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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden
Autoren: Melanie Meier
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schließlich ab, und zwar in Richtung einer der geöffneten Türen rechts. Da hatte sich der Gauner also versteckt, lauschte wahrscheinlich den Bewegungen Lokis, die das einzige Geräusch waren, sah man von den näherkommenden Sirenen ab.
    Loki verharrte dicht neben der Tür, warf einen Blick auf die MP und vergewisserte sich, dass er sie durchgeladen hatte. Sie stand noch immer auf Dauerfeuer. Er richtete die Augen auf die gegenüberliegende Wand und rief sich das Zimmer in Erinnerung, in der er am Anfang des Ganges gespäht hatte.
    Zehn, vielleicht zwölf Quadratmeter groß, quadratischer Grundriss, keine Fenster. Das einzige Versteck war die Tür, hinter der man sich verbergen konnte. Aber es war natürlich anzunehmen, dass der flüchtige Imago sich in diesem Zimmer eingerichtet hatte. Vielleicht gab es sogar eine Verbindungstür in einen anderen Gang, einen Fluchtweg. Generell müsste man das vermuten, aber Loki glaubte nicht daran. Dieser Flüchtige dachte anders.
    Loki seufzte unhörbar und vollführte eine Drehung, stand jetzt mitten in der Tür und sah in den Raum hinein, die Maschinenpistole vor sich gerichtet. Er musste zugeben, dass er nicht schlecht erstaunt war, als er den Tisch mit den zwei Stühlen sah, die inmitten von Papierstapeln standen. Nur ein schmaler Weg war frei, damit man das Zimmer betreten konnte. Die Wände waren vollbehangen mit Zetteln und Fotos, kaum ein Fleck war frei davon. Auf dem Tisch stand ein Aschenbecher und eine Kerze sowie ein undefinierbarer kleiner Kasten, vielleicht eine Geldkassette, und davor saß Chester und grinste Loki an.
    »Kommen Sie rein«, sagte der Schülersprecher. »Ich dachte schon, Sie würden ewig um die Ecke stehen bleiben.«
    Loki senkte die MP und legte den Kopf schief. Sein Blick glitt über die Wände, fand aber immer wieder Chester. »Das sind die angeblich verbrannten Unterlagen aus den Schularchiven, nicht wahr?«
    »Ganz genau.« Chester deutete auf den zweiten Stuhl. »Kommen Sie schon, setzen Sie sich. Reden wir, bevor die Bullen eintreffen.«
    Ohne den Jungen aus den Augen zu lassen, ging Loki zum Tisch, packte den Stuhl und zog ihn ein gutes Stück Richtung Ausgang. Er platzierte ihn zwischen die Papierstapel und setzte sich, die MP so auf dem Schoß, dass er sie jederzeit hochreißen und schießen konnte.
    »Wann haben Sie erkannt, dass Sie mich suchen? Wie kamen Sie auf die Idee, Tim ausgerechnet in dieser Nacht im Auge behalten und ihm folgen zu müssen?«, fragte Chester. Er griff nach einer Zigarettenschachtel, die neben der Kerze auf dem Tisch lag, und zündete sich eine Zigarette an. »Wollen Sie auch eine?«
    Loki schüttelte den Kopf.
    Chester zuckte die Schultern. »Wie Sie meinen. Ich würde zugreifen, denn wer weiß, ob Sie jemals wieder dazukommen.« Er grinste. »Sagen Sie schon, wann habe ich mich verraten?«
    Lokis graue Augen fanden den Kasten auf dem Tisch. Es war tatsächlich eine Geldkassette. Chesters Hand griff danach, zog das Ding zu sich, und lächelnd legte er beide Arme darauf ab und erwiderte Lokis Blick.
    »Was ist darin?«, fragte Loki.
    Chester zog an der Zigarette. Seine Augen reflektierten für den Bruchteil einer Sekunde die Glut. Er musterte Loki und ließ ein breites Grinsen sehen. »Sie wussten gar nicht, dass ich es bin, stimmt’s? Sie waren sich nur sicher, dass es nicht Veden ist, das ist alles.«
    Loki schwieg, erwiderte nur Chesters Blick.
    »Fast hätte ich Sie hinter’s Licht geführt, geben Sie’s zu. Fast!«
    Immer wieder sah Loki die Geldkassette an. Sie sah sauber aus, war noch nicht lange in Gebrauch. Eine leichte Ausbeulung im Deckel ließ allerdings vermuten, dass sich darin etwas befand, das nicht leicht hineingepasst hatte. Außerdem sah er einen dünnen Draht, der auf der Seite heraushing.
    Chester seufzte. »Sie könnten wirklich was sagen, Herr von Schallern. Wie wär’s denn damit: Sie sagen mir, ob Sie wussten, dass ich es bin, und wenn ja, wie Sie drauf gekommen sind. Dafür sage ich Ihnen, was hier drinnen ist.« Er tippte auf die Kassette und zog an der Zigarette, spähte grinsend zu Loki.
    Loki erwiderte den Blick des Schülersprechers. »Dein Vater hat dich verraten. Du und Veden seid die einzigen Outsider mit der Imaginationsgabe. Angesichts dieser Tatsache recherchiert ein guter Ermittler zunächst nach den Familienverhältnissen. Die Familie van Laan hat seit Jahrhunderten keinen mehr mit der Gabe auf die Welt gebracht. Ist das nicht bezeichnend?« Loki legte den Kopf leicht
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