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Die Äbtissin

Die Äbtissin

Titel: Die Äbtissin
Autoren: Toti Lezea
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ihnen.
    Während dieses Banketts wurde Don Ferdinand auf sie aufmerksam. Jeder wusste um seine Schwäche für das weibliche Geschlecht. Sein bereits in jungen Jahren erworbener Ruf als feuriger, unersättlicher Liebhaber eilte ihm voraus, und seine Abenteuer waren in aller Munde. Sein Erfolg bei den Frauen, der als Beweis seiner außerordentlichen Männlichkeit angesehen wurde, gab Männern wie Frauen Anlass zu Neid und Bewunderung. Das junge Mädchen zu sehen, das ihm so munter, fröhlich und liebreizend aufwartete, und sich für es zu begeistern, war eins. Wenn sie zu ihm trat, um ihn zu bedienen, ließ er sich keine Gelegenheit entgehen, ihr eine Schmeichelei zu sagen, sie bei der Hand zu fassen oder den Arm um ihre Taille zu legen. Toda lachte, wie sie es immer tat, und lief zu Martín, der sie am anderen Ende des Saales nicht aus den Augen ließ und immer ungehaltener wurde, je vertraulicher die Gesten des Mitregenten wurden.
    Draußen auf der Plaza vergnügte sich das gemeine Volk, die Leute sangen und tanzten zum Klang der Schalmei und der Schellentrommel. Drinnen nahm das Mahl durch die Hitze, die gewürzten Speisen und den vielen Wein, Apfelwein und andere Getränke, die immer wieder großzügig in die leeren Becher der Gäste eingeschenkt wurden, die Ausmaße eines Bacchanals an. Don Ferdinand blieb zurückhaltend, denn er war ein maßvoller Esser und Trinker, doch er ließ Toda nicht aus den Augen, die, vor Hitze glühend, ihr Hemd geöffnet hatte und den Ansatz jugendlicher, kleiner, fester Brüste erkennen ließ.
    Das Interesse des Prinzen blieb nicht unbemerkt. Tristán Díaz de Leguizamón, der auf jede Geste und jede Regung Don Ferdinands achtete, folgte mit seinem Blick demjenigen des Königs. Rasch merkte er, dass Don Ferdinand seine junge Verwandte kennen zu lernen wünschte. Diesem Wunsch nachzukommen, so dachte er treffend, würde ihm und seiner Familie zweifelsohne große Vorteile einbringen. Eine solche Gelegenheit, im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Silbertablett serviert, durfte man sich nicht entgehen lassen. Als das Bankett zu Ende war, rief er Toda in einen Nebenraum, während die Gäste aus dem Festsaal zu strömen begannen, um zum Ausklang das Feuerwerk zu betrachten, das von der anderen Flussseite im alten Teil von Bilbao gezündet wurde.
    »Toda«, begann er ohne Umschweife, »Seine Hoheit ist sehr zufrieden mit dem Bankett, das wir für ihn ausgerichtet haben, und mehr noch, er hat ein Auge auf dich geworfen. Dies ist zweifellos eine große Ehre bei einem Mann, der daran gewöhnt ist, sich mit den schönsten Frauen des Landes zu umgeben.«
    Das Mädchen lächelte schüchtern, ohne genau zu verstehen, was man von ihm erwartete.
    »Es ist unsere notwendige Pflicht«, fuhr Leguizamón fort, ohne mit der Wimper zu zucken, »seinen Aufenthalt bei uns so angenehm wie möglich zu gestalten. Da er deine Bekanntschaft zu machen wünscht, wirst du die heutige Nacht im Turm Arbieto verbringen.«
    Toda begann zu begreifen, worauf das Oberhaupt ihrer Linie hinauswollte, und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen.
    »Wollt Ihr damit sagen«, stammelte sie, »dass ich die Nacht mit ihm verbringen soll?«
    »So ist es. Du wirst deiner Familie damit einen großen Dienst erweisen und dazu beitragen, dass unsere Beziehungen zur Krone fruchtbar und freundschaftlich sind.«
    »Hat er das angeordnet?«
    »Natürlich nicht! Ein König braucht nichts anzuordnen, um die Übrigen wissen zu lassen, was er wünscht.«
    »Aber… ich kann das nicht tun!«, rief sie entsetzt. »Wie könnt Ihr mir einen solchen Vorschlag unterbreiten? Ihr seid das Familienoberhaupt und habt für all Eure Verwandten Sorge zu tragen…«
    Tristán Díaz de Leguizamón begann ungeduldig zu werden. Er war nicht daran gewöhnt, dass sich die Mitglieder seines Hauses seinen Entscheidungen widersetzten, schon gar nicht so ein junges Ding, das er mit einem Handstreich von der Erde tilgen konnte. Mehr als einer war wegen wesentlich Geringerem gestorben.
    »Genau das tue ich«, ließ er sich dazu herab zu erklären: »Meine Angehörigen und ihre Interessen vertreten, auch die deinen.«
    »Aber ich bin Martín Sánchez de Arana versprochen«, beharrte das Mädchen schwach. »Im Herbst soll die Hochzeit sein.«
    Tränen rannen über ihr Gesicht, und sie sprach unter Schluchzen und Klagen.
    »Jeder von uns dient der Familie, so gut er es versteht.«
    Leguizamóns Ton ließ keinen Widerspruch zu. »Unsere Männer lassen in Kriegen und Fehden
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