Deutschlandflug
gerichtet, wenn sie …
»OPS will wissen, ob Sie die theoretische Platzeinweisung für Hamilton schon gemacht haben.«
»Schon gemacht«, murmelte Bloch.
Am liebsten mochte er sie in ihrem hauchdünnen Chiffonnachtkleid. Er war ein Mann, der sich nicht lange mit Präliminarien aufhielt und ohne Berücksichtigung der Bedürfnisse seiner Partnerin auf sein Ziel losging. Dafür besaß er die Gabe, sich danach mit einem gewissen Grad von Einfühlungsvermögen mit ihr beschäftigen zu können.
»Also: Die Sache ist okay. Sie übernehmen dann den Bermudatrip. Briefing mit der Crew in einer Stunde!«
»Fein!« sagte er und dachte an etwas anderes.
Schade, daß er vorher nicht mehr zu ihr konnte. Andererseits fand er die Aussicht, sich in einem langen, komplizierten Flug mit Repräsentationsfeierlichkeiten nach ihr zu verzehren, nicht einmal so übel. Ein Mann mußte sich beherrschen können.
Um die Zeit bis zum Briefing zu überbrücken und sich abzulenken, gleichzeitig, um seine Fähigkeiten immer wieder beruflich up to date zu bringen, beschloß er, sich im Einweisungsautomaten noch einmal die Anflugkarten Teherans anzusehen. Er war nur selten dort gewesen, kannte lediglich die Hauptziele der ›Avitour‹ im mediterranen Raum, wollte aber jederzeit auf dem laufenden sein.
Der fensterlose Raum bestand aus einem Projektionsapparat, der mit einem Tonbandgerät gekoppelt war. Aus einem Regal zog man unter der Gruppe ›Plätze‹ T – Z die Diakassette für Teheran, setzte sie in den Apparat ein, schaltete nach einer aushängenden Bedienungsvorschrift alle Geräte ein und kam so in den Genuß einer mündlichen und bildlichen Einweisung in die Anflugprobleme Teherans.
Bloch schloß den Raum auf, schaltete das Licht ein, schnüffelte unbehaglich den feuchtmuffigen Geruch des ungelüfteten Zimmers ein und machte sich an die Arbeit.
Eberhard Mahlberg, 1. Offizier und Copilot auf der ›Steppenadler‹, wußte zu diesem Zeitpunkt nicht, was ihm bevorstand: Er ahnte nicht, daß Bloch die Stelle des erkrankten Kommandanten Lazst einnehmen würde.
Er war mehr als eine Stunde zu früh am Flughafen angelangt. Er hatte mit immensen Stauungen aufgrund der Eröffnungsfeierlichkeiten gerechnet, aber dann eine Seitenspur entdeckt, auf der er alle Schlangen überholen konnte. Um die Wartezeit zu überbrücken, hatte er zunächst die Arbeit der Flugdienstzentrale verfolgt, die inmitten eines Chaos nicht funktionierender Elektronik die Flüge von mehr als einem Dutzend ›Avitour‹-Maschinen überwachen und betreuen mußte.
Danach war er durch die Trümmerlandschaft der umziehenden Abteilungen geschlendert. Irgendwo hatte er zwischen kalkberieselten Akten sein eigenes Dossier entdeckt und darin geblättert. Den Piloten war vertraglich die Einsichtnahme in ihre Akten zugesichert worden. Bestand ein Copilot allerdings auf seinem Recht, so waren die entsprechenden Unterlagen oft gerade nicht greifbar, oder der zuständige Betreuer machte süffisante Bemerkungen (›Warum wollen Sie unbedingt diesen Schmarren lesen? Erwarten Sie etwa eine negative Beurteilung? Was haben Sie denn verbrochen, mein Bester?‹).
Er hatte ungestört in seinen Beurteilungen blättern können – sie interessierten ihn nicht übermäßig. Aber die Beurteilungsart warf ein interessantes Licht auf seine Vorgesetzten.
Mahlberg, Eberhard, geb. 7.2.1940 in Stade. Eintrittsdatum ›Avitour‹ 1.12.1964. Personalkontonummer 7439. Airline Transport Pilot Licence Nr. 128-33 am 30.4.1968. Copilot auf Caravelle, DC-9, DC-10.
… Herr Mahlberg ist an und für sich ein guter, zuverlässiger Pilot. Er hat auf zahlreichen Flügen mit mir bewiesen, daß er alle Funktionen eines zweiten Offiziers zur vollen Zufriedenheit erfüllen kann. Seine Schwierigkeiten liegen auf persönlichem Gebiet. Die Zusammenarbeit an Bord gestaltete sich oft unerquicklich, weil Herr M. nicht bereit ist, den Kapitän als grundsätzliche Autorität uneingeschränkt anzuerkennen. Seine Aufmüpfigkeit hat mehrmals zu Situationen geführt, in denen ich nur durch energisches Bestehen auf meiner Befehlsgewalt …
gez. Capt. Chr. E. Bloch
… War Herr Eberhard Mahlberg nicht nur an Bord, sondern auch auf den Stops ein Kumpel, auf den man sich verlassen konnte …
gez. Walther K.
… M. fliegt nicht nur einwandfrei; er sorgt auch für gute Laune – ein wesentlicher Faktor auf einem öden Achtstundenflug …
gez. Capt. Zedler
… Mehrmals mußte Herr M. auf die Grenzen seiner
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