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Deutschland macht dicht (German Edition)

Deutschland macht dicht (German Edition)

Titel: Deutschland macht dicht (German Edition)
Autoren: Dietmar Dath
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Wiedersehen!«
    »Sicher, es gibt Abenteuer«, piepste der Hase, »aber den Reisenden erwarten auch die siebenSchatten der Traurigkeit. Die Blumen des Öden. Alte Varietéshows. Und endlose Reisen, nirgends Rast, Welten über Welten ...«
    Er schwieg. Ein paar Minuten lang sagte niemand etwas.
    Rosalie sah Hendrik an, danach den Kommunisten, ihren Vater, dann das Kunstwerk.
    Schließlich nahm sie Mandelbaum von ihrer Schulter, stellte ihn auf Ohne Titel, zwinkerte ihm zu und sagte: »Ist das eigentlich zwingend, daß das ... dieses Durchstoßen der Plombe nur eine Person alleine machen kann? Oder könnte man es auch zu zweit tun?«

46.
Neu normal
     
    Vieles wurde wieder beinahe so, wie es gewesen war, und konnte gerade dadurch endlich anders werden, wenn auch nicht unbedingt besser.
    Bernd Vollfenster, Mitherausgeber der Erhabenen Zeitung, lebte mit seiner Frau Hilde und ihrer gemeinsamen Tochter Clea in Frankfurt am Main. Die Tochter schlug zum Kummer ihrer Eltern aus der Art. Sie interessierte sich weder für Zeitungen noch fürs Geldausgeben, sondern ausschließlich für Kunst. Als Bernd Vollfenster ihr statt Pferd und Auto, die sie beide nicht wollte, schließlich seufzend ein Kunstwerk schenkte, das er beim angesehenen Kunsthändler Büsner erworben hatte, wurde die Marotte nicht besser, sondern schlimmer: »So was wie dieses Ohne Titel, das will ich auch machen!« Bald fand sie außerdem eine neue Liebe, nämlich ein schönes Menschenkind mit libanesischen Eltern, dessen Geschlecht hier nicht verraten wird, psst.
    Bernd Vollfenster machte sich beim Zeitunglesen jetzt öfter Sorgen und entwickelte über der davon wachgerufenen Feinfühligkeit ein ausgeprägtes soziales Gewissen, das ihn veranlaßte, die Geschäftsleitung seiner Zeitung dazu zu überreden, das Anheuern von biomedizinisch verbesserten Affen und Delphinen zu widerrufen und wieder Menschen anzuwerben. Einen dieser Botenjobs ergatterte ein bis dahin Ausgestoßener, der sich, statt zu betteln, fortan aufs Stehlen in den Redaktionsbüros verlegte und dabei nie geschnappt wurde.
    Ein armer Teufel und eine taube Nuß, die sich aus beruflichen Gründen oft im Nordsee-Restaurant am Frankfurter Hauptbahnhof aufhielten, lernten einander kennen. Sie kamen ins Gespräch, verliebten sich und traten am selben Tag in eine neugegründete Gewerkschaft prekär Beschäftigter ein, die der älteste Kommunist Deutschlands, der sich seine Rente mit Müllaufleserei rund um öffentliche Gebäude aufbesserte, wenige Tage zuvor gegründet hatte.
    Von einem kauzigen linken Blättchen befragt, warum er sich dazu entschlossen habe, auf seine alten Tage noch in die aktive Politik zu gehen, erklärte der Greis: »Was soll ich sonst machen, im Keller sitzen und mich übers Fernsehen aufregen?«
    Von Pütterwitz unterrichtete Physik an einer der letzten Gesamtschulen.
    Familie Kilian hatte ausreichend Kinder; nie wurde da eins vermißt.

47.
Weit gereist
     
    Rosalie und Hendrik lernten auf ihren Fahrten Gegenden kennen, die man nicht beschreiben kann. Sie führten viele Leben, die erstaunlich waren. Sie liefen vor nichts weg und suchtennach nichts, ausgenommen vielleicht nach Mandelbaum. In einem Haus an einem Meer fanden sie zwar nicht ihn, aber ihre erste Spur: einen Stoffhasen, der wirklich nur ein Stoffhase war.
    Da wohnten sie eine Weile und überlegten sich, ob sie wieder aufbrechen sollten, obwohl es ihnen noch nirgends so gut gefallen hatte.

48.
Bekenntnisse
     
    »Ich mag dich jetzt nur festhalten«, sagte Rosalie, »und dir beim Atmen zuhören. Klingt wie das Meer, wenn es durch die Bäume flüstert. An deiner Schulter kann ich mich ausweinen, und die Wellen schlagen draußen, und die Küste verschwindet. Mach’ die Augen zu. Wir fliegen dahin zurück, wo wir schon mal waren. Weißt du, wo das ist? Wo der grüne Phosphorschein wie Blitze übers Meer geht.«
    »Wir sind überall immer nur eine Weile«, sagte Hendrik, »auch am Leben. Nicht für immer.« »Ich hab’ keine Angst«, sagt Rosalie, »wenn die sieben Schatten der Traurigkeit kommen. Ich höre die Wellen rollen. Ich kann dir winken, wenn du woanders bist als ich. Dann lachen die Vögel, und die Tiere im Wasser holen sich von mir ein Lied. Und wenn ich nicht gestorben bin, dann komm’ ich schon zurecht.«
    »Sind diese ganzen Welten«, fragte er, »vielleicht nur eine Welt? Wie hängt alles zusammen?« »So, wie wir’s verbinden«, sagte Rosalie.

Thankee-sai vom Verfasser
     
    Piwi, Mareike, Jarvis
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