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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden
Autoren: Melanie Meier
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Schultern, drehte ihn um. Tim übergab sich, würgte und kotzte, bis nichts mehr kam. Die Zunge hing ihm wie ein Klumpen aus dem Mund. Sein Retter griff ihm unter die Achseln und fing an, ihn davonzuschleifen.
    Tims Bewusstsein verabschiedete sich, machte sich auf den Weg in die absorbierende Schwärze zwischen den wunderschönen Sternen.

    *
    Langsam erwachte er. Er spürte Schmerzen am ganzen Körper. Vor allem seine Nase fühlte sich an, als wäre er gegen eine Wand gelaufen.
    Tim hatte elenden Durst.
    Er hob den Kopf. Eine fast unmögliche Bewegung, die ihn alle Kraft kostete, und spähte in die Dunkelheit. Bewegte sich da drüben was? Er richtete sich weiter auf, stützte sich auf die Ellbogen. Die Hand, die er nach der Pistole ausstreckte, zitterte unkontrolliert. Entsetzt stellte er fest, dass die Waffe weg war. Das Holster war leer.
    Er konnte sich an gar nichts erinnern. Wo war er, verdammt?
    Tim sah sich um. War das eine Wand, ganz in der Nähe? Er hatte nicht die Kraft, aufzustehen, deshalb stemmte er die Fersen gegen den Betonboden und fing an, auf diese Weise auf die Wand zuzurobben. Dabei behielt er die Dunkelheit im Auge.
    Ein schmatzendes Geräusch erklang, hallte wieder und wurde von einem Brummen unterstrichen.
    Tim verharrte, hielt sich ganz still. Sein Blick huschte umher, aber er konnte nichts sehen. In weiter Entfernung schien ein Streifen Licht auf Bodenhöhe einzufallen, ansonsten gab es keine Lichtquelle. Die Finsternis war undurchdringlich.
    Dem Geräusch gesellte sich kein weiteres hinzu, aber er wusste jetzt, dass er nicht alleine war. Das Schmatzen hatte animalisch geklungen. Vielleicht ein Hund?
    Ganz langsam setzte er seine sitzende Reise fort, bis er die Wand im Rücken spürte. Kaum stieß er gegen sie, raste ein Scheppern durch die Dunkelheit. Etwas prallte auf den Boden, sprang ab und rollte davon. Und das Rollen kam genau auf ihn zu. Tim spähte in Richtung des Geräuschs, die Augen weit geöffnet, und glaubte schließlich, eine Bewegung ausmachen zu können. Etwas kam auf ihn zu, etwas kleines. Es prallte gegen sein ausgestrecktes Bein und blieb liegen.
    Wieder folgte Stille.
    Nach ein paar Sekunden, in denen Tim die Panik niederkämpfte, streckte er den Arm aus und hob das Ding auf. Er tastete es ab und erkannte es als Plastikflasche. Stirnrunzelnd öffnete er den Verschluss und roch daran. Plastik, sonst nichts. Er schwenkte die Flasche und stellte fest, dass sie gefüllt war. Allem Anschein nach bis zur Hälfte. Tim steckte einen Finger hinein, ließ ihn von der Flüssigkeit umspielen und führte ihn an die Zunge. Es schmeckte nach Wasser.
    Sein Durst überwand jedes Misstrauen. Er hob die Flasche an die Lippen und trank gierig. Das Wasser floss die Speiseröhre hinab und füllte den leeren Magen. Es tat gut.
    In der nächsten Sekunde sprang ihm etwas in die Augen und versengte sie. Schreiend ließ Tim die Flasche fallen, bedeckte das Gesicht mit den Händen und kämpfte gegen den Schmerz an. Seine Stimme hallte laut von den Wänden wider.
    Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis er erkannte, dass ihn nichts angegriffen hatte. Tim blinzelte durch die Finger. Neonröhren hatten ihre Arbeit aufgenommen, und die plötzliche Helligkeit hatte ihm den Schmerz bereitet. Er wartete noch eine Weile, bis sich seine Pupillen vollends an das Licht gewöhnt hatten, dann nahm er die Hände herunter.
    Keuchend drückte er sich fester gegen die Wand im Rücken und starrte in die weitläufige Lagerhalle. Sie war vollkommen verlassen und kahl, nur dunkle Umrandungen auf dem Boden zeugten von Maschinen, die hier einmal gestanden hatten. Die Wände waren hoch, die Fensterfluchten unter der Decke mit Brettern abgedichtet. Sie war leer, die Halle, aber nicht menschenleer.
    Vor Tim, keine drei Meter entfernt, kauerte ein Mann auf dem Boden. Er bedeckte die Augen mit den Händen, wie es Tim auch getan hatte, wippte mit dem Oberkörper vor und zurück und hatte den Kopf eines Mädchens auf dem Schoß. Allerdings nur den Kopf. Vom Körper fehlte jede Spur.
    In einiger Entfernung stand eine gebeugte Gestalt mit dem Gesicht zur Wand, die Kleidung blutdurchtränkt, die Stirn an die Wand gelegt. Sie bewegte das Becken, als wollte sie die Wand vögeln. Tim konnte sehen, dass die herunterbaumelnden Arme bluteten und aufgerissen waren. Fleischstücke – oder Hautfetzen, auf diese Entfernung nicht genau zu sagen – hingen bis zu den Fingern hinunter.
    Rechts saßen zwei Männer und eine Frau dicht
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