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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden
Autoren: Melanie Meier
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überführen.« Er lächelte. »Sehr schlau übrigens, die Leute so verschwinden zu lassen, dass die Koordinaten einen Kreis um Vedens Villa ergeben. Du hast alles bis ins Detail geplant. Einen anderen Ermittler hättest du womöglich täuschen können.«
    Loki richtete den Blick wieder auf die Geldkassette. Irgendwo in der Fabrik hörte er noch immer Lärm. Entfernt war das Rauschen eines Walkie-Talkies zu vernehmen. Er wägte ab, ob er Chester erschießen konnte, ohne dabei die Sprengladung zu erwischen. Sein Zeigefinger lag noch immer auf dem Abzug. Zu weit entfernt von dem Hebel, um das Dauer- auf Einzelfeuer umstellen zu können. Keine gute Voraussetzung.
    »Vergessen Sie das«, sagte Chester. »Wenn Sie jetzt losballern, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie die Bombe erwischen. Außerdem muss ich nur den Daumen bewegen«, er hob das Handy an, »und schon fliegt alles in die Luft.«
    »Du bluffst.«
    Chester lächelte. »Finden Sie’s raus.«
    »Worauf wartest du noch? Jag uns in die Luft.«
    »Ich warte auf mehr Besucher. Ich will so viele wie möglich mitnehmen. Ich hoffe darauf, dass alle Unterlagen in diesem Raum dabei vernichtet werden, denn vielleicht schiebt man dann trotzdem noch alles Veden in die Schuhe.«
    Loki stand auf. Er strich mit der freien Hand die Stoffhose glatt, die MP ließ er herunterbaumeln, den Finger weiterhin am Abzug. »Ich weiß jetzt alles, was gefehlt hat, um aus dem Puzzle ein vollständiges Bild zu machen. Ich langweile mich. Wenn es dir nichts ausmacht, gehe ich jetzt.«
    Chester lachte. »Wenn Sie einen Schritt tun, zünde ich die Ladung. Ich lasse Sie nicht entkommen, auf keinen Fall!«
    Loki sank wieder auf den Stuhl zurück.
    »Also, ehrlich gesagt habe ich jetzt damit gerechnet, dass Sie irgendwas tun. Vielleicht weglaufen oder so.«
    »Oh, ich laufe niemals davon. Es sei denn, Johnny singt unter der Dusche.« Er lächelte, nahm den Finger vom Abzug und legte sich die MP auf den Schoß. »Yannik Hansen. Die Bauchdecke hast du ihm aufgeschlitzt, richtig? Damit er aussieht wie jener aus Vedens Halluzination.«
    »Ja, hab ich. Wenn die Leute unter dieser Droge stehen, setzt der Verstand zwar vollständig aus, sie gehen aufeinander los, aber leider hatte keiner die passende Verletzung. Ich musste selbst Hand anlegen. Das war eine-«
    Seine Worte gingen in einen langgezogenen Schrei über, als sich die Klinge bis zum Schaft in seinen Oberarm bohrte. Loki hatte das Springmesser geworfen, und jetzt kam er auf die Beine, verfolgte, wie das Handy zu Boden fiel, riss die MP in die Höhe und legte den Schalter um. Einzelfeuer. Er machte einen Satz auf den brüllenden Schülersprecher zu, setzte den Fuß an dessen Stuhlbein und brachte ihn zum Kippen. Chester fiel nach hinten um, landete auf mehreren Stößen Papier, die unter ihm zusammenfielen.
    Loki richtete die MP auf Chesters Kopf, bückte sich, ohne den Schülersprecher aus den Augen zu lassen, und hob das Handy auf. Er hielt es so, dass er keine Taste berührte, und blickte Chester an. Das Fuchslächeln machte sich auf seinen Lippen breit.
    »Die sichere Reaktion auf verletztes Muskelgewebe ist die Entspannung desgleichen. Ist der Bizeps erst einmal durchbohrt, fällt einem alles aus der Hand. Schachmatt, mein Lieber.«
    Er hob den Lauf und gab einen Schuss gen Decke ab. Danach senkte er die Waffe wieder, richtete sie auf Chesters Stirn und sah in die angsterfüllten Augen. »Keine Sorge, ich werde dich nicht erschießen. Ich habe nur auf uns aufmerksam gemacht.«
    Er konnte die Schritte hören, die im Gang draußen lauter wurden und auf sie zuhielten.

* * *

    »Ich verstehe das alles immer noch nicht«, sagte Tim. Er richtete sich auf dem Bett weiter auf, schob das Kissen zurecht und griff nach der Kanne, um sich Wasser nachzuschenken. »Chester ist Vedens Sohn?«
    Loki erwiderte nichts. Er stand mit dem Rücken zu Tim, sah zum Fenster hinaus und ließ den Blick über die Grünanlage im Innenhof wandern.
    »Hast du schon mal so lange Zeit im Delirium verbracht, um dann nach dem Aufwachen zu erfahren, dass alles gelaufen ist? Ich meine, ich kann mich an nichts mehr erinnern! Ich habe nur so wirre Bilder im Kopf, sehe Veden, Blutlachen und Zombies.« Er verstummte.
    Loki trat ans Bett und setzte sich auf den Besucherstuhl. »Du kannst Lünsmanns Bericht lesen, sobald wir hier raus sind. Darin steht alles. Was sagtest du, wann dich die Ärzte entlassen wollen?«
    Tim verengte die Augen. »Ich bin grad mal einen Tag hier.
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