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Die andere Seite des Glücks

Die andere Seite des Glücks

Titel: Die andere Seite des Glücks
Autoren: Seré Prince Halverson
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Haus, und da begriffen wir. »Zach! Zach! Er hat sich im Pool weh getan!«
    »Nein!« Paige rannte los, und ich hinterher. »Nein!« Sie rannte durchs Haus die offene Verandatür hinaus und sprang ins Wasser, auf dem Zach trieb. Das rote Dreirad lag umgekippt am Poolboden.
    In ihren Bademantel verheddert, trug Paige Zach zum Beckenrand, wo sie ihn mir entgegenhielt und ich ihn heraushob, so schwer, so voller Wasser, dass es aus ihm herausfloss, und ich drehte ihn um und begann mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung auf seine blauen Lippen. Paige riss sich den wassergetränkten Bademantel vom Körper, kam aus dem Schwimmbecken und wählte den Notruf und sagte: »Mein kleiner Junge ist in den Pool gefallen und ganz blau, und er atmet nicht, 1020 Hillside Way, ich lasse die Haustür offen, schnell, schnell, er atmet nicht, ich dachte, ich hätte die Tür geschlossen, ich dachte, sie ist immer zu«, während ich mich zu erinnern versuchte, wie das mit der Reanimation ging, weiter Atemluft in seinen Mund presste und versuchte bis fünfzehn zu zählen. War es fünfzehn? Und wievielmal hatte ich das bisher gemacht? Und dann zweimal Herzdruckmassage über dem Brustbein, ich erinnerte mich an etwas, an was? Eine Hand bei einem Kind, meinem Kind, und dann kam Paige und übernahm, und ich stand auf, um den Rettungssanitätern den Weg zu zeigen, das Martinshorn hörte ich schon, und mein Blick fiel auf Annie, die verloren dastand und »DaddyDaddyDaddy« schluchzte, in jeder Hand einen der Schwimmflügel, die ich für Zach gekauft hatte, und ich sah Paige über meinen kleinen Jungen gebeugt, über ihren kleinen Jungen, und ich sah ihren Rücken, von oben bis unten mit entsetzlichen Narben überzogen, eine Relieflandschaft unerträglicher Pein, die sich hob und senkte mit jedem Atemzug, mit dem sie Leben zurück in Zach pusten wollte, in unseren kleinen Jungen.

36. Kapitel
    Die Feuerwehrmänner und Rettungssanitäter kümmerten sich um Zach, und ich hielt Annie im Arm, die mit den Schwimmflügeln in den Händen hemmungslos schluchzte. Paige saß zusammengesunken am Fußende eines Liegestuhls. Jemand hatte ihr eine Decke umgelegt, und sie starrte die Sanitäter in ihren blauen Uniformen an, die sich um Zach scharten und eine Infusion legten, ihn intubierten, auf eine Trage hoben und wegtrugen. Ein Mann kam zu mir und sagte: »Ich bin der Arzt. Wie lange war er im Wasser, bevor Sie mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen haben?«
    Paige sah auf und sagte mit hoher, angespannter Stimme: »Höchstens drei Minuten. Ich hab ihn noch im Haus gesehen, bevor ich an die Tür gegangen bin.« Sie fragte mich: »Wie lange haben wir gesprochen?«
    »Vielleicht drei Minuten, vielleicht auch weniger.«
    »Und Sie haben sofort mit der Mund-zu-Mund-Beatmung begonnen?«
    Wir beide nickten. Paiges Bademantel hatte sich wie eine Decke über Zachs Dreirad am Poolboden gelegt.
    »Okay, das ist gut, wirklich gut. Auf dem Weg ins Krankenhaus versuchen wir, dass er wieder selbständig atmet. Zum Glück ist das Kinderkrankenhaus nur wenige Minuten von hier entfernt.«
    »Wird er es schaffen?« Paige stellte die Frage, die ich mich nicht zu stellen traute.
    Er sah Annie an, sagte: »Wir müssen abwarten.«
    Nur eine von uns konnte im Rettungswagen mitfahren, und Paige sagte: »Gehen Sie. Ich ziehe mich an und komme mit Annie nach.« Ich nickte, drückte Annie und setzte mich vorn in den Wagen. Hinten durfte ich nicht mitfahren. Sie arbeiteten noch an Zach.
    Das Krankenhaus war nur fünf oder sechs Blocks entfernt, und ich musste im Warteraum bleiben, während sie mit ihm den Flur entlangeilten. Ich setzte mich, starrte auf einen laufenden Fernseher und sah doch nur Zachs blaues, geschwollenes Gesicht. Wie lange?, hatten sie uns gefragt. Minuten, hatten wir beide gesagt. Nur Minuten. Ich betete das einzige Gebet, das mir einfiel, und es lautete
Bitte
. Ich betete es immer und immer wieder.
Bitte. Bitte, Gott. Bitte mach, dass er gesund wird. Bitte nimm ihn uns nicht weg. Bitte, bitte. Gott. Bitte.
    Ich spürte eine Hand auf dem Kopf und sah auf. Annie stand vor mir, ich drückte sie, und sie schluchzte: »Ich hab nicht auf ihn aufgepasst!«
    Ich umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. »Annie, hör mir jetzt gut zu. Das ist nicht deine Schuld. Verstehst du mich?« Paige stand in Jeans und Sweatshirt an der Tür, die Haare triefnass, die Augen verzweifelt. In der rechten Hand hielt sie ein Klemmbrett mit Anmeldeformularen, in der linken den schmuddeligen Bubby.
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