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Die 39 Zeichen 06 - Gefahr am Ende der Welt

Titel: Die 39 Zeichen 06 - Gefahr am Ende der Welt
Autoren: Jude Watson
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Eisenbahnschienen gekettet?«
    »Er hat ein Attentat auf Mark Twain versucht.«
    Amy und Dan wechselten einen Blick. Mark Twain war ein Nachkomme der Cahills. Er gehörte zu den Janus, der intellektuellen, künstlerischen Linie.
    Der Angestellte, ein stämmiger junger Mann in khakifarbenen Shorts, lehnte sich gegen den Ladentisch. »Twain war auf einer Lesereise, wisst ihr, im Jahr 1896. Troppo wurde dabei beobachtet, wie er in einer Gasse in der Nähe der Halle, in der Mark Twain auftrat, mit ihm gesprochen hatte. Offenbar stritten
sie miteinander und Troppo schlug ihm mit einem Stock auf die Schulter.«
    »Das klingt aber nicht nach einem Attentat«, protestierte Amy.
    »In dem Stock war ein Messer versteckt. Das reichte für eine Verurteilung aus, zumal er nie ein Wort zu seiner Verteidigung vorbrachte. Aber er ist entwischt, und zwar auf absolut geniale Weise.« Der Angestellte beugte sich vor, als ob er ihnen ein Geheimnis offenbaren wolle. »Er saß im Gefängnis und hatte die Aufgabe, nachts die Böden zu wischen.
    Stattdessen hat er aber jede Nacht das Wachs vom Boden gekratzt und in seiner Zelle gesammelt. Daraus hat er dann einen Schlüssel nachgebildet, mit dessen Hilfe er flüchten konnte! Wenn das nicht raffiniert ist?«
    Dan und Amy wechselten wieder einen kurzen Blick. Sie kannten einander so gut und hatten sich schon so lange aufeinander verlassen können, dass sie sich auch ohne Worte verstanden. Ekaterina? Die Ekat-Linie zeichnete sich besonders durch ihren Einfallsreichtum aus.
    »Was ist aus ihm geworden?«, wollte Amy wissen.
    »Das weiß keiner. Gerüchten zufolge hat er sich im Busch versteckt. Wollt ihr ein paar Handschellen kaufen? Oder ein Buch?«
    »Handschellen?«, fragte Dan interessiert.
    Amy zog ihn weg. »Nein danke. Wir müssen weiter. Vielen Dank für die Geschichte!«
    Die beiden verließen den Laden und gingen zum Ausgang.
    »Klingt ziemlich verrückt, dieser Bob Troppo «, sagte Amy.
    Dan nickte. »Eindeutig ein Cahill.«

    »Aber was will Isabel mit ihm?«, grübelte Amy. »Sind die Kabras wegen ihm in Sydney? Oder …«
    »… wegen uns?«, ergänzte Dan.
    Amy, Dan und Nellie standen vor einer Metalltür. Es war kein Namensschild zu sehen, sondern nur ein schmuddeliger Knopf, der vielleicht zu einer Klingel gehörte. Das Backsteingebäude hatte ein Wellblechdach und breite, mit Fensterläden verschlossene Fenster. Es sah aus wie ein Lagerhaus.
    »Vielleicht sind wir hier ja falsch«, meinte Amy nervös.
    »Die Adresse stimmt«, sagte Nellie. Sie drückte auf die vermeintliche Klingel.
    Nichts passierte. Amy trat von einem Fuß auf den anderen. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Das war doch verrückt! Erst flogen sie um die halbe Welt und dann platzten sie unangemeldet bei jemandem rein? Bei jemandem, der nur lose Kontakt zu seinem eigenen Cousin und besten Freund gehalten hatte!
    »Hat wohl keinen Sinn«, flüsterte Dan nach einigen Sekunden.
    »Wir gehen besser«, stimmte auch seine Schwester zu und trat einen Schritt zurück.
    »Hey!« Die Stimme kam aus dem Gebäude.
    Einen Augenblick später öffnete sich die Tür. Ein blonder Mann mittleren Alters stand vor ihnen und sah sie forschend an. Er sah aus, als hätte die Sonne ihn von oben bis unten gebleicht, vom Haar bis hin zum hellgelben T-Shirt und den goldenen Härchen auf den braun gebrannten, muskulösen Armen. Er trug Surfshorts und war barfuß.

    »Tag«, sagte er freundlich. Er benutzte die typisch australische Begrüßung, die sie seit ihrer Landung schon mehrmals gehört hatten. »Was kann ich für euch tun?« Sein amerikanischer Akzent war noch nicht ganz verschwunden.
    »Onkel Shep?«, fragte Dan vorsichtig. »Wir sind Dan und Amy. Das ist unser Au-pair-Mädchen Nellie Gomez.«
    Shep sah sie verwirrt an.
    »Dan und Amy Cahill «, fügte Amy hinzu. »D-d-du bist unser Onkel.« War das vielleicht peinlich! Er erkannte sie nicht einmal.
    Shep sah einen Augenblick völlig verdattert aus. Dann breitete sich ein Grinsen über sein Gesicht aus. Seine hellblauen Augen verschwanden fast und in den Augenwinkeln erschienen lauter kleine Lachfältchen.
    Amy hatte plötzlich ein Gefühl, als hätte ihr jemand einen Schlag in den Magen versetzt. Sie hatte verschwommene Erinnerungen an ihre Eltern, aber als sie dieses Grinsen sah, erinnerte sie sich plötzlich wieder an ihren Vater. Auch er hatte so gelächelt, wenn er sie auf den Arm nahm und kräftig drückte. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen,
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