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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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diesen Feststaat anzulegen. Die Flotte war wohl vom Berg aus gesichtet worden, und dann hatte man einen Boten geschickt, der den Besuch meldete. Sie drängte sich durch die Menge, bis sie ihre Lehrmeisterin erreicht hatte.
    Tiriki neigte den Kopf und begrüßte sie mit einem Scherz. »Damisa, du hast wirklich ein beneidenswertes Gespür für den richtigen Zeitpunkt!« Bevor das Mädchen sich klar werden konnte, ob ihre Lehrmeisterin sich über sie lustig machte, erhob sich allgemeiner Jubel. Man hatte mit dem Ausschiffen begonnen.
    Zuerst erschien eine Eskorte: Soldaten in grünen Waffenröcken, mit Spießen und Schwertern bewaffnet. Ihr folgten zwei Männer in Mänteln aus grober Wolle und ein Priester in einer Robe von fremdartigem Schnitt.
    Reio-ta trat vor und hob den Amtsstab zum Segenszeichen. Tiriki und Micail waren näher zusammengerückt. Damisa musste sich strecken, um etwas sehen zu können. »Im Namen Manoahs, des Allschöpfers, dessen Licht unsere Herzen erfüllt, wenn er am Himmel erstrahlt«, rief Reio-ta, »heiße ich Euch willkommen.«
    »Wir danken Nar-Inabi, dem Sternenbildner, der Euch sicher über das Meer geführt hat«, fügte Micail hinzu und hob die Arme zum feierlichen Gruß. Damisa sah die goldenen Schlangenarmbänder aufblitzen, die nur ein Prinz aus dem Herrschergeschlecht tragen durfte.
    Nun trat Tiriki vor und überreichte einen Korb mit Früchten und Blumen. Ihre Worte klangen wie ein Lied. »Ni-Terat, die Große Mutter, die auch Caratra genannt wird, heißt all ihre Kinder, ob jung oder alt, willkommen.«
    Der größere Reisende warf die Kapuze seines Mantels zurück, und Damisas Jubelschrei schlug um in einen Ausruf des Entzückens. Tjalan! Prinz von Alkonath, aber auch ihr Vetter, der sie als kleines Mädchen immer so freundlich behandelt hatte. Sie hätte nicht sagen können, in welcher Rolle sie ihn mehr verehrte. Am liebsten wäre sie ihm entgegengelaufen, um wie früher seine Knie zu umarmen. Aber sie beherrschte sich, und das war auch gut so, denn im Augenblick war Tjalan ganz der Prinz des Reiches. Er trug das Diadem mit dem großen funkelnden Smaragd, und um seine Arme wanden sich die Königsarmbänder.
    Hager und braun gebrannt strahlte er das Selbstbewusstsein eines Menschen aus, der nie an seinem Recht gezweifelt hatte, über andere zu herrschen. Das Silber an seinen Schläfen war neu - Damisa fand, es verleihe ihm ein würdevolleres Aussehen -, aber die scharfen Augen strahlten immer noch so grün wie der Smaragd von Alkona. Damisa erinnerte sich, dass sie manchmal auch in allen Farben des Meeres schillerten.
    Als der Priester in der seltsamen Robe vortrat, berührte Tiriki mit der Hand erst ihr Herz und dann ihre Stirn.
    So begrüßten sich nur jene, die in die höchsten Mysterien eingeweiht waren.
    »Meister Chedan Arados«, murmelte sie, »möget Ihr wandeln im Lichte.«
    Damisa musterte den Priester mit lebhafter Neugier. Den Namen Chedan Arados kannte man in ganz Atlantis, zumindest, wenn man der Priesterschaft angehörte. Er war im Alten Land einer der Erwählten gewesen und hatte die Ausbildung zur gleichen Zeit durchlaufen wie Tirikis Mutter Deoris, sich jedoch anschließend zum Magier weitergebildet. Nach dem Untergang der Stadt der Ringschlange war er viel gereist und hatte auch Alkonath mehrmals besucht, aber Damisa hatte ihn bisher nie zu Gesicht bekommen.
    Der Magier war von hohem Wuchs. Seine scharfen Augen strahlten Wärme aus, der dichte Vollbart verstärkte den Eindruck von Reife und Männlichkeit. Er hatte einen deutlichen Bauchansatz, ohne dass man ihn hätte feist nennen können. Die Robe war aus dem gleichen feinen Linnen wie die Gewänder der einfachen Priester des Lichtes gefertigt, aber deutlich anders im Schnitt. Der Stoff wurde an einer Schulter mit Knöpfen und Schlaufen zusammengehalten und hing lose bis zu den Knöcheln herab. Um den Hals trug Chedan eine geschliffene Kristallscheibe, in der weiße und blaue Lichter hin und her huschten wie Fische in einem Teich.
    »Ich wandle im Lichte«, sagte der Magier zu Tiriki, »doch allzu oft sehe ich nur Finsternis. So ist es auch heute.«
    Tiriki gefror das Lächeln im Gesicht. »Wir sehen, was Ihr seht«, sagte sie sehr leise, »aber wir sollten nicht hier darüber sprechen.«
    Inzwischen hatten Micail und Tjalan das Begrüßungsritual beendet und fassten sich freundschaftlich an den Handgelenken. Als sich die Armbänder klirrend berührten, löste sich die Spannung in ihren Gesichtern und wich
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