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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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zu diesem Treffen im königlichen Prunkstaat erschienen, während Tiriki wieder das weiße Gewand und den Schleier einer einfachen Priesterin angelegt hatte. Sie saß ein wenig abseits. Reio-ta trug die Robe des Tempelverwalters und hatte links von Micail bei den anderen Herrschern Platz genommen.
    Micail war sich auch heute wieder sehr deutlich bewusst, dass er zwischen zwei Reichen stand, dem Reich des Irdischen und dem Reich des Geistes. Im Lauf der Jahre hatten der Heilige Hüter und der Prinz von Ahtarrath oft genug im Widerstreit gelegen, aber vielleicht verlieh ihm seine königliche Abstammung an diesem Tag die nötige Autorität, um der Weisheit des Priesters Gehör zu verschaffen.
    Aber vielleicht genügt auch das nicht mehr . Die Angst war im Augenblick Micails stärkste Empfindung. Aber die Würfel waren gefallen.
    Sein Freund Jiritaren nickte ihm aufmunternd zu. Es war still geworden. Aller Augen richteten sich in gespannter Erwartung auf ihn.
    »Meine Freunde, Erben Manoahs, Bürger von Atlantis, wir alle haben die Kräfte gespürt, die unsere Inseln erschüttern. Ja, unsere Inseln «, wiederholte er mit Nachdruck, als ihn einige der Grundbesitzer groß ansahen, »denn die Vorboten der Katastrophe lassen auch Alkonath, Tarisseda und weitere Staaten erzittern. Wir haben uns hier versammelt, um zu beraten, wie wir der Gefahr begegnen wollen, die uns nun alle bedroht.« Micail hielt inne und sah langsam in die Runde. »Noch können wir manches tun«, fuhr er fort, »denn wie Euch allen bekannt sein dürfte, befindet sich unser Reich nicht zum ersten Mal in großer Not und hat doch bisher alle Fährnisse überstanden. Meister Chedan Arados…« Ein Raunen ging durch den Saal. Micail hielt inne und wartete, bis wieder Ruhe einkehrte. »Meister Chedan, Ihr gehört zu denen, die vor der Zerstörung des Alten Landes fliehen konnten. Wollt Ihr uns von den Prophezeiungen berichten?«
    »Das will ich.« Der Magier erhob sich langsam und blickte seine Zuhörer ernst an.
    »Die Zeit ist gekommen, den Schleier zu lüften«, begann er, »und gewisse Geheimnisse zu enthüllen, zu denen bisher nur die Eingeweihten Zugang hatten. Die Wahrheit sollte geschützt werden, bis die Stunde käme, sie zu offenbaren. Doch jetzt noch Schweigen zu bewahren hieße, sich zu versündigen. Denn die Gefahr, die uns heute bedroht, hat ihre tiefsten Wurzeln in einem Frevel, der vor fast dreißig Jahren im Alten Land begangen wurde.« Chedan hielt inne, um Atem zu holen.
    In diesem Augenblick wanderte der Sonnenstrahl weiter, der sein Haupt wie mit einem Glorienschein umgab, und er stand plötzlich im Schatten. Es lag einfach daran, dass die Sonne unterging, aber Micail erschien es wie ein schlimmes Omen.
    »Es waren keine gewöhnlichen Menschen«, fuhr Chedan laut und deutlich fort, »sondern verblendete Priester, die nach verbotenem Wissen trachteten und dabei das Magnetfeld schwächten, das für den Ausgleich der Spannungen im Innern der Erde sorgt. Mit unserem Wissen und unter Einsatz aller unserer Kräfte konnten wir die Katastrophe hinauszögern. Dann aber tat sich die Erde auf, und die Stadt der Ringschlange versank in der Inlandsee. Nicht wenige sagten damals, dies sei nur die gerechte Strafe. Die Stadt, die eine solche Entweihung habe geschehen lassen, müsse dafür auch bezahlen. Als wenig später auch das Alte Land vom Meer verschlungen wurde, da wagten wir zu hoffen, das Schlimmste sei überstanden - obwohl die Seher warnten, die Erschütterungen würden sich fortsetzen, die Risse würden sich entlang der Störungszone ausbreiten und womöglich die ganze Welt aufbrechen wie ein Ei.«
    Die Priester starrten finster vor sich hin - sie wussten, was jetzt kam. In den Gesichtern der anderen las Micail wachsende Furcht.
    Chedan fuhr fort: »Die jüngsten Beben in Alkonath und hier sind eine letzte Warnung. Dyaus' Ankunft - oder die Endzeit, wie manche sagen - steht unmittelbar bevor.«
    Inzwischen lag schon fast der ganze Saal im Dunkeln. Micail winkte einem Diener, die Hängelampen zu entzünden, doch sie konnten den riesigen Raum nicht genügend erhellen.
    »Warum hat man uns das nicht früher gesagt?«, rief ein Händler. »Wolltet Ihr das Geheimnis für Euch behalten, um nur die Priesterschaft zu retten?«
    »Habt Ihr nicht zugehört?«, fuhr ihm Micail über den Mund. »Was wir an Tatsachen erfuhren, wurde sofort weitergegeben. Doch hätten wir mit Warnungen vor einer Katastrophe, die womöglich noch ein Jahrhundert auf sich
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