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Die Äbtissin

Die Äbtissin

Titel: Die Äbtissin
Autoren: Toti Lezea
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sowie Schildknappen mit den königlichen Standarten erschien Don Ferdinand auf einem herrlichen Araberpferd, begleitet von den Granden des Reiches. Er war zu jenem Zeitpunkt vierundzwanzig Jahre alt und galt als der attraktivste Mann in beiden Königreichen, sowohl in Aragón, dessen Thronfolger er war, als auch in Kastilien, das er mitregierte. Indes hätte selbst der bescheidenste aller Männer attraktiv gewirkt, hätte er ein scharlachrotes, mit goldenen Blüten durchwirktes Wams getragen und darunter ein linnenes Hemd mit Manschetten und Spitzenkragen; dazu gleichfalls samtene, zum Wams passende Beinkleider sowie Reitstiefel mit silbernen Sporen; und schließlich eine schwere Kette aus massivem Gold auf der Brust sowie einen mit Federn und Perlen besetzten Hut. Sein Ruf als siegreicher Feldherr und listiger Herrscher war ebenso in aller Munde wie sein Hang zu Bettgeschichten, und es war schwer zu entscheiden, was von beidem größere Neugier auf seine Person weckte, bei den Männern nicht anders als bei den Frauen. Die Pagen, die vor ihm hergingen, warfen Silber- und Kupfermünzen unters Volk, das die Gabe mit aufbrandenden Begeisterungsrufen entgegennahm.
    Toda hielt es nicht länger aus und eilte die Treppe hinunter, um den Zug aus der Nähe zu betrachten. Weder die Rufe ihrer Mutter noch der Versuch ihrer Amme Andresa, sie zurückzuhalten, fruchteten etwas. Noch bevor der Prinz vom Pferd gestiegen war und sich mit den Ellenbogen einen Weg durch die Menge zu bahnen versuchte, stand sie auf der Plaza. Eine eiserne Hand packte sie am Arm.
    »Darf man wissen, wo du hinwillst?«
    Toda fuhr wütend herum, aber ihr Zorn wich einem Lächeln, als sie sah, dass der Mann, der sie zurechtwies, ihr nur um wenige Jahre älterer Verlobter Martín Sánchez de Arana war.
    »Hast du das gesehen, Martín?«, fragte sie zurück und stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können. »Hast du schon einmal etwas so Außergewöhnliches gesehen?«
    »Dies ist kein Ort für ein junges Mädchen, das in wenigen Monaten heiraten wird«, antwortete der Junge, um Strenge bemüht.
    »Ach, papperlapapp! Ein solches Ereignis wird es so bald nicht wieder geben. Lass uns sehen, ob wir ein bisschen näher herankommen!«
    Martín Sánchez de Arana ließ sich davonziehen. Er konnte dem quirligen Mädchen, das man ihm bestimmt hatte, nichts abschlagen. Sie kannten sich von Kindesbeinen an, und seit er denken konnte, hatten sie sich immer gern gehabt. Die glückliche Entscheidung ihrer Familien, sie zu vermählen, erschien ihnen beiden so natürlich wie das Leben selbst. Drückend und schiebend verschafften sie sich Platz, um das Zeremoniell zu verfolgen, das vor dem Portal de la Tendería stattfand. Don Ferdinand schwor auf die Fueros und verpflichtete sich im Namen seiner Gemahlin, der Königin Isabella von Kastilien, getreulich die Freiheiten, Sitten und Gebräuche der Provinz zu achten. Dann überreichte man ihm die Schlüssel der Stadt, und ein ohrenbetäubender Jubel brandete ringsum auf. Von nun an war Doña Isabella als Herrscherin der Biskaya anerkannt, und ihre neuen Untertanen schworen ihr Gefolgschaft. Martín und Toda nutzten den Trubel, um sich bei den Händen zu fassen und einander Liebesschwüre zuzuraunen. Die Berührung ihrer Körper drängte sie zu größeren Liebesbeweisen, doch sie mochten keinen Anlass zu Gerede geben und begnügten sich damit, einander zuzulächeln, ohne der Zeremonie große Beachtung zu schenken. Tristán Díaz de Leguizamón leitete gemeinsam mit dem Richter, den Stadtvätern, Ratsherren und führenden Männern Bilbaos die Zeremonie, doch seine Überheblichkeit machte sehr deutlich, dass er, und nur er, die Geschicke der Stadt lenkte. Nach dem Treueid und den darauf folgenden Handküssen begab sich die Gesellschaft ins Rathaus, wo ein derart opulentes Bankett bereitet war, wie man es seit vielen Jahren nicht gesehen hatte.
    Alle bedeutenden Persönlichkeiten der Biskaya waren geladen, auch die Zurbaráns, die Basurtos, die Abendaños und weitere Anführer der Gamboinos, die indes weit genug entfernt platziert wurden, um keinen direkten Zugang zum Prinzen zu haben. So beschnitt man auf subtile Weise ihren Einfluss auf die Geschicke der Grafschaft. Die Zahl der Gäste überschritt die fünfhundert. Zehn Köche und eine endlose Reihe von Helfern und Küchenjungen bereiteten Speise um Speise, welche von jungen Mädchen aus den besten Familien der Oñacinos aufgetragen wurden. Toda befand sich unter
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