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Deutschlandflug

Titel: Deutschlandflug
Autoren: authors_sort
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Anforderung gewachsen bis in die neunziger Jahre … die Zukunft zur Gegenwart machend … bahnbrechend durch die nahe Zukunft hindurch in eine weitere, bis eben noch unvorstellbare … nicht alles am Sandkasten simulieren, man muß Risiken eingehen, ich sage bewußt: Risiken … Investitionsvolumen . Schlüsselstellung … Konsumgüterindustrie … Umweltschutz … Devisensteigerung … Tor Europas … Tor der Welt . Technologische Sachzwänge … Wir zielen auf das Jahr 2000 … Kostspielige Infrastruktur … Wir haben geschafft, was nicht geschafft werden konnte … aus einem Flughafen kann man kein Trappistenkloster machen (der Verkehrsminister) … vernünftige Interessenabwägung … Brücken des Friedens … Segen für die Menschheit … Segen für die Welt …
    »Ich wünsche allzeit gute Starts und Landungen!« hatte der Bundespräsident gesagt, zum Schluß noch einmal das Wort ergreifend; und dann waren 220 Kellner in Aktion getreten.
    Obwohl er dem ausgezeichneten Wein nachtrauerte, schlich sich Quandt heimlich aus der Runde, um sich von der FDZ den pünktlichen Start und den ordnungsgemäßen Verlauf des Steigfluges seiner DC-10 bestätigen zu lassen.
    Aber so elegant er sich aus der erlauchten Runde gelöst hatte, so elegant rauschte er in eine der zahlreichen kleineren Feierlichkeiten hinein, die ausgerechnet von seinen besten Freunden, Kollegen, Bekannten und Verwandten vor einem der Restaurants am Wandelgang abgehalten wurde.
    Schon intonierte die durch Rundfunk und Fernsehen bekannte niederbayerische Trachtenkapelle den Marsch ›Stratosphärenruf‹. Er war seit Wochen, ebenfalls durch Rundfunk und Fernsehen, als Vorbereitung auf die spektakuläre Eröffnung durch den Äther gegangen. Noch populärer als die Marschversion freilich war das jazzige Arrangement der Paul-Kuhn-Bigband geworden. ›Call of the stratosphere‹ wurde als Single, mit dem Blues ›Point of no return‹ auf der Rückseite, ein Hit.
    Er fühlte einen Riesenblumenstrauß in seinen Händen; das obligatorische kleine reizende Mädchen mit den leuchtenden Kinderaugen hatte ihn überreicht. Nochmals gingen Blitzlichtkaskaden auf seine ohnehin überreizten Augen nieder. Die versammelte Lokalpresse von Rhein, Main und Spessart löste sie aus. Ein ihm unbekannter Herr, der allerdings imposant wie ein Generaldirektor aussah, fühlte sich während der Blitzschläge bemüßigt, ihm pausenlos und druckintensiv beide Hände zu schütteln. Kaum waren die Fotografen fort, entschwand er auch – namenlos.
    Schon drängten sich ihm wieder Mikrofone entgegen. Als Choleriker fühlte er starke Gereiztheit aufsteigen. Er wollte, verdammt, in sein Büro. Hierfür hätte er nicht aufs köstliche Festmahl zu verzichten brauchen.
    Zum Kotzen.
    Sogar eine Schulklasse tauchte auf. Da behaupte noch einer, Deutschland sei nicht luftfahrt- minded!
    Er sprach ein paar unverbindliche Sätze in die Mikrofone und glaubte schon, sich mit gönnerhafter Dankesgeste endgültig aus dem Staub machen zu können. Aber natürlich hatten die Herren Journalisten wieder ihren Fragenkatalog aufgeschlagen. Ob er der Meinung sei, daß … die Ansicht unterstreiche, irgendeine … ob er nicht auch … ob er wie?
    Der hessische Innenminister habe den neuen Hafen als eine ausgereifte Anlage bezeichnet. Ob er diese Meinung teile? Quandt hielt Ausschau nach Fallen, entschloß sich zu seiner ehrlichen Überzeugung: ja, die teile er. Uneingeschränkt. Danke, erwiderte der Frager artig. (Und natürlich: Am nächsten Morgen kriegte er sein Fett. Ob die hochedlen Herren eine ausgereifte Anlage für den richtigen Aufenthaltsort von Ratten hielten? Vor der TWA-Schalterreihe seien gleich mehrere, offensichtlich eine Auswanderergruppe in die Staaten, aufgetaucht; eine ältere Dame sei in Ohnmacht gefallen.)
    Quandt war tatsächlich begeistert von seinem neuen Arbeitsplatz. Eines Tages würde alles funktionieren; dann verfügte Luftfahrt-Deutschland über die größte und großartigste technische Anlage Europas. Bei der Komplexität und Kompliziertheit der verschiedenartigsten Systeme konnten Pannen und Kinderkrankheiten selbstverständlich nicht ausbleiben. Selbst bei Gott, so pflegte er zu scherzen, waren während der Schöpfung einige Pannen passiert.
    Aber nun trat auch noch der Oberkellner der ›Gebrüder Wright‹ auf ihn zu und lud ihn mit feierlicher Miene ein, die automatische Küche des Restaurants zu besichtigen:
    »Alles elektronisch gesteuert!«
    Quandt
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