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Die Äbtissin

Die Äbtissin

Titel: Die Äbtissin
Autoren: Toti Lezea
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ihr Leben oder werden zu Krüppeln, sie verlieren ihr Vermögen und sehen ihren Grund und Boden in Flammen aufgehen. Die Ehre einer Frau gilt viel weniger als das Leben eines Mannes, und es ist keine Schande, sondern eine Auszeichnung, von einem so mächtigen Herrn auserkoren zu werden.«
    »Ich werde es nicht tun!«, erwiderte Toda wütend. »Ich bin keine Dirne, die das Bett eines Mannes wärmt und möge er von noch so hohem Rang sein!«
    Die Antwort des Familienoberhaupts bestand in einer schallenden Ohrfeige. Das Mädchen taumelte gegen die Wand und sank dann zu Boden. Leguizamón zog den Dolch aus der Scheide und bohrte die Spitze gegen Todas Wange.
    »Und ob du es tun wirst! Du wirst es tun, weil die Umstände es erfordern, sei es in Güte oder mit Gewalt. Hast du verstanden? Andernfalls werde ich dein hübsches Gesichtchen entstellen und dich meinen Männern übergeben. Du wirst weder Martín de Arana noch einem anderen Mann gehören.«
    Leguizamón verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Toda blieb verstört und in tiefster Verzweiflung zurück. Kurze Zeit später wurde sie von Leguizamóns Vertrauten abgeholt und zum Turm Arbieto gebracht.
    Am nächsten Morgen und in den darauf folgenden Tagen erfuhr alle Welt, dass Toda die Geliebte des Prinzen geworden war. Jeder konnte es sehen. Während Don Ferdinands Aufenthalt in der Stadt war sie stets an seiner Seite, und danach begleitete sie ihn auf seinem Weg durch die übrigen Städte der Biskaya. Ihrer Mutter und ihrem Bruder gelang es nicht, sich ihr auch nur für einen Moment zu nähern. Tristán de Leguizamón ließ das Mädchen streng bewachen.
    Nach zwei Tagen verließ das königliche Gefolge Bilbao und machte sich auf den Weg nach Larrabetzu im Txoriherri-Tal, auch Dorf der Vögel genannt, weil es eine waldreiche Gegend war, in der viele Vögel nisteten. Wo sie vorbeikamen, strömten die Anwohner zusammen, um den Zug zu sehen. Mit großen Augen bestaunten sie die in Samt, Seide und Hermelin gekleideten Edelleute auf feingliedrigen Pferden, die ebenso herausgeputzt waren wie ihre Reiter; elegante Damen mit Geschmeiden und kostbaren Kleidern, einige zu Pferde, andere in offenen Wagen, die für den Anlass mit weichen Stoffen und großen Kissen ausgekleidet waren; Kleriker sämtlicher Orden in weißen, schwarzen, braunen und grauen Kutten, das Haar zur Tonsur geschoren; Pagen und Soldaten, Dutzende von Soldaten in schimmernden Rüstungen, die zum Klang der Trommeln vor, hinter und neben dem langen Zug marschierten. Doch die größte Bewunderung der Landbevölkerung, die nie zuvor Gelegenheit gehabt hatte, einen Granden des Landes zu Gesicht zu bekommen, galt Don Ferdinand. In einem Wams aus rotem Damaszener Samt, dazu passenden Hosen, einen kurzen Hermelinumhang um die Schultern geworfen, einen federgeschmückten, mit Edelsteinen besetzten Hut auf dem Haupt, saß der König von Aragón auf seinem Araberhengst, einem Geschenk des Emirs von Marokko, und grüßte lächelnd die Leute, die ihm vom Wegesrand zujubelten. Sie würden diesen Augenblick niemals vergessen und ihn in Erinnerung behalten, um ihren Kindern und Kindeskindern davon zu erzählen.
    Pedro de Larrea, dem seine Mutter aufgetragen hatte, Toda nicht aus den Augen zu lassen, ritt in Begleitung weiterer niederer Adliger hinter dem Zug her. Er hielt die Lippen fest zusammengepresst und antwortete kaum auf die Fragen seiner Reisegefährten. Vergeblich versuchte er das Mädchen auszumachen, das auf einem der Damenwagen saß. Er hörte die Jubelrufe der Bauern und dachte, dass diese Leute im Grunde nicht dem Mann zujubelten, der seine Schwester entehrt hatte, sondern den Anführern der biskayischen Adelsgeschlechter, die dort Seite an Seite ritten. Er war überzeugt, dass sie glaubten, die Auseinandersetzungen, die so viel Leid über die Gegend gebracht hatten, seien endlich beigelegt. Die Zurbaráns und die Leguizamóns, die Buttons und die Abendaños, die Salazars und die Marroquins in Eintracht zusammen zu sehen war etwas, wovon sie immer geträumt hatten, und die Hoffnung auf eine ruhigere Zukunft erfüllte ihre Herzen mit Freude.
    Don Fernando schwor in Larrabetzu auf die Fueros und danach in Gernika und Bermeo. Toda de Larrea war stets an seiner Seite. Jedes Mal wenn der Zug anhielt, um Huldigungen entgegenzunehmen, bemerkte ihr Bruder, wie blass sie war, und er sah, dass die Fröhlichkeit aus ihrem stets heiteren Gesicht gewichen war. Aber er bemerkte auch, wie groß ihr Stolz war, denn
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