Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
eingefallen, sie mit einem Jungen zu verloben, der vor seinem eigenen Schatten davonlief? »Auch ihr anderen - beruhigt euch! Wir sind die Zwölf Erwählten und kein Haufen ungebildeter Bauern. Glaubt ihr etwa, unsere Lehrer hätten die Katastrophe nicht vorhergesehen? Sie haben sicher entsprechende Pläne gemacht. Unsere Pflicht ist es, ihnen zu helfen, wo wir nur können.« Wieder strich sie sich das schwarze Haar aus der Stirn. Sie konnte nur hoffen, dass all das auch stimmte.
    »Und wenn nicht?«, fragte Damisas Verlobter, ein mürrischer, braunhaariger Junge namens Kalhan.
    »Dann werden wir eben sterben«, erklärte Damisa finster. Sie hatte sich wieder einigermaßen gefangen.
    »Wenn wir wirklich sterben müssen«, sagte die kleine Iriel mit ihrem unwiderstehlichen Lächeln, »dann werde ich den Göttern aber etwas erzählen!«

    Als Micail und Tiriki den Palast erreichten, wurden sie am Tor bereits von einer Blauen Priesterin erwartet, die Nachricht von Mesira brachte. Alyssa sei zu sich gekommen, man könne damit rechnen, dass sie sich bald erholen werde.
    Wenn sich nur, dachte Tiriki trübselig, ihre Prophezeiung auch so einfach aus der Welt schaffen ließe…
    Dennoch lag ein Lächeln auf ihren Lippen, als sie mit Micail zu ihren Privatgemächern hinaufstieg. Der Abendwind, der vom Meer herwehte, bewegte den Schleier vor der Nische mit der Statue der Göttin und die Gardine vor dem Balkon. Am oberen Rand der weiß getünchten Wände zog sich ein Fries aus Goldfalken und blutroten Lilien um den ganzen Raum. Im flackernden Schein der Hängelampen schienen die Vögel mit den Flügeln zu schlagen, und die Blumen schwankten wie in einem leisen Luftzug hin und her.
    Micail schlüpfte in ein frisches Gewand und begab sich zu einer Besprechung mit Reio-ta. Tiriki ließ sich von ihren Dienerinnen ein kühles Bad mit duftendem Wasser bereiten. Die Frauen warteten, bis sie aus der Wanne stieg, und trockneten sie ab. Als sie gegangen waren, trat Tiriki auf den Balkon hinaus und schaute über die Stadt. Im Osten ragte der Sternenberg in den klaren Nachthimmel. Im unteren Bereich waren die Hänge mit Zypressen bewachsen, aber darüber war der Kegel kahl. Die ewige Flamme im Tempel auf dem Gipfel sah aus wie eine schwach glimmende Pyramide. Die verstreuten Gehöfte auf den unteren Hängen waren als Lichtpunkte zu erkennen, die nun nach und nach erloschen. Die Bewohner gingen zu Bett. In der Stadt blieben die Menschen länger wach. Im Vergnügungsviertel bewegten sich noch viele brennende Fackeln durch die Straßen.
    Allmählich wurde es kühler. Düfte nach trockenem Gras und frisch gepflügter Erde stiegen zu Tiriki empor wie ein schweres Parfüm. Der Friede der Nacht und der Friede in ihrem Herzen verwandelten die Worte der Abendhymne in ein Gebet…
    » O Sternenquell in deiner Pracht,
Der du erstrahlst im Dunkeln,
Schenk Frieden uns in dieser Nacht,
Gesegnet sei dein Funkeln… «
    Wie könnten dieser Friede, diese Schönheit zerstört werden?
    Vorhänge aus dünnem Tüll zierten ihr Bett, und die Laken waren aus feinem Linnen und schmiegten sich wie Seide an ihre Haut. Sie genoss alle Annehmlichkeiten, die Ahtarrath zu bieten hatte, doch auch das Gebet brachte ihr keinen Schlaf.
    Als Micail endlich kam, war es bereits Mitternacht. Sie spürte, wie er sich über sie beugte, und bemühte sich, langsam und gleichmäßig zu atmen. Es genügte, wenn sie wach lag, sie brauchte nicht auch ihm die Ruhe zu rauben. Aber das Band zwischen ihnen war stärker als die Sinne. Er ließ sich nicht täuschen.
    »Was hast du, Liebste?«, fragte er sanft in die Dunkelheit hinein.
    Sie atmete langsam aus. Es klang wie ein Seufzer. »Ich fürchte mich.«
    »Aber wir wissen doch seit unserer Geburt, dass Ahtarrath eines Tages zerstört werden könnte.«
    »Gewiss… irgendwann in ferner Zukunft. Durch Alyssas Warnung ist die Gefahr jedoch mit einem Mal so greifbar geworden.«
    »Mag sein… mag sein…« Das Bett knarrte leise, als er sich auf die Kante setzte, um ihr über das Haar zu streichen. »Aber du weißt doch, wie schwer sich feststellen lässt, wann eine Prophezeiung eintrifft.«
    Tiriki setzte sich auf und sah ihn an. »Ist das deine ehrliche Meinung?«
    »Liebste, wer kann schon sagen, ob wir mit unserem Wissen in der Lage sind, die Zukunft zu ändern? Die Fähigkeiten, die uns gegeben sind, können uns allenfalls helfen, unser Schicksal zu meistern.« Er seufzte. Tiriki glaubte, leises Donnergrollen zu vernehmen, aber der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher