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Aszendent zauberhaft

Aszendent zauberhaft

Titel: Aszendent zauberhaft
Autoren: Jones Christina
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1. Kapitel
    V or der in der Sommerhitze dösenden Kirche von Hazy Hassocks vollführte die Frau des Pfarrers, Mrs Finstock, umringt von einem kleinen, aber anscheinend angetanen Publikum, eine schwungvolle Solodarbietung des Songs »YMCA«.
    Herausgeputzt in einem lila Tüllkostüm sprang sie mitten auf der Straße mit wild wedelnden Armen auf und ab, wobei ihr üppiger Busen unter dem schimmernden Stoff fröhlich mitwippte. Ihr lila Hut mit Unmengen von Federn irgendeines exotischen und möglicherweise unter Artenschutz stehenden Vogels tat es ihm gleich, wenn auch in leicht versetztem Rhythmus.
    »Mrs Finstock tanzt ? Auf der Straße ? Bei dieser Hitze?« Phoebe Bowler, makellos schlank, das aschblonde Haar zu einem klassischen Bob geschnitten, saß als zu trauende Braut in Designerkleidern neben ihrem Vater auf dem Rücksitz einer nach Rosen duftenden weißen Limousine und kicherte. Sie beugte sich vor und betrachtete das Schauspiel durch ihren weichzeichnenden Schleier. »Ja, tatsächlich! Die Gute. Sie ist immer so lustig, findest du nicht?«
    »Lustig wäre nicht das Wort, das ich wählen würde«, brummte Bob Bowler und sah reichlich nervös von seiner Tochter zu der nun Hampelmann springenden Mrs Finstock. »Ich bin viel zu aufgeregt, um irgendetwas amüsant zu finden – und schon gar nicht die Pfarrersfrau bei einer ihrer komischen Anwandlungen.«

    »Das ist die Frau des Pfarrers? Oh Mann …«, schaltete der Limousinen-Chauffeur sich ein, der nun die Fahrt verlangsamte und trotz der kühlenden Wirkung der teuren Klimaanlage des Wagens diese Gelegenheit nutzte, sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. »Kommt mir vor, als hätte sie vom Messwein genascht und einen großen Schluck genommen oder auch drei. Ach – jetzt ist sie mit dem Gehüpfe wohl fertig – ja, sie winkt uns zu. Hoffentlich will sie nicht, dass wir mitmachen. Viel zu heiß für solchen Quatsch. Vielleicht will sie uns nur etwas sagen. Soll ich anhalten, meine Liebe?«
    Phoebe lächelte glücklich. »Warum nicht, schließlich sind wir bei der Kirche, es ist fast Mittag, die Hochzeit ist um zwölf, und ich bin die halbe Hauptattraktion.«
    Als die Limousine in ihrer ganzen Pracht schnurrend zum Stehen kam, hörte die Pfarrersfrau auf zu tanzen und kam geschäftig zum Fenster des Fahrers herübergewieselt. Ihr Gesicht glänzte. In den Härchen auf ihrer Oberlippe hingen kleine Schweißperlen.
    »Wie gut, dass ich Sie auf mich aufmerksam machen konnte!« Ihr Anblick wäre ja kaum zu ignorieren gewesen, dachte Phoebe und strahlte dieses nicht zu unterdrückende vorhochzeitliche Lächeln, mit dem sie an diesem Morgen in der Doppelhaushälfte ihrer Eltern bereits aufgewacht war. »Eigentlich dachten wir, Sie würden tanzen.«
    »Wie? Nein, nein …« Die Pfarrersfrau blinzelte in die Tiefen des mit Blumen und Bändern geschmückten Wagens. »Ach, Phoebe, Liebes, du siehst ja bezaubernd aus. Also, ich will dich ja nicht beunruhigen – aber es gibt eine kleine Verzögerung. Wir sind noch nicht ganz bereit für deinen Auftritt.« Sie verzog das Gesicht und sah den Fahrer an. »Würde es Ihnen schrecklich viel ausmachen, noch eine Runde um den Block zu fahren?«

    »Kein Problem«, sagte der Chauffeur und nickte. »So geht’s doch bei fast allen Hochzeiten. Sind etwa fünf Minuten okay?«
    »Bestens.« Mrs Finstock bleckte die Zähne bei einem hektischen Lächeln. »Fünf Minuten müssten genau richtig sein.«
    »Was denn für eine Verzögerung?« Phoebes vorhochzeitliches Strahlen verrutschte ein wenig. »Es gibt doch sicher keinen Fehler in unserem Zeitplan? Ich habe den ganzen Tag bis aufs i-Tüpfelchen durchgeplant. Monatelang habe ich mich damit beschäftigt, diese Show auf die Beine zu stellen. Ach, ich weiß – sagen Sie nichts -, Clemmie ist noch nicht da. Die ist ja nie pünktlich. Ich weiß, ich hätte sie zwingen sollen, sich mit den anderen Brautjungfern bei uns zu Hause zu treffen, anstatt von Winterbrook direkt hierherzufahren. Wenn man sich auf Clemmie verlässt! Ich werde nachher ein ernstes Wort mit ihr reden.«
    Die Pfarrersfrau nickte energisch. »So ist’s recht. Braves Mädchen. Kein Grund zur Sorge. Und jetzt ab mit euch.«
    Der Fahrer rückte seine Schirmmütze zurecht, wischte sich übers Gesicht, und die Limousine rollte langsam davon.
    Bevor der Wagen um die Kurve auf die High Street einbog, erhaschte Phoebe einen kurzen Blick auf ihre Lieben im Hochzeitsstaat, die, ein Meer aus Regenbogenfarben, im Portal der Kirche
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