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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Prolog
    Morgaine erzählt…

Die Bewohner von Avalon pflegen mit all ihren Sorgen und Nöten, den großen wie den kleinen, zu ihrer Herrin zu kommen. Heute Morgen sprachen die Druiden bei mir vor und berichteten, ein Teil des Ganges von ihrem Tempel zum Raum des Omphalos-Steins sei eingestürzt und sie wüssten den Schaden nicht zu beheben. Wir haben nur noch wenige Druiden auf unserer Insel, und die sind zumeist alt. Von denen, die zur Verjüngung des Ordens hätten beitragen können, wurden allzu viele in den Sachsenkriegen getötet oder sind zu den Mönchen und ihrer Christuskirche auf dem anderen Avalon übergelaufen.
    Die Druiden kamen also zu mir und fragten mich - wie alle, die noch hier leben -, was sie nun tun sollten. Ich fand es immer schon merkwürdig, dass der Weg zu einem Mysterium, das so tief in der Erde vergraben ist, ausgerechnet im Tempel der Sonne seinen Anfang nimmt; aber jene, die lange vor den ersten Druiden das alte Wissen auf die Inseln brachten, sollen ja das Licht über alles andere gestellt haben.
    Die Visionen überkommen mich nicht mehr so häufig wie in meiner Jugend, als wir noch darum kämpften, die Große Göttin in die Welt zurückzuholen. Heute weiß ich, dass sie längst hier war und allezeit hier sein wird. Von der alten Magie aber ist nur der Omphalos geblieben, das Ei, der Nabel der Welt, die letzte Spur eines Reiches, das vor unendlich langer Zeit in den Wellen versank und selbst für uns nur mehr Legende ist.
    Als ich ein junges Mädchen war, hingen in den Tempeln der Druiden Bildteppiche, die erzählten, wie der Omphalos einst hierher gebracht wurde. Die Teppiche sind inzwischen zu Staub zerfallen, doch ich bin selbst einmal dem Gang ins Herz des Berges gefolgt und habe den Heiligen Stein berührt. Damals hatte ich Visionen, die mir heute lebendiger erscheinen als viele meiner eigenen Erinnerungen. Immer noch sehe ich den Sternenberg mit seiner Feuerkrone vor mir, sehe Tirikis Schiff zitternd auf den Wellen schaukeln, während das todgeweihte Land vom Meer verschlungen wird…
    Ich kann nicht glauben, dass ich wirklich auf diesem Schiff war. Aber in meinen Träumen stehe ich an Deck, Hand in Hand mit dem Mann, den ich liebe, und sehe meine Welt zerbrechen, so wie Britannien zerbrach, als Artus starb. Vielleicht wurde ich deshalb gerade in dieser Zeit wiedergeboren, denn Avalon ist ebenso wenig zu retten wie einst Atlantis, obwohl es sich nicht hinter schwarzen Rauchwolken, sondern hinter Nebelschleiern vor der Welt der Sterblichen verbirgt.
    Einst führte ein Gang von der Höhle, wo die Weiße Quelle aus dem Heiligen Berg fließt, zum Omphalos-Stein, aber dieser Weg wurde schon vor langer Zeit durch ein Erdbeben verschüttet. Vielleicht sollen wir den Stein nicht mehr aufsuchen können. Vielleicht soll er uns wie so viele andere Mysterien allmählich entzogen werden.
    Wie Zeiten enden, ist mir nur zu vertraut. Allein die Anfänge bekomme ich nicht zu fassen.
    Wie gelangten sie hierher, jene tapferen Priesterinnen und Priester, die den Untergang ihrer Welt überlebten? Zweitausendfünfhundert Jahre sind vergangen, seit sie mit dem Stein an unseren Gestaden landeten. Wir wissen nicht viel mehr von ihnen als ihre Namen, aber wir haben ihr Erbe bewährt. Wer waren diese Vorfahren, die einst zu unserem Heiligen Berg kamen und das Wissen der Vergangenheit gleich einem Samenkorn in seinem Herzen versenkten?
    Ich will verstehen, wie sie ihre schwere Prüfung meisterten. Vielleicht macht mir das Hoffnung, wir hätten das alte Wissen nicht nur bewahrt, sondern könnten es auch an die Zukunft weitergeben, auf dass doch etwas von Avalons Magie überdauere…

1. Kapitel
    Das Bett schwankte. Tiriki schreckte aus dem Schlaf und tastete nach Micail. Langsam verblassten die grausigen Bilder von Feuer und Blut, von einstürzenden Gebäuden und einer gesichtslosen, dumpf brütenden Gestalt in Ketten. Sie lag ja sicher und geborgen in ihrem Bett an der Seite ihres Gemahls.
    »Den Göttern sei Dank«, flüsterte sie. »Es war nur ein Traum!«
    »Nicht nur… Sieh dorthin…« Micail stützte sich auf einen Ellbogen und deutete zur Decke. Die Lampe schwang wild hin und her und jagte Schatten durch den Raum. »Ich weiß, was du geträumt hast. Ich hatte die gleiche Vision.«
    In diesem Augenblick gab es einen neuen Stoß. Micail riss Tiriki in seine Arme und rollte sich mit ihr an die schützende Wand. Putz rieselte von der Decke. Irgendwo in weiter Ferne war das dumpfe Grollen fallender Steine
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