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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug
Autoren: authors_sort
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unterdrückte mehrere Flüche, lächelte süßsauer, war schon voll in der Elektronik drin, kam aber leider nicht ganz so vollelektronisch wieder heraus und in sein rettendes Büro, das wie ein fernes Traumschloß auftauchte. Er erhielt zum Abschluß eine mit simplem Knopfdruck zubereitete bayrische Weißwurst in die Hand gedrückt, wußte nicht recht, wohin damit, und entschwand schließlich.
    Als er sein Direktionszimmer wie eine rettende Insel erreicht hatte, entdeckte er eine Notiz auf seinem Schreibtisch: ›Avi 2000 Crewchange Cpt Lazst into Cpt Bloch due to illness.‹ Erst zuckte er zusammen, als er den Sondervermerk seiner Sekretärin vorfand, dann atmete er beruhigt auf. Der eingeplante Kommandant für die ›Steppenadler‹ war erkrankt. An seiner Stelle würde Captain Bloch fliegen – auch gut, Hauptsache, sie war geflogen. Sie mußte geflogen sein, Rampe und Startbahn waren leer.
    Er beugte sich vor ans Haustelefon, um von Gundolf die Startbestätigung einzuholen, da klingelte der Fernapparat. Er hielt den Atem an. Mit dem Instinkt eines Somnambulen spürte er die Bedrohung, den Bezug zur Bombenwarnung, der von diesem Signal ausging.
    Hilflos blickte er um sich, als würde sich aus dem Kunststoffgehäuse eine Pistole auf ihn richten. Er war allein. Seine Sekretärin war, wenn überhaupt, im Nebenzimmer – durch eine Polstertür getrennt von ihm. Die schallisolierenden Wände schluckten den Trubel der unteren Stockwerke. Es war still und tot um ihn.
    Nach dem dritten Läuten nahm er ab.
    »Quandt, ›Avitour‹, ja?«
    Er sah förmlich, wie es um ihn heller wurde: ein harmloser Journalist, der telefonisch Auskunft wünschte. Heute hatte ihn sogar sein Instinkt im Stich gelassen!
    Weshalb man eigentlich keinen einzigen der Piloten zu den Eröffnungsfeierlichkeiten eingeladen habe? Schließlich werde doch erst durch ihre Tätigkeit dieses Monstrum zum Leben erweckt.
    Fast erheitert erwiderte Quandt, die Piloten müßten fliegen – das hätte er vom Aussichtsgarten aus beobachten können. »Aber doch nicht alle gleichzeitig!« beharrte der Journalist. Dieser geringfügige Einwand beunruhigte Quandt bereits wieder. Worauf wollte der offensichtlich junge Mann hinaus?
    »Ich könnte Ihnen als Antwort ein Wort unseres Verkehrsministers zitieren …«
    »Ich bin informiert!« entgegnete der Mann prompt. »Bei der Eröffnung einer neuen Bundesbahnstrecke oder eines Bahnhofsneubaus lade man schließlich auch keine Lokomotivführer ein …«
    »Ausgezeichnet!« bestätigte Quandt mit betonter Heiterkeit. Die Sicherheit des Anrufers irritierte ihn. Dieser Anruf verstärkte sein Gefühl, undurchschaubaren Vorgängen ausgesetzt zu sein. »Sonst noch Fragen?«
    »Eine letzte Frage, ja!« Wieder hatte Quandt das Gefühl, jetzt käme eine Mitteilung, die diesen wunderbaren Frühlingstag endgültig in ein Chaos verwandeln würde. »Warum ist dieser Flughafen eigentlich nach einem Piloten benannt worden?«
    Diese Frage konnte den Direktor nur erleichtern. Er legte einfach auf und wählte auf dem Hausapparat die Flugdienstzentrale.

3
    »Geh, geh nur zu deinem Flittchen, du Hurenbock!«
    Es war sieben Uhr morgens. Der Mann, dem diese Aufforderung nachgerufen wurde, wußte noch nicht, daß er außerplanmäßig auf die Bermudas fliegen sollte. Jeder in der Nachbarschaft der Blochs kannte derartige Verabschiedungsszenen, die an keine Tages- oder Nachtzeit gebunden waren.
    »Schrei den halben Taunus zusammen, wenn es dir Spaß macht. Aber gib mir meine Arbeitstasche heraus!«
    Sie stand breitbeinig vor dem Vestibülschrank, in dem er sein Reisegepäck zu verstauen pflegte. Sie riß die Tür auf und schob ihm die schwere Tasche wie einen Eiskegel über den glatten Fliesenflur zu.
    »Und jetzt mach dich weg! Du kotzt mich an!«
    Er griff seine Tasche und rettete sich durch die Haustür in den Vorgarten.
    »Du elende Närrin! Das wird dir leid tun!«
    »Das tut mir längst leid! Ich hätte dich gestern abend umbringen sollen!«
    Obwohl seit mehr als einem Jahr jede körperliche Zuneigung in ihm erstorben war, hatte sie am Abend vorher wieder einmal versucht, ihn mit Gewalt in ihr Bett zu kriegen. Als ihr hautenges Cocktailkleid nicht wirkte, hatte sie es sich nach der dritten Flasche vom Leib gerissen und sich in Slip und BH aufs Bett geworfen, quite a sight, wie seine Kollegen gesagt hätten. Nicht für ihn! Er hatte die Tür hinter sich zugeknallt und sich in seinem eigenen Schlafzimmer eingeschlossen. Nachts hörte er
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