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Leiden Sie an Nomophobie? Von Handysucht, Winkefleisch und anderem geilen Zeug (German Edition)

Leiden Sie an Nomophobie? Von Handysucht, Winkefleisch und anderem geilen Zeug (German Edition)

Titel: Leiden Sie an Nomophobie? Von Handysucht, Winkefleisch und anderem geilen Zeug (German Edition)
Autoren: Kirsten Wendt
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Lüp dich <3 – Virtuelle Liebe
     
    Es spielt keine Rolle, ob man sich klassisch am Arbeitsplatz, bewegungsfreudig beim Sport oder bequem im Internet verliebt – die weitere Vorgehensweise in Sachen Liebe eint heute fast alle Paare: das Handy dient als Flirtbeschleuniger, das Internet als Überbringer sehnsüchtiger Texte. Ob tiefe Gefühle, netter Flirt oder schneller Sex, die virtuelle Welt lebt von den Emotionen. Schon früh wissen die Kids genau, welcher Zwinker-Smiley bedeutet, dass man sich ein bisschen mag und wann die Abkürzung „HDL“ ihre Wirkung voll entfaltet.
    „HDL“ heißt „Hab dich lieb“ und wird unter Teenagern großzügig verteilt. Solche Zuneigungsbekundungen kamen jungen Leuten noch vor 15 Jahren nicht so schnell über die Lippen. Wer sich damals kennenlernte, umkreiste anschließend tagelang das Festnetz-Telefon, wagte nicht zu duschen oder laut Musik zu hören, aus lauter Angst, den ersehnten Anruf zu verpassen. Ohnehin passierte derlei eher selten, denn in die Offensive ging man nicht so zügig. Viel zu peinlich, viel zu offensichtlich, viel zu direkt.
    Solche verklemmten Attitüden gehören unwiderruflich der Vergangenheit an. Zu erreichen ist heute jeder, und zwar rund um die Uhr. Ausreden à la „Unser Telefon ist kaputt“ und Lügen vom Dauer-Besetztton ziehen längst nicht mehr. Man lernt sich heute auf einer Party kennen, tauscht rasch die Handynummern aus und die Intensivierung der Gefühle kann beginnen. Wie Ping-Pong-Bälle fliegen die SMS und E-Mails dann flink hin und her.
    Mit einer Textnachricht wird ein unverfängliches Signal gesetzt, das längst nicht an die Ernsthaftigkeit eines handgeschriebenen Briefes herankommt. Und auch, wenn man sich nicht getraut hat, nach den Kontaktdaten zu fragen, kann man praktischerweise in den gängigen sozialen Netzwerken so manches Objekt der Begierde (kurz: OdB) auffinden. Eine kurze Mail ist schnell geschrieben, das Chat-Fenster leicht geöffnet. Ein weiterer Vorteil ist, dass niemand sieht, wenn man rot wird. Außerdem ist stotternd vorgetragenes Rumdrucksen bei Nichtgefallen unnötig. Wer nicht antwortet, hat kein Interesse – so einfach ist das.
    Anfangs überwiegen die medialen Vorteile deutlich, denn eine junge Liebe profitiert von den Möglichkeiten durch Handys und Computer. Jede zärtliche Nachricht löst Glücksgefühle aus. Selbst Verspätungen sind kein Garant mehr für Beziehungskrisen, sondern werden pflichtbewusst angekündigt, gemailt, gesimst. Fernbeziehungen verlieren ihren Schrecken und Schmachtende leben ihren Hang zur Dramatik wortreich aus. Doch dann kann etwas geschehen, das ohne all den technischen Schnickschnack einst nicht messbar war. Waren es zu Beginn der Liaison noch täglich mindestens zehn Herz-Symbole <3, zählt der Partner nun klägliche zwei SMS-Kürzel dieser Art. Es schleicht sich der Alltag ein, die Kussmünder und typischen Floskeln wie „Lüp dich“ machen banalen Grinse-Icons Platz, die Texte beschränken sich auf Mitteilungen übers Abendbrot und Kinoprogramm.
    Wieso hat der andere eigentlich so gelächelt, als er verstohlen auf sein Handy linste? Und warum löscht er neuerdings regelmäßig den Verlauf im Internet Browser? Für viele vermeintlich Betrogene ein klarer Fall für Handlungsbedarf. Es wird spioniert, was das Zeug hält. „Wir würden niemals an das Handy des anderen gehen“ ist eine der gängigsten Lügen überhaupt. Seit kurzem gibt es für diesen Zweck sogar einen Personendienst. Dort speist der misstrauische Kunde einige persönliche Daten und alle ihm bekannten E-Mail-Accounts des Partners ein. Vollautomatisch durchforsten die findigen Betreiber diverse Internetportale nach dem Abenteurer.
    Flirtet er fremd bei Facebook, gibt er sich als Single aus bei Elitepartner, tummelt er sich auf Mydirtyhobby oder lechzt er nach Abwechslung auf Firstaffair? Die gesuchte Person bekommt von all dem nichts mit – vielleicht spürt sie allerdings aufgrund der Reaktion des Partners ein wenig zeitverzögert, dass das Unheil naht. Und so etwas kommt erschreckend häufig vor: von mehr als vier Treffern bei neun von zehn Suchanfragen berichtet der Betreiber der Website. Ernüchternd, wenn dann die Ergebnismail im virtuellen Postfach blinkt: „Hier das Ergebnis deiner Anfrage. Leider gab es positive Ergebnisse.“ Nun kann man nur noch überlegen, was man mit dem Übeltäter anstellt. Für Konsequente ist es naheliegend, per SMS oder E-Mail Schluss zu machen. Dann kann wenigstens
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