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Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden
Autoren: Melanie Meier
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schief. »Ein Anruf bei deinem Vater hat genügt. Ingo van Laan ist nicht dein leiblicher Vater.«
    Chesters Grinsen wurde brüchig. Er lehnte sich im Stuhl zurück, ließ aber die Geldkassette nicht los. »Dad würde das niemals irgendwem am Telefon einfach so sagen.«
    Lokis Mundwinkel lächelten. Mit verstellter Stimme erwiderte er: »Guten Tag, Herr van Laan. Hier ist Baumann von der Stadt Kiel. Wir sind gerade dabei, Adoptionsunterlagen zu sortieren, und da ist mir aufgefallen, dass die Ihre nicht rechtskräftig ist. Es fehlt eine Unterschrift. Können Sie vorbeikommen, damit wir das aus der Welt schaffen? Ich nehme an, Ihnen ist daran gelegen, dass Chester von Rechtswegen Ihr Sohn bleibt.«
    Chesters Gesicht verfinsterte sich. »Ich wurde nicht adoptiert.«
    »Was mir dein Vater auch auf der Stelle bestätigt hat. Er ließ mich wissen, dass er sich bei deiner Geburt als dein Vater hat eintragen lassen.« Loki sah Chester fest an. »Er wusste, dass du das Ergebnis eines Seitensprungs deiner Mutter bist und hat dich trotzdem großgezogen. Aber du wusstest das nicht. Zumindest nicht, bis du auf die Unterlagen im Archiv gestoßen bist.« Loki legte den Kopf schief. »Was hat deine wahre Herkunft verraten?«
    Chesters Augen huschten durch den Raum, blieben schließlich auf einem der Zettel hängen, die mit Tesa schlampig an der Wand befestigt waren. Loki folgte seinem Blick und erkannte den Auszug aus dem Jahresrückblick, in dem vom Unfall des Direktors die Rede war. Jener Artikel, den Johnny vorgelesen hatte.
    »Bevor meine Mutter vor sechs Jahren an einem Gehirntumor starb, sagte sie mir, dass ich den Namen meines Vaters habe.«
    Loki lächelte. »Verstehe. Chest und Chester.« Er ließ den Blick erneut über die Ausdrücke an den Wänden wandern. Er fand ein Klassenfoto, auf dem er Veden erkannte. »Dein Vater hat deine Mutter nicht geheiratet, weil er ihr den Seitensprung nie verzeihen konnte. Und als du versucht hast, diesen Makel vor deinen Mitschülern geheim zu halten, indem du das Feuer im Archiv legtest, bist du auf die Wahrheit gestoßen: Veden ist dein leiblicher Vater.«
    Chester betrachtete Loki. Sein Gesicht war jetzt bar jeden Grinsens. »Nur, weil Sie das wussten, konnten Sie doch noch lange nicht schlussfolgern, dass ich die Menschen entführt habe.«
    Lokis Lächeln wurde breiter. »Jemand, der ein Feuer legt, um seinen Stolz zu bewahren, ist zu weit mehr fähig.« Das Lächeln erlosch. »Womit zündest du den Sprengsatz in der Kassette?«
    Chester sah auf sie hinunter, dann griff er mit beiden Händen nach ihr und öffnete sie. Noch mehr Kabel waren zu sehen, dazwischen blinkende rote Lichter. Chesters Grinsen kehrte zurück. Er griff in die Hosentasche und zog ein Handy heraus. »Hiermit. Eine zweite Ladung hab ich heute bei Veden deponiert, für den Fall der Fälle. Die hübschen Sprengköpfe detonieren, sobald ich den Befehl via Handy gebe. Ich liebe das Zeitalter der Technik!« Er lachte auf. »Was sagen Sie, Herr von Schallern? Ist das nicht grandios?«
    Loki hielt den Blick starr auf Chester gerichtet. »Woher wusstest du, dass Veden unter diesen Wahnvorstellungen litt?«
    Der Schülersprecher kicherte und ließ die Hand mit dem Handy sinken, legte sie sich in den Schoß, den Daumen auf dem Tastenfeld. »Ach, das haben Sie nicht rausgefunden? War ganz einfach: Ich wollte Rache. Veden hat meine Familie zerstört. Also hab ich angefangen, rumzuschnüffeln, um rauszufinden, wie ich ihn fertig machen kann. Bin nachts ins Sekretariat eingestiegen und hab da die Tabletten gegen die Psychosen gefunden. Ein Blick in seinen Terminkalender hat mir den Namen seines Psychiaters geliefert. Es war wirklich nicht schwer, in die Praxis einzubrechen. Ich hatte eine ganze Nacht Zeit, die Befunde zu kopieren. Der Psychiater schreibt sehr detailliert mit, was ihm seine Patienten erzählen.« Das Grinsen zeigte Zähne.
    Loki lauschte auf die Sirenen. Lünsmann war schon vor Minuten eingetroffen. Wahrscheinlich sicherten sie noch immer die Lagerhalle, holten die Zombies raus und verfrachteten sie ins Krankenhaus.
    »Machen Sie sich keine Hoffnungen«, sagte Chester. »Bis die Bullen checken, dass wir hier hinten sitzen, kann es noch Ewigkeiten dauern. Die schwärmen bestimmt in sämtliche Ecken der Fabrik aus, und Sie wissen ja, wie groß die ist.«
    Einen Augenblick folgte Schweigen. Sie sahen sich stumm an.
    »Wäre dein Plan aufgegangen«, sagte Loki schließlich, »hättest du Veden ein grausames Leben
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