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Dezemberglut

Dezemberglut

Titel: Dezemberglut
Autoren: Linda K. Heyden
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Nähe. Er, und auch die anderen.
    Ich kniete mich neben Damian und legte ihm die Hand auf die Stirn. Ich konnte nicht zu ihm vordringen . Er war meinem Zugriff entzogen, wie hinter einer d i cken Wand aus Schwärze verborgen.
    S tandhaft hatte er sich geweigert, die Web - C am zu benutzen, und ich hatte ihn seit Wochen nicht mehr gesehen. Sein Haar war länger geworden, sein Gesicht war kreidebleich vor Erschöpfung, mit tiefen Schatten unter den Augen, die mir Angst einjagten.
    W as hatte er überhaupt an? Ein Hemd aus Leinen? Ein Nachthemd? So etwas trug er doch sonst nicht. So stellte ich mir ein Leichenhemd vor. Nun fürchtete ich mich noch mehr als zuvor.
    Damian schlug die Augen auf. Sein Blick war müde, aber sein Lächeln sanft, e i ne Liebkosung, die meinen Herzschlag beschleunigte.
    „Damian. Ich habe dich so vermisst. Ich habe mich gefühlt …“
    „… als ob dir das Herz herausgerissen würde?“ Seine Stimme klang heiser. Ich bemerkte, wie sich sein Gesichtsausdruck mehrmals veränderte. L angsam setzte er sich auf. Das Laken rutschte ihm bis zur Hüfte. Ich s ah auf den Stoff, der über seinen Oberschenkeln lag, und fragte mich, ob er darunter nackt war. Ich sah ein Stück seines Rückens, und als er sich bewegte, die dunkle Haarlinie, die von se i nem Bauch nach unten führte und der ich schon so oft mit meinen Lippen gefolgt war.
    All meine Zärtlichkeit, und auch meine Pläne und Strategien waren wie wegg e wischt. Mein Körper brannte . Und mein Verlangen. Nach Blut. Sex. Nach ihm.
    „Nein. Oh nein, Charis. Denk nicht einmal dara n! “ , sagte er wütend. Seine A u gen glänzten. „Ich habe befürchtet, dass sie genau das beabsichtigen. Ich sollte dich sofort wieder hinausschicken.“
    „Nein! Bitte!“ Ich hätte mich seinem Befehl nicht widersetzen können. Ich schloss die Augen , seufzte zittrig und versuchte einen Neustart meines Gehirns.
    „Willst du dich setzen?“ fragte er ruhig.
    Ich erhob mich und ließ mich in den Sessel neben seinem Bett fallen , der auf lange Zeiten der Krankenwache hinwies und mir etwas Distanz verschaffte.
    Damian beobachtete mich schweigend.
    Ich hatte mein Verlangen wieder unter Kontrolle. Langsam streckte ich meine Hand nach ihm aus. Er lehnte mit dem Rücken an der Wand , zögerte, doch dann spürte ich den leichten Druck seiner Finger. Erleichtert seufzte ich , genoss die unglaubliche Wirkung seiner Berührung.
    Sein Blick war sanft , sein Lächeln wehmütig . „Ich habe mir so sehr gewünscht, dass du kommst. Und gehofft, dass sie es nicht zulassen.“ Zorn trat in seinen Blick, und er richtete sich noch etwas weiter auf. „Julian. Julian hat dir sein Blut gegeben . “ Ich spürte seinen Ärger . „Es macht mich zwar verrückt, aber es war richtig“ , fügte er nach einer Pause hinzu.
    Die plötzliche Resignation in seinem Gesicht schmerzte mehr als sein Zorn.
    „Das ist gut“, ergänzte er fest. Seine Stimme war sachlich und neutral. „Julian ist der Stärkste. Ich wundere mich, dass er überhaupt noch einen Tropfen Blut im Leib hat.“
    Er also auch. Ich nickte. „Und das Blut von Ellen.“
    Ich empfand seine Trauer , weil ich von Julian und Ellen annahm , was er mir nicht geben konnte - b is er s ie vor mir verschloss.
    „Julian hat mir gesagt, was du vorhast “, sagte ich schnell „ Dass du gehen willst, damit Sebastian und ich verschont werden.“
    Technisch war es so, dass ich ihn nicht anlügen konnte. Er konnte es , aber er tat es nicht. „Du hättest nicht kommen sollen“ , sagte er nur.
    Ich streichelte seine Hand. Da war seine Liebe zu mir. S tark und rein. Seine Treue, Aufrichtigkeit und Verpflichtung. Ich wusste, anders zu handeln, uns nicht zu schützen, wäre eine Schuld, die er nicht ertragen könnte. Noch weniger, als zu gehen.
    „W ie kann ich dir helfen, Damian?“
    Er schüttelte den Kopf. „ Indem du mich gehen lässt .“
    Mir schossen Tränen in die Augen. „Verdammt, Damian, das werde ich nicht! Wehr dich! Du hast selbst gesagt, dass man nur dann ein Opfer ist, wenn man sich dazu macht. Ich liebe dich. Ich will, dass du lebst. Keinen verdammten Märtyrer“
    Damians Lächeln war seltsam traurig, genau wie sein Blick. Er sah mich an, als würde er ein altes Foto betrachten, lieb gewonnene Erinnerungen an Momente, von denen man wusste, dass die Zeit sie längst fortgenommen hatte. Womit man sich längst abgefunden hatte.
    Sein stiller Kummer versetzte mich in Panik . Er hatte seine Entscheidung längst getroffen.
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