
    Ursula ließ kopfschüttelnd die Hand wieder sinken. “Ich hätte dir mehr Respekt vor alten Menschen beibringen sollen.”
    “Du hast mir genug beigebracht.” April drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. “Du hast mir beigebracht, Schauspielerei zu durchschauen, ganz besonders bei Männern, die mit goldenen Zungen reden.”
    “Nicht jeder Mann will einer Frau das Herz brechen, April. Was deiner Mutter passiert ist, das …”
    Sofort schob April abwehrend das Kinn vor. “Mir wird das nie passieren.”
    Ursula griff nach der Hand ihrer Enkeltochter. “Das freut mich, Kind, aber dafür solltest du nicht einen so hohen Preis zahlen.” Sie sah April forschend an in der Hoffnung, in ihrem Gesicht ein Zeichen zu finden, dass sie zu ihr vorgedrungen war. Das Mädchen war so darauf bedacht, nicht verletzt zu werden, dass sie überhaupt niemanden in ihr Leben ließ. “Es sollte dich nicht davon abhalten, dich zu amüsieren. Die Zeit vergeht schnell, April. Jedenfalls schneller, als wir uns vorstellen können. Ich möchte einfach nicht, dass du dir am Ende deines Lebens vorhältst, etwas versäumt zu haben.”
    Da sind wir uns ja einig, dachte April. “Das möchte ich auch nicht.”
    Aber Ursula schüttelte den Kopf. “Ich meine damit, dein Leben nicht gelebt zu haben.”
    April entzog ihrer Großmutter sanft die Hand, die sie immer noch hielt. Im nächsten Moment räumte sie wieder im Zimmer herum. Sie konnte einfach nicht still sitzen bleiben. Außerdem wollte sie ihre Entscheidungen nicht zur Diskussion stellen. “Ich lebe mein Leben, Gran. Ich lebe es jeden Tag.”
    Aber das wusste Ursula besser. Trotz all ihrer Ansprüche, ihrer Raffinesse und ihren viel versprechenden Möglichkeiten lief sie doch vor dem Leben davon.
    “Da draußen fotografierst du das Leben anderer Leute, sozusagen als Ersatz.
    Aber du musst selbst leben.”
    April hatte inzwischen alle winzigen Glasfigürchen in eine Reihe gestellt, als sie sich wieder zu ihrer Großmutter umdrehte. “Du hörst nicht auf, bevor ich nicht gehe, stimmt’s?”
    Ursula wusste, dass sie gewonnen hatte, und lächelte zufrieden. “Habe ich jemals aufgegeben?”
    April musste lachen. Sie setzte sich zu ihrer Großmutter auf die Sofakante.
    “Eins zu null für dich.”
    Ursula warf die Decke zur Seite und setzte die Füße auf den Boden.
    April stand auf und sah sie erstaunt an. “Was hast du denn vor?”
    “Ich komme mit“, erklärte die alte Dame. “Ich liebe schöne Abende - und im
    ,Salty’ habe ich immer nur schöne Abende verbracht.”
    April musste daran denken, dass die Männer im Saloon manchmal ganz schöne Raufbolde waren. Und sicher würde getanzt werden. Sie sah ihre Großmutter misstrauisch von der Seite an. Sollte das etwa eine List sein? “Und was ist mit deinem Herzen, das nichts mehr aushalten kann?”
    „Das sind nur Streitereien und Meinungsverschiedenheiten. Ein schöner Abend tut ihm jedoch bestimmt gut.” Und mit einem Augenzwinkern fügte sie hinzu:
    “Ich habe gehört, Yuri Bostovik wird auch dort sein.” April hätte geschworen, in den Augen ihrer Großmutter etwas aufleuchten zu sehen. “Er hatte schon immer eine Schwäche für mich.”
    April blieb der Mund offen stehen. Sie hätte nie geglaubt, dass ihre Großmutter außer der Post noch etwas anders in ihrem Leben interessierte. “Gran, du bist neunundsechzig!”
    Ursula nickte, war aber schon auf dem Weg ins Schlafzimmer.
    “Und ich werde nicht jünger. Davon rede ich doch die ganze Zeit.“
    April schwankte. Sie hätte zwar ihre Großmutter am liebsten gezwungen, im Bett zu bleiben, aber Glücklichsein gehörte wohl irgendwie zum Leben dazu, jedenfalls sollte es das Wohlbefinden fördern. Und somit würde es ihr wohl auch nicht schaden.
    “Einverstanden. Wir gehen kurz hin, und dann bringe ich dich wieder nach Hause.”
    So würde es nicht ablaufen, jedenfalls nicht, wenn es nach ihrer Nase ging, entschied Ursula. Sie schaute ihrer ältesten Enkelin
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