Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden
Autoren: Melanie Meier
Vom Netzwerk:
Und seit heute Morgen erst wieder bei Besinnung.«
    »Ach ja.«
    Tim musterte seinen Cousin. »Warum war das Zeug eigentlich nur in meinem Bier? Warum hat er uns nicht beide unter Drogen gesetzt? Und warum, zum Teufel, erwische grad ich die vergiftete Flasche?«
    Loki zuckte die Schultern und sah zu Boden. »Schreib ihm einen Brief und frag ihn. Aber beeil dich. Ich glaube nicht, dass er noch lange leben wird.«
    Nachdenklich führte Tim das Glas an die Lippen und trank. »Ich hatte eine Glasscherbe im Knie stecken. Nur eine oberflächliche Wunde. Wurde mit zwei Stichen genäht. Die Nase ist nur geprellt. Außerdem sagen die Ärzte, ich werde keine Schäden davontragen. Wegen den Drogen, mein ich.«
    »Wie auch? Ist nicht viel da, das Schaden nehmen kann.«
    »Und ich dachte schon, du hast ein bisschen Mitgefühl mit mir.« Tim seufzte. »Du bist extra ins Krankenhaus gekommen, um mich zu besuchen. Ein kleines Wunder.« Er fing Lokis Blick auf und runzelte die Stirn. »Warum bist du sonst hier?«
    Loki räusperte sich und zog eine Zigarette aus der Tasche. »Ich möchte dich abholen. Der Flug geht in einer Stunde. Wir sollten schon längst einchecken.«
    Tim verschränkte die Arme. »Keine Chance! Ich bleibe hier! Und zwar so lange, bis die Ärzte sagen, dass ich gefahrlos die Reise nach Hause antreten kann.«
    Sein Cousin musterte ihn, ließ das Feuerzeug entflammen und zündete sich die Zigarette an.
    »Hier ist Rauchen verboten.«
    »Wie an vielen anderen Orten auch.« Das Mundwinkel-Lächeln verzog Lokis Lippen. »Du machst gar keinen so schlechten Eindruck auf mich. Immerhin kannst du mir schon wieder Dinge mitteilen, die ich längst weiß.«
    Tim grunzte. »Nächsten Monat hab ich Urlaub. Hörst du? Den ganzen Monat.«
    »Wie dir beliebt.«
    »Das sagst du immer, wenn ich Urlaub will. Und gibst ihn mir dann doch nicht.«
    »Ich mag zwar in so manchen Dingen gut sein, in sehr vielen sogar. Doch hellsehen kann ich nicht, mein Lieber. Die Fälle kommen, wie sie eben kommen.«
    Tim sah Loki an. »Es gibt doch nicht etwa einen neuen, oder?«
    Loki hob die Brauen, aschte neben Tims Bett und wich seinem Blick aus.
    »Verdammt noch mal! Aber mir egal. Ich bleibe hier. Jawohl, ich bleibe hier, und zwar so lange, bis die Ärzte sagen, dass ich gehen darf. Und danach mache ich Urlaub. Du kannst deinen Fall alleine lösen. Aus und basta.«
    Loki stand auf. »Wie du willst. Dann verabschiede ich mich jetzt. Du weißt ja, der Flug. Ich wünsche dir eine rasche Genesung, mein Lieber.« Er drehte sich um und verließ das Zimmer.
    »Ich muss vollkommen wahnsinnig sein«, murmelte Tim und sprang aus dem Bett. Er hielt mit einer Hand das Nachthemd auf dem Rücken zusammen, um nicht mit blankem Hintern rumzulaufen, griff mit der anderen nach seiner Kleidung und hinkte Loki hinterher. »Warte!«, rief er. »Lass mich wenigstens die Jeans anziehen!«

* * *

    Als die Stimme nach so vielen Monaten wieder in ihrem Kopf erklang, fiel ihr der Löffel aus der Hand. Die Suppe spritzte über den Tellerrand. Die kleinen Buchstaben aus Nudelteig flogen umher. Ein L landete auf dem Kopf stehend direkt vor ihr.
    Die Stimme kicherte.
    »Du«, sagte sie leise. Als wäre es nötig, überhaupt laut zu sprechen. Als gäbe es irgendetwas, das sie vor diesem Eindringling geheim halten könnte.
    Sie faltete die Serviette auseinander, wischte die Suppe auf und lauschte den Worten in ihrem Kopf. Schließlich hob sie den Blick und ließ ihn langsam durch das Wohnzimmer gleiten. Außer dem Esstisch gab es nur einen Sessel. Trotzdem wirkte der Raum alles andere als leer, und schuld daran waren die vollbehangenen Wände.
    Ihr Blick fiel auf eines der Fotos. Sie stand auf, ging zwei Schritte auf dieses Foto zu, ohne dabei die anderen Pläne, Notizen und Biografien zu beachten.
    »Ich bin bereit«, flüsterte sie, während sie weiterhin in die Augen des Mannes auf dem Foto starrte. »Sobald du mir die fehlenden Informationen gibst, können wir beginnen.«
    Erneut lauschte sie der Stimme. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. Sie streckte die Hand aus und berührte das Foto. »Die Rache ist mein; ich will vergelten. Zu seiner Zeit soll ihr Fuß gleiten; denn die Zeit ihres Unglücks ist nahe, und was über sie kommen soll, eilt herzu. Amen.«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher